Ein Christ für die Bundeswehr
Der 53-jährige Sigurd Rink ist der erste hauptamtliche Militärbischof der Evangelischen Kirche. Er sieht seine wichtigste Aufgabe in der Begleitung und Unterstützung der rund 100 evangelischen Militärseelsorger.
Er hat nicht gedient, und doch wird er der erste hauptamtliche Militärbischof der Evangelischen Kirche Deutschlands sein. Die Berufung des ehemaligen Probst von Wiesbaden, Sigurd Rink, zum neuem Militärbischof sei nicht nur personell, sondern auch strukturell eine Zäsur, betonte heute Nikolaus Schneider, Präses der EKD:
"Denn die evangelische Kirche in Deutschland, verbunden mit den Gliedkirchen, haben einen Schritt getan, der noch vor zehn Jahren undenkbar gewesen wäre: Es gibt nämlich einen hauptamtlichen Militärbischof. Ein Bischof für die Begleitung der Soldatinnen und Soldaten, eingebunden in das Friedenszeugnis der EKD, begleitet von einem sonodanen Gremium, einem Ausschuss für die Seelsorge an Soldatinnen und Soldaten und der Vorsitzende des Ausschusses ist der Friedensbeauftragte der EKD. Sie merken an dieser ganzen Konstruktion: Das ist alles nicht so leicht."
Nein, leicht tut sich die EKD wirklich nicht im Umgang mit militärischen Einsätzen. Gerade mal sieben Jahre ist es her, da hat sie sich in einer Friedensdenkschrift von alten pazifistischen Positionen entfernt, und dem Motto des gerechten Krieges das des gerechten Friedens entgegengestellt. Um diesen zu verteidigen, könne − unter bestimmten Bedingungen und im Rahmen eines UN-Mandates − auch militärische Gewalt gerechtfertigt sein.
Jetzt erscheint auch dieser friedensethische Kompromiss schon wieder überholt angesichts der Lage im Irak – Waffenlieferungen an Krisengebiete schloss das Friedenspapier der EKD ausdrücklich aus. Noch vor seiner offiziellen Amtseinführung kündigte der neue hauptamtliche Militärbischof an, eine neue friedenspolitische Debatte in der evangelischen Kirche anstoßen zu wollen. Er stehe zum Friedenspapier der EKD, doch man müsse sehen, ob man nachjustiere, sagte der 53-Jährige:
"Die Bedingungen haben sich geändert. Und für mich war es schon ein deutlicher Wechsel auch, dass vieles, was in der Friedensdenkschrift drin steht, was bisher ja auch völliger außen- und sicherheitspolitischer Konsens war, zu sagen eben keine Waffenlieferungen an Krisengebiete, wenn überhaupt nur an verfasste Staaten etc. und dergleichen mehr, damit muss man sich ja gründlich reflektierend auseinandersetzen, was das eigentlich bedeutet und wie dann eine evangelische Kirche dazu Stellung nimmt. Das kann man spontan machen, in einem Interview, aber ich glaube, es braucht auch begleitend dazu eine sehr gründliche und theologische Analyse dessen."
Auch unterlassene Hilfe kann Sünde sein
Der weltweite Einsatz der Bundeswehr stelle die Militärseelsorge vor immer größere Aufgaben, dies sei von einem Bischof im Nebenamt nicht mehr zu bewältigen, begründete Schneider den Schritt der EKD, einen Militärbischof im Hauptberuf einzusetzen. Rink selber sieht seine Hauptaufgabe in der Begleitung und Unterstützung der rund 100 evangelischen Militärseelsorger bei ihrer Arbeit mit den Soldatinnen und Soldaten – er werde viel Zeit damit verbringen, die Einsatzorte zu besuchen, und sich um Probleme und möglichen Fortbildungsbedarf kümmern, kündigte er an. Außerdem sehe er sich zusammen mit Präses Schneider und dem Friedenbeauftragten der EKS, Renke Brams, als übergeordneten Ansprechpartner für aktuelle friedensethische Fragen und Grundlinien der EKD.
Die frühere EKD-Vorsitzende Margot Käßmann, die sich vor kurzem noch für eine Abschaffung der Bundeswehr ausgesprochen hatte, nahm Schneider ausdrücklich von dieser Zuständigkeit aus:
"Die Reformationsbotschafterin ist darin nicht eingebunden, das war eine abschließende Aufzählung eben, aber sie ist natürlich frei als Christenmensch sich zu äußern und wenn sie gefragt wird, auch ihre Meinung zu sagen."
Rink hatte selbst in seiner Jugend einen pazifistischen Hintergrund, war von der Nachrüstungsdebatte der 80er-Jahre geprägt. Als Theologiestudent musste er nicht zur Bundeswehr, sonst hätte er verweigert, räumt er ein. Doch ein Gespräch mit einem Entwicklungshelfer in Ruanda habe ihn vor 20 Jahren seine Haltung zu bewaffneten Einsätzen ändern lassen. In Ländern, in denen die Staatswesen völlig am Boden liegen und Genozide verübt werden, könne die Staatengemeinschaft nicht einfach zusehen, auch Deutschland nicht. Denn auch unterlassene Hilfe könne Sünde sein.