Eva Meijer: "Was Tiere wirklich wollen"

Nachdenken über unseren Umgang mit Tieren

05:40 Minuten
Die Tierrechtsphilosophin Eva Meijer legt eine Streitschrift für die Rechte unserer animalischen Mitbewohner vor.
Die Tierrechtsphilosophin Eva Meijer legt eine Streitschrift für die Rechte unserer animalischen Mitbewohner vor. © (btb Verlag/Deutschlandradio)
Von Johannes Kaiser |
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Tiere sind dem Menschen ebenbürtiger, als wir uns eingestehen − darauf weist die Tierrechtsphilosophin Eva Meijers hin. Man muss nicht jedem Argument zustimmen, um den Umgang mit Tieren zu hinterfragen, urteilt unser Kritiker Johannes Kaiser.
Können und sollen Tiere über ihr Schicksal selbst bestimmen? Sollten Tiere im Parlament vertreten sein? Für viele scheinen das, völlig absurde Fragen zu sein. Doch die holländische Philosophin Eva Meijer ist davon überzeugt, dass Tieren ähnliche Rechte wie den Menschen zustehen. Auf rund 150 Seiten hält sie ein glühendes Plädoyer für eine umfassende Mitbestimmung unser Mitkreaturen.
Die Argumentation stützt sich vor allem auf neue Erkenntnisse der Tierforschung. Je intensiver man sich mit der Kommunikation, mit dem Gefühlsleben, mit den geistigen Fähigkeiten verschiedener Tiergruppen befasst, desto deutlicher zeigt sich, dass die Unterschiede zum Menschen eher gradueller denn grundsätzlicher Natur sind. In ihrem Buch führt Eva Meijer zahlreiche Beispiele dafür auf, dass Tiere ein umfassendes, dem Menschen durchaus ähnliches Gefühlsleben besitzen. Sie spüren Schmerzen, zeigen Mitgefühl und trauern. Sie schließen Freundschaften, können sich an ihre Umwelt anpassen und komplizierte Aufgaben lösen. Sie haben ein Bewusstsein von sich selbst, entwickeln eigenständige Persönlichkeiten.

Keine Tötung, keine Folter, keine Gefangenschaft

Aus all diesen Gründen plädiert die Tierrechtsphilosophie dafür, den Tieren umfangreiche Rechte zuzusprechen. Sie hätten ein Recht darauf, in Freiheit zu leben und nicht für die menschliche Nutznießung herhalten zu müssen. Dazu gehört für die Autorin auch das Recht, nicht getötet, gefoltert oder in Gefangenschaft gehalten zu werden.
Die Interessen nichtmenschlicher Wesen sollten in einer Demokratie berücksichtigt werden. Sie sollten Mitspracherechte bekommen. Wie dieses Mitbestimmen aussehen sollte, darüber sind sich die Tierrechtsvertreter allerdings nicht einig. Das liegt Eva Meijer zufolge weniger am Grundsatz selbst als vielmehr an der Schwierigkeit, das Wollen der nichtmenschlichen Wesen zu verstehen. Noch weiß die Forschung zu wenig darüber, wie diese ihre Wünsche, Bedürfnisse und Gedanken kommunizieren.
Indirekt plädiert die Autorin für Fleischverzicht, indem sie in Frage stellt, dass wir Tiere töten, um sie zu essen. Sie geht in ihrer Streitschrift allerdings kein einziges Mal auf die Tatsache ein, dass Tiere keineswegs friedlich miteinander leben und Raubtiere Beutetiere töten. Wie dieses Verhalten einzuordnen ist, verschweigt ihr Plädoyer für Tierbeteiligung.

Auch Tiere essen andere Tiere

Problematisch ist auch die Interpretation des Verhaltens. Wenn ein Elefant oder ein Tiger seinen Pfleger tötet, sieht sie hierin einen Akt bewussten Widerstands gegen die Gefangenschaft und vergleicht dies mit menschlichen Protestbewegungen. Die Autorin übergeht zudem, dass alle Forschungsergebnisse unter dem Vorbehalt stehen, dass die Beobachter eigenes Verhalten in die Tiere hineininterpretieren.
"Was Tiere wirklich wollen" fordert mehr Respekt vor allen nichtmenschlichen Lebewesen und prangert unser Verhalten den Tieren gegenüber insgesamt an. Man muss Meijers Kritik nicht folgen, um dennoch über unseren Umgang mit Tieren nachzudenken. Tiere sind uns weitaus ebenbürtiger, als wir uns eingestehen wollen. Daran lässt Eva Meijers Streitschrift keinerlei Zweifel.

Eva Meijer: "Was Tiere wirklich wollen – Eine Streitschrift über politische Tiere und tierische Politik"
btb Verlag, München 2019
157 Seiten, 20 Euro

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