Eva Weissweiler: „Echo deiner Frage“

Die Frau, die Walter Benjamins Seele berührte

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Das Bild zeigt das Cover des neuen Buchs von Eva Weissweiler. Es heißt: "Echo deiner Frage. Dora und Walter Benjamin. Biographie einer Beziehung"
Das neue Buch von Eva Weissweiler beschäftigt sich mit Dora Benjamin und ihrem Einfluss auf ihren berühmten Ehemann, Walter Benjamin. © Hoffmann & Campe / Deutschlandradio
Von Vera Linß |
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Die Ehe von Dora und Walter Benjamin war von zahlreichen Affären und Trennungen geprägt. Fest steht aber auch: Dora unterstützte den Philosophen nicht nur materiell, sie gab ihm auch seelischen Halt. Ein neues Buch rückt sie ins rechte Licht.
"Ehrgeizige Gans": So titulierten Zeitzeugen Dora Kellner, die spätere Frau Walter Benjamins. Und auch die bisherige Forschung lässt an ihr nichts Gutes: Dora sei für Walter Benjamin nicht bedeutsam gewesen. Doch wird das der Frau, die dreizehn Jahre mit dem Philosophen verheiratet war, gerecht? Nein, meint Eva Weissweiler. In ihrem neuen Buch tritt sie den Gegenbeweis an.

Ungewöhnlich emanzipiert

Die 1890 in Wien geborene Dora war nicht nur attraktiv, sondern auch gebildet, finanziell unabhängig und für damalige Verhältnisse ungewöhnlich emanzipiert. Kindheit und Jugend Doras - ihrem Leben vor Walter Benjamin - gibt Eva Weissweiler zunächst viel Raum. Ein kluger Griff. Sie zeigt Dora damit nicht nur als eigenständige Persönlichkeit, sondern schildert auch lebendig den Alltag, in dem die junge Frau aufwächst.
Die Enge des traditionellen Judentums, die sich nur langsam lockert (den ersten Ehemann wählen noch die Eltern aus), die intellektuellen Debatten in den zionistischen Kreisen, denen Doras Vater angehört, aber auch der Judenhass, der ständig präsent ist. Dank der großen Detailkenntnis, die Eva Weissweiler gekonnt mit Zitaten aus Briefen, Biographien und Zeitungsartikeln verbindet, wird man direkt hineingezogen in die Welt der Kellners.
Dass Dora dieser Enge entkommt und, anders als vorgesehen, später Chemie und Philosophie studiert, verdankt sie der aufkommenden Frauenbewegung. Über Jahrzehnte wird sie sich mit der gesellschaftlichen Rolle der Frau beschäftigen – nicht nur analytisch, in journalistischen und literarischen Texten, aus denen Weissweiler immer wieder ausführlich zitiert. Auch Doras Ehe mit Walter Benjamin, den sie 1917 heiratet, ist geprägt von der permanenten Zerreißprobe zwischen Zuwendung und dem Wunsch nach Selbstbestimmung.

Mitreißend und vielschichtig

Hier kommt Eva Weissweilers schreiberisches Können voll zur Geltung: Man fühlt und leidet mit im Auf und Ab dieser Beziehung, die alles andere als normal ist und durch Krieg, Antisemitismus und ständige Geldsorgen zusätzlich belastet wird – obwohl beide aus vermögenden Elternhäusern stammen.
Faszinierend, wie vielschichtig Dora hier gezeichnet wird. Als eine Frau, die einerseits den lebensuntüchtig wirkenden Walter unterstützt und die gleichzeitig ihre eigene berufliche Entwicklung weiter verfolgt. Als die beiden sich auf Benjamins Betreiben schließlich scheiden lassen, folgt ein mehrjähriger, schmutziger Prozess.
Hat Dora Walter auch intellektuell inspiriert, gar Anteil an seinem geistigen Schaffen? Darüber kann Eva Weissweiler nur mutmaßen. Fest steht nur, dass Dora für ihren Ehemann seelisch bedeutsam war. Das herauszuarbeiten, ist ein Verdienst dieses Buches, das eigentlich keine "Biographie einer Beziehung" ist, wie es im Untertitel heißt.
Dafür wird Walter Benjamin – als gefühlskalter Eigenbrötler – zu eindimensional abgehandelt. Stattdessen hat Eva Weissweiler die lesenswerte Biographie einer großartigen Frau geschrieben, deren Suche nach Selbstbestimmung auch aus heutiger Perspektive äußerst inspiriert.

Eva Weissweiler: "Echo deiner Frage. Dora und Walter Benjamin. Biographie einer Beziehung"
Hoffmann und Campe, Hamburg 2020
370 Seiten, 24 Euro

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