Exklusiv, integrativ, inklusiv

Von Julia Kaiser |
In der schulischen Ausbildung Behinderter steht Deutschland international gesehen schlecht da. Das muss sich ändern, und zwar schnell. Eine Konvention der Vereinten Nationen setzt Deutschland zumindest moralisch unter Druck.
Im März dieses Jahres trat in Deutschland die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen in Kraft. Diese Regelung garantiert allen Schülern mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung das Recht, zusammen mit gesunden Gleichaltrigen unterrichtet zu werden. Die Konvention stellt die bisherige Schulregelung infrage. Denn international bildet Deutschland mit seinem besonderen Schulsystem das Schlusslicht in der Integration von Behinderten.

Hierzulande haben laut der deutschen UNESCO-Kommission 500.000 Kinder sogenannten sonderpädagogischen Förderbedarf. Für 85 Prozent dieser Kinder bedeutet das: Förderschule. Und die erweist sich häufig als Sackgasse für ihre weitere Entwicklung: Die Abgänger erhalten keinen qualifizierenden Schulabschluss und eine langfristige gesellschaftliche Teilhabe wird ihnen wesentlich erschwert.

"Aussonderung" an eine Förderschule ist aber das genaue Gegenteil von dem, was die Behindertenrechtskonvention festlegt. Artikel 24 beinhaltet den Begriff "inclusive education". In der deutschen Fassung ist das mit "integratives Bildungssystem" übersetzt. Doch eigentlich geht der Begriff noch viel weiter.

Denn Integration bedeutet zwar gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung, trotzdem wird zwischen beiden noch unterschieden. Das Konzept der Inklusion geht jedoch davon aus, dass sowieso alle Kinder verschieden sind. Jeder Schüler kann und darf jederzeit, ständig oder auch nur vorübergehend, und aus unterschiedlichen Gründen Schwierigkeiten beim Lernen haben.

Einige Bundesländer haben bereits reagiert. Bremen plant, alle Förderschulen für Lern- und Sprachbehinderte abzuschaffen. Schleswig Holstein will die Zahl der Sonderschüler, die eine Regelschule besuchen, verdoppeln. Dies sind aber Bundesländer, die ohnehin bereits eine Integrationsquote von über 30 Prozent aufweisen.

Niedersachsen und Sachsen-Anhalt liegen mit etwa fünf Prozent weit hinten. Und die deutschen PISA-Gewinner Bayern und Sachsen befürworten weiterhin die separate Schulform.