Sportlich und koscher
Die Maccabi Games, einer der größten Wettbewerbe für jüdische Sportler, finden dieses Jahr in Berlin statt. Dort sind die Hotels aber nicht auf koscheres Essen eingestellt - oder verfügen gar über Schabbat-Lifte. Doch es gibt ein paar nützliche Tricks.
Dass 2015 erstmals eine Europäische Makkabia in Deutschland stattfindet, geschieht nicht ganz zufällig. Denn in diesem Jahr wird der 50. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel begangen. Mit der Austragung in Berlin zollt auch der Makkabi-Weltverband diesem Datum Respekt. Mit Berlin als Austragungsort würdigt man noch ein weiteres Ereignis, wie Alon Meyer, Präsident von Makkabi Deutschland, erklärt:
"Es ist auch die Rückkehr an einen Standort, der eigentlich die Gründung der Makkabi-Bewegung war, nämlich Berlin. 1921 hat sich hier die Makkabi-Bewegung gegründet."
Bei der größten jüdischen Sportveranstaltung weltweit treten über 2000 jüdische Sportlerinnern und Sportler aus mehr als 36 Ländern gegeneinander an. Und bei einem religiös ausgerichteten Sportwettbewerb geht es natürlich auch um Religion. Konkret heißt das, man hält die jüdischen Speisevorschriften und die Regeln für den Schabbat ein, der auch in den zehntägigen Wettbewerb fällt. Für eine jüdische Veranstaltung dieses Ausmaßes ist er von großer Bedeutung.
Am Schabbat darf traditionell keine Arbeit verrichtet werden. Darunter fallen neben dem Austragen der Wettkämpfe auch einfache Tätigkeiten wie Lichtanzünden, Autofahren, Fernsehen oder Shoppen gehen. Das ist für die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer jedoch nur Theorie. Viele werden die jüdischen Regeln nicht so streng interpretieren. Dennoch wurde bestimmt, die Spiele orthodox auszurichten. Darüber ist Albert Abeziz von der französischen Delegation besonders froh.
"Das Komitee hat Berlin darüber informiert, dass die gesamte französische Delegation strikt koscher isst. Koscheres Essen ist seit Jahren bei den Makkabi-Teilnahmen für uns unverzichtbar."
Das angebotene Essen muss koscher sein
Dem internationalen Makkabi-Dachverband zufolge stellt die orthodoxe Ausrichtung den kleinsten gemeinsamen Nenner für alle dar. So würden keine Juden von den Spielen ausgeschlossen, egal ob sie den orthodoxen Bräuchen folgten oder nicht. Ungeachtet dessen, ob es alle für notwendig halten, heißt das auch, dass das angebotene Essen koscher sein muss, wie Rabbiner Ehrenberg beteuert:
"Und ich begrüße das auch, vor allem, da die meisten Sportler selbst privat nicht koscher essen. Aber als jüdische Institution, als jüdisches Treffen ist es schön, dass alle zusammen an einem Tisch sitzen und koscher essen."
Der Berliner Oberrabbiner Yitshak Ehrenberg beaufsichtigt die Einhaltung der Kaschrut, also der jüdischen Speisegesetzte im Hotel Estrel. Dort kommen alle Sportler, Mitwirkenden und Gäste unter.
"G'tt sei Dank, es läuft reibungslos, alles wunderbar schön! Die Küchen des Estrel Hotel sind das ganze Jahr nicht koscher. Wie machen wir das also koscher? Alle Metallinstrumente können wir ganz einfach kaschern, indem wir ins kochende Wasser tauchen. An den Töpfen oder an allen Instrumenten, die nicht koscher abgekocht werden, bleibt immer ein restlicher Geschmack von diesen nichtkoscheren Substanzen; so glauben wir das. Und diese gehen nicht ab ohne das kochende Wasser."
Doch so einfach wie es sich anhört, wird die rituelle Reinigung der Hotelküchen nicht vonstatten gehen. Im Zeitraum der Makkabia wird das Hotel mit den 1.125 Betten alleine von jüdischen Sportlern und Mitreisenden genutzt. Dementsprechend groß ist auch der notwendige Aufwand, wie es die Veranstaltungsdirektorin des Hotels, Nicole Trabert, verdeutlicht:
"Für die Maccabi Games werden knapp 20 Küchen gekaschert, die dann für den kompletten Zeitraum sozusagen zur Verfügung stehen. Sprich die Küchen müssen alle erst grundgereinigt werden, werden danach gekaschert unter der Aufsicht des Rabbiners und der Rabbinergehilfen, wir nennen sie jetzt mal Koscher-Inspektoren, die dabei vor Ort sind und uns auch schon seit Monaten in dieser Vorbereitung unterstützen. Die Küchen werden danach erstmal versiegelt für zwei Tage, bevor wir dann mit der Produktion anfangen können."
