Im Vergleich von Äpfeln und Birnen
Vor dem Eurovision Song Contest in Lissabon zieht der Musikwissenschaftler Jens Rosteck den Vergleich zu anderen Sängerwettbewerben. Auf der Wartburg ging es 1206 noch um Leben und Tod.
In Lissabon kämpfen heute Abend 26 Finalisten um den Sieg beim diesjährigen Eurovision Song Contest (ESC). Für Deutschland geht bei dem internationalen Musikwettbewerb Michael Schulte mit seiner Ballade "You Let Me Walk Alone" ins Rennen.
Man entblößt sich beim Gesang
Der Musikwissenschaftler und Schriftsteller Jens Rosteck fand den Sängerwettbewerb zwar in den 1970er Jahren musikalisch spannender, will aber auch den Fernseher anschalten. In Erinnerung an den legendären Sängerkrieg auf der Wartburg 1206 ging es noch um Leben und Tod. "Es ging um Gunst, es ging um bestimmte Qualitäten, die man nur auf diese Weise messen konnte", sagte Rosteck im Deutschlandfunk Kultur über die Parallelen zu heute und betonte die Unterschiede zu Sportwettbewerben. "Man entblößt sich beim Gesang, man kehrt sein Inneres nach außen."
Voyeurismus des Publikums
Solche Auftritte seien immer ein Drahtseilakt und bedienten auch den Voyeurismus des Publikums, das Erfolg oder Absturz der Sänger miterleben wolle. "Gleichzeitig hat natürlich der Sänger auch immer diese narzistische, exhibitionistische Position", sagte Rosteck." Er will etwas von sich preisgeben und sich im besten Licht darstellen." Das Problem bei diesen Wettstreiten sei, dass ja nicht alle das gleiche Werk sängen, sondern sehr individuell aufträten. "Da werden eigentlich unvergleichliche Dinge miteinander verglichen, Äpfel mit Birnen sozusagen." (gem)