"Exit Strategy" von Drangsal

Wenn der Bube zum Biest wird

09:43 Minuten
Studioporträt von Drangsal. Er trägt ein schwarzes Federboa-Kostüm auf dem nackten Oberkörper vor violettem Hintergrund.
Drangsal lässt sich auf dem Album "Exit Strategy" in keine Schublade packen und reflektiert dort Identitätsfragen. © Max vom Hofe
Max Gruber im Gespräch mit Andreas Müller |
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Schräg, poppig, punkig - trifft alles auf den Musiker Drangsal alias Max Gruber zu. Auch mit dem Wort "Schlager" hat er kein Problem. Nur "Künstler" mag er nicht genannt werden. Sein neues Album ist eine Auseinandersetzung mit Liebe und Identität.
Die Kritiker sind des Lobes voll über das neue Album von Drangsal alias Max Gruber: "Exit Strategy" sei eines der größten Popalben, und der Sänger selbst werde einmal mehr seinem Ruf gerecht, als Künstler ein Unikat zu sein. Etwa wenn er in seinen Songs "die Schnürung seines inneren Korsetts löst", wie etwa "Musikexpress" schreibt.
Der 28-Jährige, aus dessen Songs New Wave-, Post-Punk- und Indie-Pop-Einflüsse herauszuhören sind, muss darüber schmunzeln, bedankt sich für die Komplimente und sagt: "Ich mag den Begriff Künstler nicht, weil der immer die Konnotation mit sich bringt, dass man was auf sich hält." Er bevorzuge die Bezeichnung "Musiker, Sänger und Buchhalter von Drangsal".

Liebe, Schönheit und Identität

Danach gefragt, was es mit dem Titel "Exit Strategy" auf sich habe, sagt Drangsal: "Ich habe mir gar nichts dabei gedacht. Ich merke jetzt, dass die Saat für so manchen Zweifel schon während des Schreibprozesses gesät wurde, anscheinend. Was sich in der Pandemie in mir manifestiert hat, kann man aus dieser Platte alles herauslesen. Das ist die Flucht vor mir selber."
Die Songs kreisen um Liebe, Schönheit und Identitätsfragen, die Texte in Liedern wie "Ich bin nicht so schön wie du" oder "Urlaub von mir" spiegeln das explizit. In "Mädchen sind die schönsten Jungs" singt Drangsal etwa: "Bist weder dies noch jenes / was interessieren mich deine Gene?"
Dass der Musiker sich intensiv mit seinem Innenleben beschäftigt, belegt auch das Albumcover: Drangsal blickt in einen Spiegel – und zurück blickt eine blutverschmierte Teufelsfratze. Im ersten Song des Albums lautet eine Textzeile "So wurde aus dem Bub ein Biest". Das habe ihn schließlich zu dem Coverbild inspiriert.
Als eine Schreibblockade drohte, weil ihm keine gute Fortführung einer Liedstrophe einfiel, habe Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow kollegiale Hilfe geleistet und ihm einen Zettel mit vielen guten Vorschlägen gereicht, und das habe geholfen.
Einiger seiner Songs erinnern auch an klassische Schlager – was Drangsal jedoch keineswegs als Abwertung begreift, im Gegenteil. "Ich wurde schon Neoschlager genannt, und das finde ich okay." Es störe ihn, dass "Schlager" meistens so negativ besetzt sei. "Ich finde das nämlich ganz wundervoll, in einer Welt, die ständig komplexer, grauer und umfangreicher wird, Musik zu machen, die bunt und kurzweilig und intensiv ist – wie ein Kaugummi." (mkn)
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