Vater des modernen Kindertheaters
Er ist der Autor des Kult-Musicals "Linie 1", er hat Kinderlieder geschrieben und schließlich hat er das Grips-Theater in Berlin gegründet: Volker Ludwig. Zu seinem 80. Geburtstag gibt der Schriftsteller und Bühnenautor die Theaterleitung ab.
Seine "Linie 1" ist längst eine Legende. Volker Ludwig ist ein begnadeter Theaterautor und der Gründer des Berliner Grips-Theaters. Seine über 30 Stücke sind bisher über 1800 mal in 47 Ländern und über 40 Sprachen nachinszeniert und etwa 40 mal vom Fernsehen aufgezeichnet worden. Auch seine Kinderlieder erschienen in mehr als 500 Anthologien, Lieder- und Schulbüchern und auf circa 40 Schallplatten. Warum er seine künstlerische Arbeit vor allem den Kindern widmete, erzählte Ludwig "Im Gespräch":
"Für uns waren sie praktisch eine unterdrückte Klasse. Wir wollten ihnen eben nur vermitteln, dass sie Rechte haben, dass man Fragen stellen darf, dass auch Erwachsene Fehler machen. Das heißt wir wollten eigentlich Ihr Selbstbewusstsein stärken. Das war damals notwendig."
Und was ist für ihn wirklich gutes Kindertheater?
"Der Wiedererkennungsfaktor ist entscheidend, sonst kann man es vergessen. Und Langeweile ist eine Todsünde, dafür darf man kein Geld einnehmen. Es muss Spaß machen, es muss ihnen was bringen, und sie müssen was wiedererkennen, was sie mit nach Hause nehmen."
"Linie 1" als Exportschlager
Das Programm des Grips-Theaters wurde schnell zum Kult, zog aber fast ausschließlich Lehrer, Eltern und Schüler an, die zur linken Szene gehörten. Das war allerdings nicht ganz im Sinne des Intendanten.
"'68 bis '69 hatten wir nur noch Publikum, das sowieso unsere Meinung war und das wurde uns langweilig. Wir wollten als Sozialisten die ganze Menschheit beglücken und nicht nur links-intellektuelle Studenten und dann haben wir dann noch versucht, das Publikum zu beleidigen. Und dann haben wir eben gesagt, jetzt machen wir was Vernünftiges, nämlich mehr oder weniger Kabarett für Kinder."
Der größte Renner des Grips-Theaters ist bis heute das Stück "Linie 1", das ein schillerndes Bild von der Metropole Berlin zeichnet, inzwischen aber längst auf andere Großstädte der Welt übertragen wurde.
"Es ist ein typisches Metropolenstück und die ganzen Charaktere, die kann man in anderen Städten wieder entdecken. Deswegen konnte man das toll adaptieren. Und das Tollste war, das wirklich in Seoul… da ist es 4000 Mal gelaufen. Es ist eine tolle Inszenierung dort gewesen, politischer noch als unsere."
Immer noch als Autor tätig
Ursprünglich wollte Volker Ludwig, der als Eckart Hachfeld in Ludwigshafen geboren wurde, Pfarrer werden, aber auf keinen Fall Lehrer. Er studierte schließlich Germanistik und Kunstgeschichte, begann schon mit Anfang 20 Sketche fürs Radio und Kabarett zu schreiben und verfasste gut zehn Jahre später sein erstes Kindertheaterstück "Stokkerlok und Millipilli".
In seiner Kindheit zog er viel um – Ludwigshafen, Thüringen, Hamburg. Erst als der Dramatiker im Möbelwagen über die Berliner Avus fuhr, fühlte er sich zuhause.
"Alles, was ich mit dem Schreiben geschafft habe, kann ich mir nur in Berlin vorstellen."
Heute, kurz vor seinem 80. Geburtstag, ist Volker Ludwig immer noch als Autor tätig. Zum Schreiben legt er sich abends mit Kugelschreiber und Papier auf die Couch. Seinen Posten als Leiter des Grips-Theaters gibt er nun endgültig ab.