Hello und Goodbye, Europe!
Die Band Bilderbuch bietet auf einer Website an, sich einen Europa-Pass ausstellen zu lassen und diesen über soziale Medien zu teilen. Tausende machen mit. In der Pop-Musik war Europa schon bei anderen Acts Thema – jeweils mit eigenem Schwerpunkt.
Europäische Reisepässe fluten gerade das Internet. Ausstellen kann man sich diese auf einer Website, die die österreichische Band "Bilderbuch" aufgesetzt hat – passend zu ihrer Pro-Europa-Single "Europa 22". Auf der Seite kann jeder und jede ein Foto hochladen, dann kann der neue Pass auf Instagram, Twitter oder Facebook geteilt werden.
Nach einem Tag haben sich schon über 70.000 Menschen ihren "Europa-Pass" ausstellen lassen, darunter Jan Böhmermann, Dendemann und Sophie Passmann. Als Promo-Aktion für das neue Album der Band, das erst am Freitag erscheint, ist es also auf jeden Fall ein Erfolg – aber auch darüber hinaus?
"Im Moment ist vielleicht auch eine relativ schlechte Werbung für Europa besser als keine", sagt Deutschlandfunk Kultur-Redakteur Martin Risel. Europa könne das ganz gut vertragen: "Textlich geht das jetzt nicht so in die Tiefe, ist das nicht das ganz klare Bekenntnis zu Europa – deshalb fragt man sich ein bisschen, schwimmen die da nur mit und es geht letztlich doch nur um Promo?"
Bei Bilderbuch heißt es:
"Ein Leben ohne Grenzen,
ein Freedom zu verschenken,
eine Freiheit nicht zu denken"
ein Freedom zu verschenken,
eine Freiheit nicht zu denken"
Falco - Vorbild aus Österreich
Martin Risel erinnert an einen anderen Österreicher, der sich musikalisch zu Europa geäußert hat, mit einer sehr positiven Haltung: Falco mit seinem Lied "Europa" aus dem Jahr 1995, wo es heißt:
"Ich seh Euch allesamt Revue passieren,
Töchter Europas, frank und frei.
Und ich verzicht' wie nichts auf meine Greencard,
Wenn Euch vielleicht dann wohler ist dabei – es sei."
Töchter Europas, frank und frei.
Und ich verzicht' wie nichts auf meine Greencard,
Wenn Euch vielleicht dann wohler ist dabei – es sei."
"Die Nummer hat Falco 1995 geschrieben zum EU-Beitritt Österreichs", hebt Risel hervor. "Bei ihm ist das Pass-Thema, was jetzt auch Bilderbuch aufgreift, die Greencard. Sonst gibt es bei ihm Bezüge zur europäischen Bohème-Kultur und der Geschichte, die man eben nie vergessen solle." Man wolle die Dame Europa sofort und gerne auch noch mehr, hat der Superstar der österreichischen Pop-Musik damals gesungen.
Kraftwerk - echtes Bekenntnis zu Europa
Ein noch älterer Song sei Kraftwerks "Trans-Europa-Express" von 1977. Das Lied eröffnet natürlich diese grenzenlose europäische Kultur, so Risel: "Rendezvous auf den Champs-Élyssées, dann in den schnellen Zug, und abends im Wien im Nachtcafé – das war eine Vision damals, die real war für viele Jugendliche, die Interrail gemacht haben."
"Kraftwerk knüpfen aber auch an diese europäische Romantik an – da geht es natürlich viel um diese Kulturgeschichte", so Risel. Kraftwerk hätten sich auch wirklich zu Europa bekannt: "Die waren wirklich schon echte Europäer – 'Europa endlos' gab es einen Song, 'Tour de France', all solche Sachen."
Grenzenloses Reisen auf Tour
Für Pop-Musiker von heute sei das grenzenlose Reisen auf Tour vielfach ganz selbstverständlich – wobei es für britische Bands jetzt langsam komisch werde. "Immer wenn man Bands interviewt, dann fragen die sich, wie es nun eigentlich weiter geht", sagt Risel.
Thema in der aktuellen Musik seien oft die Außengrenzen in der EU – "diese Abschottung." So auch beim Lied "Europa" von Felix Meyer, Max Prosa, Fayzen, das gerade Ende letzten Jahres herausgekommen sei – mit Bezug zur antiken Geschichte, "von diesem schönen Mädchen Europa, das von Zeus über das Mittelmeer entführt wird – und das Mittelmeer eben jetzt, wo diese ganzen tödlichen Schicksale sind von flüchtenden Menschen, die nach Europa wollen."
Die drei jungen deutschen Songschreiber wendeten sich ganz theatralisch, hymnisch geradezu an Europa, sagt Risel. "Anknüpfend natürlich auch an die offizielle Europa-Hymne der EU – diese Beethoven-Nummer, die da so ganz pathetisch für Europa stehen soll – mir ist das ein bisschen dick aufgetragen". Aber das Flüchtlingsthema ziehe sich in jedem Fall gerade durch viele Songs.
Kate Tempest - gegen Nationalismus
Auch das Thema Brexit und Absetzbewegungen aus der EU spielten aktuell in der Pop-Musik eine Rolle: gerade in Großbritannien sei das ein Thema.
Risel verweist auf Kate Tempests "Europe Is Lost", das kurz nach der Brexit-Entscheidung erschienen sei, und das dann zum Vorbild für viele andere, wütende Nummern geworden sei: da heiße es "Europe is lost, America is lost, London is lost" – und Tempest hält den Menschen vor, es gehe immer noch um Sieg und Nationalismus, wir hätten nichts gelernt aus der Geschichte.
(mf)