Europäische Winzer machen ein Fass auf
Die Europäer sind Weltmeister beim Weinanbau. Mit abnehmender Tendenz: Edle Tropfen aus Chile, Südafrika und Australien werden immer stärker nachgefragt. Die EU-Weinbaureform sollte die Produktion effizienter machen. Doch es mehrt sich Kritik.
Die Europäer sind Weltmeister: beim Produzieren von Wein, beim Exportieren, beim Konsumieren. Aber - sehr zum Unwillen der 1,5 Millionen Winzer - all das mit abnehmender Tendenz.
"Insgesamt sieht man, dass der Verbrauch in der Welt steigt, auch wenn es in Europa und vor allem in den Wein produzierenden Ländern ein bisschen nach unten geht."
Und zwar nicht nur der Konsum der Europäer von Wein geht zurück, wie der Sprecher vom zuständigen EU-Kommissar Ciolos, Roger Waite, sagt. Eben auch seit einigen Jahren der Export. Denn Weine aus der sogenannten "Neuen Welt" - Chile, Südafrika, Australien etwa - jagen den Europäern zunehmend Marktanteile ab.
Sie sind oft preisgünstiger als europäische - aus verschiedenen Gründen, von denen noch die Rede sein wird. Jedenfalls spüren vor allem exportorientierte Weinproduzenten und -händler in der EU zunehmend die nicht-europäische Konkurrenz. Und müssen sich ihr stellen. Zudem ertrank die EU lange Zeit in veritablen Seen von vielen Millionen Hektoliter nicht verkaufbarem Wein, die alljährlich für eine halbe Milliarde EU-Steuerzahlergeld zu Industriealkohol destilliert wurden. Beides - teure Überschüsse und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit - waren 2008 Grund genug für eine Reform des Weinbaus.
"Wir haben 160.000 Hektar stillgelegt, damit unsere Produktion effizienter ist. Wir haben auch die Regeln verändert, damit wir nicht mehr den Überschuss ganz einfach abkaufen, so wie es in den 'bösen alten Tagen' war. Also wir sind effizienter. Und wir haben dazu mehr Geld in die Promotion investiert."
Einer der "echten Korken" der Reform war und ist für Norbert Weber, Präsident des deutschen Weinbauverbandes, dass aus seiner Sicht die Stilllegung von Weinbergen konterkariert wird durch die Tatsache, dass es ab 2015 beziehungsweise spätestens ab 2018 keine sogenannte Pflanzungsrechte geben soll, die bist dato den Weinanbau begrenzen:
"Die markantesten Widersprüche sind einmal: Rodung. Und hinterher die Liberalisierung der Anpflanzungsrechte. Das heißt, auf der selben Fläche, für die jetzt Rodungsprämien bezahlt wird, kann nachher wieder Wein angebaut werden."
Dagegen haben jetzt 15 Länder bei der EU-Kommission interveniert. Da die EU-Kommission bis zum Ende des Jahres einen Bericht über die Entwicklungen nach der Weinbaureform vorlegen muss und diesen gerade in Zusammenarbeit mit einer hochrangigen Expertengruppe vorbereitet, wird in dem Rahmen also dieses Fass erneut aufgemacht. Zumal viele Winzer die Qualität und damit den guten Ruf des europäischen Weines gefährdet sehen, wenn künftig jeder überall nach Gutdünken Weinreben anbauen kann. Überhaupt die Qualität:
Waite: "Es gibt keine Frage, dass die Qualität und Traditionen von europäischen Weinen einzigartig in der Welt sind. Und es ist kein Zufall, dass zum Beispiel in China, wo der Weinimport so doll gestiegen ist in den letzten Jahren - die wollen vor allem europäischen Wein. Weil wir am besten sind und den Ruf haben - und den wollen wir behalten."
