Europa, die USA und Kuba
Was für einen Einfluss auf die Weltpolitik kann ein Land mit elf Millionen Einwohnern haben, ohne nennenswerte Rohstoffe und mit einer wirtschaftlichen Infrastruktur ausgestattet, die weitgehend zerstört ist? Eigentlich keinen, es sei denn, es ist das Symbol für politisches Selbstbewusstsein eines ganzen Kontinents.
Seit 50 Jahren berufen sich alle linken Bewegungen Mittel- und Südamerikas auf Kuba. Die Präsidenten von über einem halben Dutzend dieser Staaten betrachten den greisen kubanischen Führer Fidel Castro als ihren politischen Ziehvater. Selbst für gemäßigte Staatsführer ist die kleine Inselrepublik ein Fanal der Unabhängigkeit gegenüber den übermächtigen USA.
Nach fast 200 Jahren bahnt sich für Nordamerika in der Karibik ein politischer Paradigmenwechsel an. Allerdings erahnt die politische Elite ihn erst, sie ist also noch weit davon entfernt, ihn voll in ein neues politisches Konzept umzusetzen. Damit stehen die USA jedoch nicht allein. Ähnliches gilt auch für die Europäische Union. Die europäischen Regierungen denken bei Kuba vor allem in Menschenrechtskategorien, das heißt in Termini der Demokratie.
Dies ist richtig, aber einseitig und wird deshalb solange ein wirkungsloser politischer Ansatz bleiben, solange er nicht in eine geopolitische Herangehensweise eingebunden wird. Wenn der US-Präsident in Ankara die Europäer auffordert, die Türkei in die Europäische Union aufzunehmen, dann wäre es für diese nur billig, an die USA zu appellieren, Kuba nicht länger als ihren Vorhof zu behandeln. Das wäre keine außenpolitische Arabeske, sondern die Wahrnehmung ureigenster europäischer Interessen.
Nach den Erfahrungen mit der amerikanischen Herangehensweise in Afghanistan und im Irak ist es fraglich, ob es Präsident Obama gelingen würde, im Ernstfall die Gelüste großer Teile der Exilkubaner im Zaume zu halten und damit das Entstehen eines neuen Brandherdes zu verhindern. Auch im Falle Kubas besteht die Gefahr, dass die USA nicht erfassen könnten, welche Bedeutung stabile Sicherheitsverhältnisse für einen friedlichen politischen Wandel hin zur Demokratie haben.
Es gibt neben den Süd- und Mittelamerikanern, die auf Veränderung drängen, aber auch zwei große andere Mitspieler auf internationaler Ebene: nämlich Russland und China. Beide haben die geostrategische Bedeutung Kubas bereits verinnerlicht und sind dabei, eigene Positionen aufzubauen. Russland wirbt mit Rohstoffen und Waffen, China mit Konsumgütern, die die kubanische Bevölkerung aber wegen ihrer geringen Qualität nicht mag. Demgegenüber werden die wenigen heimlich ins Land gebrachten amerikanischen Konsumgüter wie Ikonen behandelt.
Theoretisch läuft somit alles auf Europa hinaus. Nur die Europäer haben einen friedlichen Systemwandel gemeistert. Im Übrigen wird Spanien in Kuba immer noch als Teil der Familie verstanden. Den Europäern kommen nun zwei sehr junge Veränderungen auf Kuba entgegen. Denn die Verschiebung der außenpolitischen Situation Kubas geht einher mit innenpolitischen Veränderungen. Die junge Generation will nur eins: leben!
Durch die Zulassung von Internet und Mobiltelefonen greift sie begierig die Möglichkeiten der Informationstechnologie auf. Das wird ihre geistige Einstellung weiter verändern. Zudem wird die Mehrheit der kubanischen Unternehmen inzwischen von jungen Armee-Managern geführt, die einzige wirtschaftspolitische Elite, über die Kuba verfügt. Sie hat ein Interesse, die labile innere Stabilität für den notwendigen Wandel in der Wirtschaft nicht zu gefährden und fürchtet, bei einer chaotischen Einflussnahme durch die USA ihre soziale Stellung zu verlieren. Nur sie kann mittelfristig der Partner Europas sein. Kuba bietet für die europäischen Regierungen die einzigartige Chance, den Übergang in Kuba zu stabilisieren, nach innen wie auch gegenüber den USA.
