Strafe muss sinnvoll sein
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Thomas Galli kennt den Knast – und will ihn ändern. Erst als Gefängnisdirektor, nun als Anwalt für Häftlinge ist der Jurist zu dem Schluss gekommen: So wie sie jetzt sind, nützen Haftanstalten niemandem, weder den Gefangenen noch der Gesellschaft.
Nach 15 Jahren war für Thomas Galli Schluss. Er quittierte seinen Dienst als Gefängnisdirektor. "Ich muss raus aus dem System", das war dem promovierten Juristen bewusst geworden. Das System: Ein Strafvollzug, der mehr schadet als nutzt, so Thomas Galli.
Als Abteilungs-, später als Anstaltsleiter von Gefängnissen in Bayern und Sachsen hatte Galli die Erfahrung gemacht: "Resozialisierung, Integration, das funktioniert alles nicht im Kontext von geschlossenen Anstalten." Und darum vergrößern Gefängnisse seiner Ansicht nach "unser aller Sicherheit" nicht.
"Stigma im Lebenslauf"
Denn der Knast-Aufenthalt sei nun mal ein "Stigma im Lebenslauf", das nach der Haftentlassung die Arbeitssuche und überhaupt die gesellschaftliche Teilnahme erschwere. Die Folge: Die Mehrzahl der Ex-Knackis wird rückfällig. Und gerade bei eher geringfügigen Delikten sei der Schaden durch die Haft oft größer als der Nutzen.
Darum würde Thomas Galli etwa die Ersatzfreiheitsstrafen, zu denen alljährlich Tausende von Menschen verurteilt werden, weil sie Geldstrafen nicht zahlen, gerne abschaffen. Statt Gefängnis für notorisches Schwarzfahren und andere Bagatelldelikte sei gemeinnützige Arbeit sinnvoller. Und wer sich dem verweigere, könne mit Hausarrest belangt werden, nebst elektronischer Fußfessel.
Denn Thomas Galli ist nicht gegen Strafe, nur müsse sie sinnvoll sein. Und nicht unmenschlich. Das gilt auch für schwere Straftaten. Thomas Galli hat hochgefährliche Schwerverbrecher kennengelernt, die er für nicht therapierbar hält. Ihnen müsse die Freiheit "notfalls lebenslang" entzogen werden, um die Gesellschaft zu schützen. Dies jedoch "in einem menschenwürdigen Kontext", etwa einer ausbruchsicheren "dorfähnlichen Gemeinschaft".
In seinem mittlerweile fünften Buch erläutert Galli seine Kritik am real existierenden Strafvollzug, wegen der er die Seiten gewechselt hat und nun als Rechtsanwalt Strafgefangene vertritt. Wobei, das ist ihm wichtig, diese Kritik nicht den Mitarbeitenden in Justiz und Vollzug gilt, sondern den Konzepten.
"Es war nie mein Traum, im Gefängnis zu arbeiten"
Er selbst war auf der Stellensuche nach Ende des Jurastudiums eher zufällig in die Welt der Gefängnismauern "reingeraten", wie er sagt. "Es war nie mein Traum, im Gefängnis zu arbeiten". Doch das Thema lässt ihn nicht los, als Anwalt, als Autor, als Vortragsreisender.
Und gerne würde er mal undercover in ein Gefängnis gehen, als Häftling getarnt. Um diese Welt aus der Sicht eines Gefangenen kennenzulernen, in die er sich als Justizbeamter wie als Anwalt letztlich nicht hineinversetzen konnte und kann.
(pag)