Aber genau um diese Qualität fürchten die Winzer, denn die hat ihren Preis. An Hanglagen, in europäischen Weinanbaugebieten häufig, stößt zum Beispiel die Maschinisierung an ihre Grenzen. Das verteuert die Produktion. Genau wie die Tatsache, dass bestimmte Methoden bei der Herstellung in der EU verboten sind. Verboten ist aber nicht die Einfuhr von Weinen aus Drittländern, die nach diesen Methoden hergestellt sind.
Denen etwa kostensparend Wasser zugesetzt werden darf, die Eichenfassreifung mit Eichenspänen im Wein vortäuschen oder den Wein gleich ganz in seine Bestandteile zerlegen und unter Zugabe von Aromastoffen neu zusammensetzen. So hergestellte Weine können erheblich billiger sein. Und nicht jeder Konsument weltweit ist Weinkenner genug, um den Unterschied zu erschmecken.
"Der Verbraucher will ganz einfach seinen Wein und ist nicht so interessiert daran, wie das produziert ist."
Bleibt zu hoffen, dass sich Qualität trotz allem weiterhin lohnt. Auch und gerade beim Wein.
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Sie sind oft preisgünstiger als europäische - aus verschiedenen Gründen, von denen noch die Rede sein wird. Jedenfalls spüren vor allem exportorientierte Weinproduzenten und -händler in der EU zunehmend die nicht-europäische Konkurrenz. Und müssen sich ihr stellen. Zudem ertrank die EU lange Zeit in veritablen Seen von vielen Millionen Hektoliter nicht verkaufbarem Wein, die alljährlich für eine halbe Milliarde EU-Steuerzahlergeld zu Industriealkohol destilliert wurden. Beides - teure Überschüsse und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit - waren 2008 Grund genug für eine Reform des Weinbaus.
"Wir haben 160.000 Hektar stillgelegt, damit unsere Produktion effizienter ist. Wir haben auch die Regeln verändert, damit wir nicht mehr den Überschuss ganz einfach abkaufen, so wie es in den 'bösen alten Tagen' war. Also wir sind effizienter. Und wir haben dazu mehr Geld in die Promotion investiert."
Einer der "echten Korken" der Reform war und ist für Norbert Weber, Präsident des deutschen Weinbauverbandes, dass aus seiner Sicht die Stilllegung von Weinbergen konterkariert wird durch die Tatsache, dass es ab 2015 beziehungsweise spätestens ab 2018 keine sogenannte Pflanzungsrechte geben soll, die bist dato den Weinanbau begrenzen:
"Die markantesten Widersprüche sind einmal: Rodung. Und hinterher die Liberalisierung der Anpflanzungsrechte. Das heißt, auf der selben Fläche, für die jetzt Rodungsprämien bezahlt wird, kann nachher wieder Wein angebaut werden."
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Waite: "Es gibt keine Frage, dass die Qualität und Traditionen von europäischen Weinen einzigartig in der Welt sind. Und es ist kein Zufall, dass zum Beispiel in China, wo der Weinimport so doll gestiegen ist in den letzten Jahren - die wollen vor allem europäischen Wein. Weil wir am besten sind und den Ruf haben - und den wollen wir behalten."
Aber genau um diese Qualität fürchten die Winzer, denn die hat ihren Preis. An Hanglagen, in europäischen Weinanbaugebieten häufig, stößt zum Beispiel die Maschinisierung an ihre Grenzen. Das verteuert die Produktion. Genau wie die Tatsache, dass bestimmte Methoden bei der Herstellung in der EU verboten sind. Verboten ist aber nicht die Einfuhr von Weinen aus Drittländern, die nach diesen Methoden hergestellt sind.
Denen etwa kostensparend Wasser zugesetzt werden darf, die Eichenfassreifung mit Eichenspänen im Wein vortäuschen oder den Wein gleich ganz in seine Bestandteile zerlegen und unter Zugabe von Aromastoffen neu zusammensetzen. So hergestellte Weine können erheblich billiger sein. Und nicht jeder Konsument weltweit ist Weinkenner genug, um den Unterschied zu erschmecken.
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Bleibt zu hoffen, dass sich Qualität trotz allem weiterhin lohnt. Auch und gerade beim Wein.
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