Ex-Bundesministerin Andrea Fischer

"Ich hatte nicht genug Interesse an Macht"

Die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer
Die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer © imago/Metodi Popow
Moderation: Annette Riedel |
Andrea Fischer erfindet sich immer wieder neu: Sie war Gesundheitsministerin in der Bundesregierung Gerhard Schröder, doch die BSE-Krise wurde ihr zum Verhängnis. Sie war unter anderem Krimi-Rezensentin und Beraterin. Heute ist sie als Finanz-Dezernentin tätig.
Mit 41 war die Karriere scheinbar schon wieder vorbei. Andrea Fischer war für die Bündnisgrünen Gesundheitsministerin in der Bundesregierung von Gerhard Schröder gewesen, ein beachtlicher Aufstieg für eine Frau, die politisch von ziemlich links kam und für einen Politprofi als sehr emotional galt. Dann kam der Sturz, wegen ihres Krisenmanagements beim Thema Rinderwahn. War Andrea Fischer zu naiv für das Politikgeschäft, in dem es letztlich um Macht geht?
"Es braucht ein gewisses Interesse an Macht, und da würde ich sagen, hatte ich nicht genug. Ich halte nichts von all dem, was die Leute immer Schlechtes darüber sagen, dass wenn man an Macht interessiert ist. Man muss Macht wollen, weil ohne sie kann man gar nichts erreichen."

Als Lobbyistin sieht sie nicht

Andrea Fischer verließ die große Politik und erfand sich neu, immer wieder: Sie arbeitete als Talk-Masterin im Fernsehen, rezensierte Krimis, Beratungstätigkeiten für Pharma-Unternehmen brachten ihr den Vorwurf ein, die Seiten gewechselt zu haben und Lobbyistin geworden zu sein. Andrea Fischer kann an ihrer früheren Arbeit als Beraterin aber nichts Schlechtes finden:
"Grundsätzlich halte ich es für legitim, dass Leute aus der Politik mit ihren Erfahrungen was machen. In einem demokratischen Land [haben] alle Leute das Recht, dafür zu kämpfen, was sie gut finden oder nicht gut finden. Und man redet ja nicht davon, wenn sie für eine Organisation, ich weiß nicht, für einen Sozialverband arbeiten. Dann bezeichnet das niemand als Lobbyist, aber grundsätzlich sind sie das dann genauso."

Mitarbeit beim Bistum Hildesheim

Heute ist Andrea Fischer Finanz-Dezernentin der Region Hannover. Und berät das Bistum Hildesheim bei der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs. Die Begegnung mit Missbrauchs-Opfern bewegt sie tief:
"Bevor ich mich mit diesem Thema so befasst habe und mit den Opfern geredet habe, war mir das Ausmaß des Verbrechens, das den Kindern damit angetan wird, nicht wirklich bewusst. Es war mir nicht klar, dass die das ein Leben lang umtreibt, dass es ihr ganzes Leben in bestimmte Richtungen drängt, dass sie Schwierigkeiten haben, überhaupt mit ihrem Leben klar zu kommen. Das habe ich alles erst da gelernt."
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