Ex-Kulturbaustelle

Künstlerisches Desaster abgewendet

Das Arp-Museums Remagen-Rolandseck (Rheinland-Pfalz) in der Wintersonne.
Das Arp-Museum Remagen-Rolandseck (Rheinland-Pfalz) in der Wintersonne. © picture alliance / dpa / Thomas Frey
Von Ludger Fittkau |
2007 erlebte das Arp Museum Bahnhof Rolandseck aufgrund von Fälschungsvorwürfen einen missglückten Start. Inzwischen ist das Museum zu einem Publikumsliebling geworden.
Walter Schumacher ist der Kulturstaatssekretär des Landes Rheinland-Pfalz. In der Vergangenheit war das Arp-Museum eine seiner größten kulturpolitischen Baustellen. Das hat sich nun grundlegend geändert:
"Das war ein gutes Jahr, ein richtig gutes Jahr für das Arp Museum Bahnhof Rolandseck. Nicht nur mit rund 80.000 Besuchern, das haben nicht so viele Museen in Deutschland. Sondern man muss auch sehen, es ist ein Museum in einem kleinen Ort, Remagen-Rolandseck. Nicht in einer Großstadt, Berlin, München, Hamburg. Es hat sich aber auch künstlerisch sehr gut entwickelt."
Das ist nicht selbstverständlich. Denn die Eröffnung des Kunsttempels in Remagen südlich von Bonn war 2007 durch Berichte über gefälschte Arp-Skulpturen im Museumsbesitz überlagert. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Mainzer Landtag sorgte für die politische Begleitmusik. Die private Arp-Stiftung kündigte die geplante Zusammenarbeit mit dem staatlichen Museum auf und zog ihre Werke ab. Ein formidabler Fehlstart des Museums war die Folge: Die Zuschauer blieben zunächst aus, das Projekt wurde grundlegend in Frage gestellt. Erst Anfang 2013 schloss das Museum seine akribische Aufarbeitung der Frage ab, ob posthume Güsse von Arp-Skulpturen als Fälschungen betrachtet werden müssen oder nicht. Oliver Kornhoff, Direktor des Arp-Museums:
"Und ich glaube, wir haben es geschafft, den Arp wieder in die Position zu hieven, die ihm als Künstler geziemt. Und Sofie Taeuber-Arp desgleichen. Und seitdem stellen wir Arp wieder ein Forum zur Verfügung, wo er als Künstler wahrgenommen werden kann."
Arp kombiniert mit zeitgenössischer Kunst
Kornhoffs Konzept: Er kombiniert rechtlich unbedenkliche Arp-Werke des Hauses jeweils mit Ausstellungen zeitgenössischer Künstler, die er oftmals auch zum ersten Mal in Deutschland präsentiert.
Zum Beweis taucht der Museumschef ein in unzählige Pappteller, Strohhalme und Knöpfe. Zusammengeklebt zu wandfüllenden weißen Wolkenlandschaften oder meterhohen Molekül-Strukturen. Gelbliche Kunststofffolien – in einer Vitrine wie hängende Buchseiten so aufgeblättert, dass man durch sie hindurch sehen kann ins Rheintal.
"Sie sind, wie sie sehen, in der Länge wie viele verschiedene Tunnel durchsichtig und wirken wie ein riesiges Kaleidoskop. Das heißt der Blick hinaus aus unserem Haus hinaus in die Rheinlandschaft wird unendlich oft durchbrochen durch die Widerspiegelungen. Und wir haben in der Blickrichtung hinten auch eine Skulptur von Hans Arp gestellt, die genauso mit den Durchblicken funktioniert und wo das Durchschauen durch die Skulptur und das Einbeziehen der Landschaft auch wichtig ist. Wir versuchen immer, hier auch die Beziehungen zu unseren Haus-Patronen Arp und Taeuber-Arp herzustellen."
Die Künstlerin, die aus Alltagsdingen und Abfall monumentale Kunstlandschaften herstellt, heißt Tara Donovan.
"Eine amerikanische Bildhauerin - auch das belegt das Renommee und das Standing, dass das Haus in den vergangenen Jahren erreicht hat - die wir zum ersten Mal in Europa zeigen. In Amerika ist sie schon ein Star. Sie hat dort schon im Metropolitan-Museum Ausstellungen gehabt oder im ICA in Boston. Also große, wichtige amerikanische Ausstellungsinstitutionen. Und wir haben sie eingeladen, hier ihre wunderbaren, poetischen Arbeiten aus Alltagsmaterialien zu zeigen."
Mit dem Schiff zum Museum
Auch im nächsten Jahr wird das Arp-Museum wieder eine Deutschland-Premiere bieten. Ernesto Neto nämlich:
"Ein brasilianischer Weltstarkünstler, der beispielsweise sein Land schon vor Jahren auf der Biennale vertreten hat. Und der als erster Künstler von uns eingeladen wurde, den gesamten Neubau zu bespielen. Und das ist jemand, der hervorragend für Arp geeignet ist, weil er selber sagt, dass seine Kunst da anfängt, wo Hans Arps Kunst aufhört. Das Besondere an Netos Kunst ist, dass er den eigenen Körper zum Erlebnisraum macht."
Netos raumfüllende Nylon-Spinnennetze oder Tüll-Höhlen können nicht nur angefasst und beklettert werden. Einige riechen auch. Doch nicht erst die Ausstellungen im Arp-Museum werden zum multi-dimensionalen Erlebnis. Für Kulturstaatssekretär Walter Schumacher ist schon die Lage des Museums Garant dafür, dass seine einstige schwierige Kulturbaustelle heute von vielen als ein besonders schöner Museumsort erlebt wird:
"Der schönste Museumsort in Rheinland-Pfalz, Deutschland, Europa? Boah - es ist jedenfalls das einzige Museum, das sie mit dem Schiff erreichen können. Sie können direkt dort anlegen. Das einzige Museum, das einen eigenen Bahnhof hat. Und einfach in der Mischung der Architektur des 20. Jahrhunderts durch Richard Meyer und dem Bahnhofsbau des 19. Jahrhunderts etwas, dass es nicht so oft gibt."
Die Attacken der Landtagsopposition gegen das Arp-Museum gibt es längst nicht mehr. Der Fehlstart ist vergessen. Aus der schwergängigen Kulturbaustelle in Rheinland-Pfalz ist eine leichtfüßige Erfolgsgeschichte geworden.
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