"Die konnten mich einfach nicht plattmachen"
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Boxende Frauen wurden bestenfalls belächelt, bis Regina Halmich kam: Die Badenerin war zwölf Jahre lang Profi-Boxweltmeisterin, ihre Kämpfe erreichten Top-Quoten im Fernsehen. Und auch nach dem Ende der Sportkarriere ist sie eine gefragte Person.
Irgendwann hat sich auch Gentleman-Boxer Henry Maske bei ihr entschuldigt. Dafür, dass er wie viele männliche Kollegen das Frauen-Boxen lange nicht ernst genommen hatte. Regina Halmich, zwölf Jahre lang ungeschlagene Boxweltmeisterin und "Quotenkönigin" im Fernsehen, hatte ihn eines Besseren belehrt.
Als Regina Halmich Mitte der 90er-Jahre erstmals in den Ring stieg, war Amateurboxen für Frauen in Deutschland noch verboten. Weswegen sie gleich ins Profilager wechseln musste. "Es ist einfach die männlichste Sportart bis heute geblieben", erinnert sich Regina Halmich, "das habe ich jahrelang zu spüren bekommen als Frau, also ich war da wirklich nicht willkommen."
"Aufgeben war nie eine Option"
Gleich zu Anfang ihrer Profi-Karriere, 1995, die erste Niederlage, die auch ihre einzige blieb: Ausgerechnet im Box-Mekka Las Vegas verlor sie einen Kampf – und das Bild ihres blutverschmierten Gesichts in einer deutschen Boulevard-Zeitung brachte ihr daheim viel Häme ein. Regelrecht "eingedroschen" hätten die Medien auf sie: "Meine Kritiker haben an dem Abend genau das bekommen, was sie wollten, nämlich unästhetische Bilder."
Das schmerzte sie mehr als die eigentliche Niederlage, doch es weckte erst recht die Kämpferin in ihr: "Aufgeben war nie eine Option". Von nun an gewann sie jeden Kampf – "die konnten mich einfach nicht plattmachen". Weder die Gegnerinnen im Ring noch die Funktionäre und Journalisten, für die der harte und blutige Boxsport nichts für Frauen war.
Hart und blutig wurde es 2001 für einen Mann, der gegen Regina Halmich antrat: TV-Entertainer Stefan Raab hatte sie solange provoziert, bis sie in einen Schau-Boxkampf gegen ihn einwilligte. Was dem 20 cm größeren und 35 kg schwereren Pro7-Moderator eine gebrochene Nase einbrachte. Auch wenn dieser Kampf sportlich uninteressant für sie war, denkt Regina Halmich gerne daran zurück: "So ziemlich jede Faust hat getroffen, klar, er ist kein Profi. Aber ich glaube, die Leute, die hat’s amüsiert."
Nach Quote bezahlt, nicht nach Geschlecht
Jedenfalls wurde die zu diesem Zeitpunkt bereits langjährige Boxweltmeisterin so einem breiteren Publikum bekannt, und das Fernsehen begann, ihre Titelkämpfe zu übertragen. Denn die kleine Frau, die beim Boxen immer den Vorwärtsgang einschaltete, brachte viele Zuschauer. Das war der Durchbruch, auch finanziell, denn nun wurde sie "nach Einschaltquote bezahlt und nicht mehr nach meinem Geschlecht", sagt sie. "Eine Genugtuung."
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, 2007, hörte Regina Halmich auf: "Ich wusste, ich hab’s jetzt geschafft." Und wichtig war es ihr aus dem Ring zu gehen, solange sie noch topfit war – und ungeschlagen. Ganz losgelassen hat sie das Boxen aber nicht: Sie kommentiert Kämpfe im Fernsehen, hält Vorträge in Firmen darüber, wie man Erfolg erkämpft – und mit Niederschlägen umgeht. Dennoch vermisst sie bisweilen den echten Kampf, "dieser absolute Wettkampf" mit den Fäusten: "Der Adrenalinkick fehlt schon manchmal."
(pag)