Von einer Solidargemeinschaft weit entfernt
Das Ziel war klar formuliert: 40.000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien auf die übrigen EU-Staaten zu verteilen. Doch darauf konnten sich die EU-Innenminister nicht vollständig einigen. Für 5000 von ihnen werden nach wie vor "freiwillige" Aufnahmeländer gesucht.
Die Enttäuschung war beim zuständigen EU-Kommissar-Avramopulous nicht zu überhören, dass das Ziel, 40.000 Schutzbedürftige von Griechenland und Italien auf alle übrigen EU-Länder zu verteilen, nicht vollständig erreicht worden ist:
"Ich bin enttäuscht, aber wir haben einen gewaltigen Schritt voran getan."
Einen Schritt zumindest in Richtung Anerkennung, dass es nicht angeht, dass drei Viertel aller Asylbewerber in nur fünf EU-Staaten Aufnahme finden und die übrigen EU-Länder nichts oder wenig damit zu tun haben wollen.
"Es gibt jetzt Einigkeit darüber, dass der Umgang mit Flüchtlingsfragen eben nicht nur sehr wenige europäische Staaten angeht, sondern die Solidargemeinschaft insgesamt."
Sagte Staatssekretärin Haber aus dem Bundesinnenministerium. Allerdings ging es die besagte Solidargemeinschaft doch nicht so weit an, dass sich nicht am Ende der Rechnung von den angestrebten 40.000 eben immer noch für rund 5000 keine Aufnahmewilligen fanden.
"Wir können sofort mit den Vorbereitungen für die Umsiedlung von Asylberechtigten aus Italien und Griechenland beginnen. Bis zum Jahresende sollen Zusagen für die restlichen gefunden sein."
So Luxemburgs Migrationsminister Asselborn. Einige Länder, darunter Deutschland, hatten sich bei ihren Angeboten informell an jenem Verteilungsschlüssel orientiert, den die EU-Kommission gern verbindlich gemacht hätte. Das war an erheblichem Widerstand unter den Ländern gescheitert.
Einige wollen sich gar nicht beteiligen
Die "Willigen" waren aber nicht bereit, noch einmal mehr von den 40.000 aufzunehmen, weil einige Länder sich bis zuletzt aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen und politischen Gründen partout gar nicht oder so gut wie gar nicht beteiligen wollten: darunter Bulgarien, Spanien, Portugal, Irland, Dänemark, Großbritannien, Ungarn und Österreich.
Österreichs Innenministerin Mickl-Leitner hatte ihre Ablehnung so begründet.
"Wenn man das umlegt auf die Einwohnerzahl, heißt das, dass Österreich nahezu zehn Mal so viele Asylanträge bewerkstelligt wie Italien und Griechenland zusammen."
Dass die 40.000 wenigstens annähernd erreicht wurden, war mit einigem Umgruppieren verbunden. Denn die parallel angestrebten 20.000, die, aus Krisenregionen außerhalb der EU kommend, Aufnahme finden sollen, waren übererreicht worden. Nicht zuletzt deshalb, weil sich daran auch die Nicht-EU-Länder Norwegen und die Schweiz beteiligen.
Deutschland wird jetzt 1600 dieser Menschen aufnehmen – etwas weniger als zuvor angeboten – aber dafür entsprechend mehr - jetzt 10.500 Asylberechtigte - aus Griechenland und Italien.
Amtshilfe bei Asylbewerbungsverfahren
Beschlossen wurde zudem heute, dass mit der Einrichtung sogenannter Hot Spots umgehend begonnen wird. Die entsprechenden EU-Institutionen sollen besonders betroffene Länder mit EU-Außengrenzen bei der korrekten Abwicklung von Asylbewerbungsverfahren unterstützen.
"Wo es darum geht, direkt an der EU-Außengrenze ganz klar zu unterscheiden zwischen Wirtschaftsflüchtlingen als auch Kriegsflüchtlingen. Wo es vor allem auch darum geht, die Registrierung vorzunehmen. Wo es aber auch darum geht, dass die Wirtschaftsflüchtlinge nicht weiter kommen, sondern gleich sofort wieder überstellt werden."
Voraussichtlich ab Oktober werden die ersten Asylberechtigten aus Griechenland und Italien in anderen EU-Ländern eine Bleibe finden. Die Debatte aber um einen anderen, solidarischeren Umgang in Europa mit einem europäischen Thema ist wohl erst am Anfang. Daran ändert sich auch nichts, wenn sich bis Dezember noch Freiwillige für die letzten 5000 der verabredeten 40.000 gefunden haben sollten. Die deutsche Staatssekretärin übte sich in Gelassenheit.
"Manche schwierigen Geburten dauerten lange."