Klaus Leciejewski, wiss. Laufbahn als Ökonom in der DDR, Referatsleiter im Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft, Direktor der Deutschen Bank, Aufbau des Filialnetzes nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland, Geschäftsführer Tochtergesellschaft Egon Zehnder International, seit 1999 geschäftsführender Gesellschafter der KDL-Consulting in Köln, Publizist und Autor mehrerer Bücher.
Nach fast 200 Jahren bahnt sich für Nordamerika in der Karibik ein politischer Paradigmenwechsel an. Allerdings erahnt die politische Elite ihn erst, sie ist also noch weit davon entfernt, ihn voll in ein neues politisches Konzept umzusetzen. Damit stehen die USA jedoch nicht allein. Ähnliches gilt auch für die Europäische Union. Die europäischen Regierungen denken bei Kuba vor allem in Menschenrechtskategorien, das heißt in Termini der Demokratie.
Dies ist richtig, aber einseitig und wird deshalb solange ein wirkungsloser politischer Ansatz bleiben, solange er nicht in eine geopolitische Herangehensweise eingebunden wird. Wenn der US-Präsident in Ankara die Europäer auffordert, die Türkei in die Europäische Union aufzunehmen, dann wäre es für diese nur billig, an die USA zu appellieren, Kuba nicht länger als ihren Vorhof zu behandeln. Das wäre keine außenpolitische Arabeske, sondern die Wahrnehmung ureigenster europäischer Interessen.
Nach den Erfahrungen mit der amerikanischen Herangehensweise in Afghanistan und im Irak ist es fraglich, ob es Präsident Obama gelingen würde, im Ernstfall die Gelüste großer Teile der Exilkubaner im Zaume zu halten und damit das Entstehen eines neuen Brandherdes zu verhindern. Auch im Falle Kubas besteht die Gefahr, dass die USA nicht erfassen könnten, welche Bedeutung stabile Sicherheitsverhältnisse für einen friedlichen politischen Wandel hin zur Demokratie haben.
Es gibt neben den Süd- und Mittelamerikanern, die auf Veränderung drängen, aber auch zwei große andere Mitspieler auf internationaler Ebene: nämlich Russland und China. Beide haben die geostrategische Bedeutung Kubas bereits verinnerlicht und sind dabei, eigene Positionen aufzubauen. Russland wirbt mit Rohstoffen und Waffen, China mit Konsumgütern, die die kubanische Bevölkerung aber wegen ihrer geringen Qualität nicht mag. Demgegenüber werden die wenigen heimlich ins Land gebrachten amerikanischen Konsumgüter wie Ikonen behandelt.
Theoretisch läuft somit alles auf Europa hinaus. Nur die Europäer haben einen friedlichen Systemwandel gemeistert. Im Übrigen wird Spanien in Kuba immer noch als Teil der Familie verstanden. Den Europäern kommen nun zwei sehr junge Veränderungen auf Kuba entgegen. Denn die Verschiebung der außenpolitischen Situation Kubas geht einher mit innenpolitischen Veränderungen. Die junge Generation will nur eins: leben!
Durch die Zulassung von Internet und Mobiltelefonen greift sie begierig die Möglichkeiten der Informationstechnologie auf. Das wird ihre geistige Einstellung weiter verändern. Zudem wird die Mehrheit der kubanischen Unternehmen inzwischen von jungen Armee-Managern geführt, die einzige wirtschaftspolitische Elite, über die Kuba verfügt. Sie hat ein Interesse, die labile innere Stabilität für den notwendigen Wandel in der Wirtschaft nicht zu gefährden und fürchtet, bei einer chaotischen Einflussnahme durch die USA ihre soziale Stellung zu verlieren. Nur sie kann mittelfristig der Partner Europas sein. Kuba bietet für die europäischen Regierungen die einzigartige Chance, den Übergang in Kuba zu stabilisieren, nach innen wie auch gegenüber den USA.
Klaus Leciejewski, wiss. Laufbahn als Ökonom in der DDR, Referatsleiter im Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft, Direktor der Deutschen Bank, Aufbau des Filialnetzes nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland, Geschäftsführer Tochtergesellschaft Egon Zehnder International, seit 1999 geschäftsführender Gesellschafter der KDL-Consulting in Köln, Publizist und Autor mehrerer Bücher.