Ex-Kulturstaatsminister Naumann lobt Schutzschirm für Suhrkamp

28.05.2013
Der Publizist und ehemalige Kulturstaatsminister Michael Naumann hält das von Suhrkamp beantragte Schutzschirmverfahren für den richtigen Weg zur Stabilisierung des Verlags. Das Verfahren werde die Konsequenz der von Minderheitsgesellschafter Hans Barlach geführten Prozesse gegen die Geschäftsführung sichtbar machen, sagte Naumann am Dienstag.
Barlach habe darauf bestanden und gerichtlich durchgesetzt, dass ihm Sondergewinne in Höhe von gut zwei Millionen Euro ausgezahlt werden. Das bedeute, dass die entsprechenden Summen auch an den Mehrheitsbesitzer, die Familienstiftung des Suhrkamp Verlags, ausgezahlt werden müssten. Dies führe aber zu einem "massiven Liquiditätsengpass", so Naumann: "Um eine solche Insolvenz zu vermeiden, ist dieses Schutzschirmverfahren notwendig geworden, und das wird dafür sorgen, dass dieses Geld erst einmal in der Kasse des Verlages bleibt."

Nach Erwartung Naumanns werden zudem unabhängige Gutachter den Wert Suhrkamps auf etwa 20 Millionen Euro festlegen – und damit die von Barlach genannte Zahl von 80 Millionen Euro genauso wenig bestätigen wie den erhofften Kaufpreis für die Anteile des Minderheitsgesellschafters: "Das wird ihn möglicherweise in die Realität zurückführen", sagte Naumann. "Seine Vorstellung, in ein Haus eingestiegen zu sein, um dort Gewinne zu ziehen, ist meines Erachtens abenteuerlich gewesen." Dies sei nicht die "Grundattitüde", die ein Verleger haben sollte. Das Verlagswesen sei "keine profitable Angelegenheit".

Für die Verlagsarbeit und die Autoren von Suhrkamp birgt das Schutzschirmverfahren aus Sicht Naumanns keine Risiken. Vielmehr liege das "zentrale Risiko" darin, dass "Herr Barlach Fremdfinanzierer hat, die für ihn plötzlich sagen: Nein, das machen wir nun nicht mehr mit, denn das ist ein (…) Prozess-Fass ohne Boden gewissermaßen", sagte der Publizist.

Das vollständige Gespräch können Sie mindestens bis zum 28.10.2013 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören. MP3-Audio

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