Zudem mussten Geschirrteile neu hinzu gekauft werden, da Porzellan prinzipiell nicht koscher gemacht werden kann.
"In diesem Falle heißt das, wir haben knappe 20.000 Geschirrteile neu gekauft, die in milchige und fleischige Speisen unterteilt werden müssen. Wichtig ist in dem Falle auch, dass die komplette Küche eigentlich in diese Bereiche aufgeteilt wurde. Es wird milchige und fleischige Kühlhäuser geben, es wird milchige und fleischige Spülmaschinen geben, weil diese Bereiche sich nicht kreuzen dürfen."
Auch elektronische Schlüsselkarten sind ein Problem
Ein anderes Problem sind die Schlüsselkarten, mit denen die Zimmertüren aufgeschlossen werden. Am Schabbat sind diese elektronischen Hilfsmittel natürlich nicht erlaubt.
"Momentan ist der Plan so, dass die Personen, die streng religiös sind, jeweils auf der ersten und zweiten Etage unserer vier Hotelzimmerflügel untergebracht werden, sodass sie halt die Möglichkeit haben, die Treppe zu nutzen und nicht zu weit zu laufen, anstatt den Aufzug. Was die Zimmertüren angeht, so muss ich ehrlich gestehen, weißich noch nicht ganz, wie Maccabi das lösen möchte."
Auch Rabbiner Ehrenberg, selbst Orthodoxer, kennt das Problem:
"Das ist natürlich ein großes, großes Problem. Ich glaube nicht, dass wir es lösen können. Wie gesagt, die meisten Besucher sind nicht religiös, also die achten sowieso nicht auf solche Sachen. Falls doch, müssen wir eine Lösung finden. Aber die wenigen Leute, die religiös sind, so wie die Rabbiner, ich bin auch am Schabbat da, finden schon alle eine Lösung. Manche sagen, dass wenn ein Nichtjude das für mich übernimmt, es auch koscher sei. Diese Person wird Schabbesgoy genannt, da er nicht unserer Religion angehört, darf er das machen. Sagen wir so, wenn es ohne ihn geht, so wie in Israel, wo wir zum Schabbat diese altmodischen Metallschlüssel bekommen, das ist natürlich besser. Ansonsten lassen manche Leute die Tür auf. Im Notfall sagt man einem Mitarbeiter des Hotels, dass er die Tür für uns öffnen soll."
Doch im Hotel mit seinen großen Veranstaltungsräumen kommen nicht nur alle Makkabi-Gäste unter. Hier wird auch der Schabbat gefeiert. Es soll der Weltrekord des größten Schabbat-Dinners aus dem letzten Jahr gebrochen werden. Momentan besteht dieser aus 2.226 Schabbat-Gästen. Der Organisator des Kabbalat Schabbats und Präsident des Maccabi Münchens, Robby Rajber, ist zuversichtlich. In einem Interview über das Internet berichtet er:
"Na ja, ich bin ziemlich sicher, dass alle unsere Athleten und Funktionäre am Dinner teilnehmen. Das sind schon mal alleine über 2000 oder 2100 Leute mit Sicherheit und dann kommen ganz viele auswärtige Gäste dazu. Wir haben jetzt schon mindestens 300, 350 auswärtige Gäste, die sich angemeldet haben. Das sind die Eltern der Sportler oder die Großeltern oder irgendwie sonstige Interessierte, Freunde von Sportlern oder Leute, die Volunteers, die Freunde mitbringen. Also viele Leute die an unserem Kabbalat Schabbat Interesse haben."
Neben den Events werden mehrere temporäre Synagogen im Hotel eingerichtet, die von der Berliner Jüdischen Gemeinde mit zwei Torarollen ausgestattet werden. So sind reguläre G’ttesdienste möglich. Auch diese finden im orthodoxen – und zum ersten Mal in der Geschichte der Maccabi Games, sogar im konservativen Ritus statt. Liberale, egalitäre oder rekonstruktionistische G’ttesdienste werden jedoch nicht angeboten. Nochmals der Präsident von Makkabi Deutschland, Alon Meyer:
"Wir versuchen dieses Traditionelle mit der neuen Zeit zu verbinden, mit der Zeit zu gehen, mit der Entwicklung und das aufzuweichen, aber letztendlich die Religion bei den Spielen spielt eine große Rolle. Wir wollen die Religion hier nutzen um Werbung für ein neues deutsch-jüdisches Selbstverständnis zu setzen."