Nachrüstung auf Kosten des Steuerzahlers?
Müssen Steuerzahler für die Diesel-Nachrüstungen aufkommen? Das behauptet zumindest eine Expertengruppe der Bundesregierung. Als Grund wird genannt, der Autohersteller selbst könne juristisch nicht dazu verpflichtet werden. Doch diese Behauptung ist umstritten.
Wer soll die technische Nachrüstung von Diesel-PKW bezahlen? Wenn es nach der Auffassung einer Expertengruppe der Bundesregierung geht, könnte die Rechnung beim Steuerzahler landen. Bayrischer Rundfunk und "Süddeutsche Zeitung" hatten zuerst über einen Berichtsentwurf der sogenannten Expertengruppe 1 berichtet, die nach dem Diesel-Gipfel gegründet wurde. Eine der Kernaussagen darin:
"Bei Vermeidung von Fahrverboten kann das Ziel eines möglichst großen Anteils nachgerüsteter Fahrzeuge wesentlich dadurch verfolgt werden, dass die Kosten für die Nachrüstung durch eine externe Förderung abgedeckt werden. Eine solche Förderung könnte sich neben öffentlichen Mitteln auch aus finanziellen Beiträgen der Automobilhersteller speisen."
Das heißt konkret: Der Steuerzahler müsste aufkommen. Nach dem nationalen Diesel-Forum im August wurden insgesamt vier Expertengruppen eingerichtet. Drei haben bereits ihre Abschlussberichte vorgelegt. Politisch relevant ist die letzte Expertengruppe. Ihre noch zu fällende Entscheidung taucht im neuen Koalitionsvertrag auf, als Grundlage für eine Entscheidung der Bundesregierung.
Zu den rund 40 Teilnehmern der Expertengruppe 1 gehören Bund und Länder, Industrie- sowie Umweltverbände. Besonderen Sprengstoff liefert eine Passage auf Seite 25 ihres Entwurfs. Darin stellt die Expertengruppe fest, dass Autohersteller juristisch nicht dazu verpflichtet werden können, für die Kosten der Nachrüstungen zu haften. Denn trotz erhöhter Abgaswerte sei die Zulassung der Autos legal erfolgt.
Uneinigkeit in der Regierung
Bislang handelt es sich aber lediglich um einen Berichts-Entwurf, auf diese Position zog sich heute der Sprecher des Verkehrsministeriums zurück. "Es ist ja im Moment eine hypothetische Frage, ob ich die Hersteller dazu verpflichte, weil die Entscheidung muss ja erst mal getroffen werden."
In der Regierung herrscht offensichtlich Uneinigkeit. Denn obwohl das Umweltministerium formal Mitglied der Expertengruppe ist, zeigte sich ein Sprecher am Mittag in Berlin erstaunt darüber, dass der Steuerzahler jetzt einspringen soll:
"Weder die Ministerin noch der zuständige Staatssekretär waren über Vorentwürfe informiert. Die Position der Ministerin ist klar: Sie kann nicht sehen, dass die Autohersteller hier keine Kosten tragen, sondern ganz im Gegenteil: Die Kosten für mögliche technische Nachrüstungen an Diesel-PKW sind von den Herstellern zu tragen."
Urteil zu Diesel-Fahrverboten steht bevor
Nicht alle Teilnehmer haben sich im Entwurf dieser Auffassung der Haftungsfreiheit angeschlossen. Neben dem Land Rheinland-Pfalz haben auch die Verbraucherzentrale Bundesverband und die Deutsche Umwelthilfe ihre Zweifel an der Rechtsauffassung in einem Minderheitenvotum ausgedrückt. DUH-Chef Jürgen Resch wirft der Arbeitgruppe Intransparenz vor:
"Es ist der Hintergrund, die Automobil-Industrie, der VDA, Daimler, BMW, Volkswagen, die sind die treibenden Kräfte, die alles unternehmen, um Festlegungen für eine technische Nachrüstung, auch dass sie das dann finanzieren müssen, zu verhindern."
Zudem lehnt es die Deutsche Umwelthilfe vehement ab, Steuermittel für die Nachrüstung einzusetzen. Der Februar könnte ein entscheidender Monat in der Aufarbeitung der Diesel-Krise werden. Am 22. Februar entscheidet das Leipziger Bundesverwaltungsgericht über die Rechtmäßigkeit von Fahrverboten. Am 28. Februar will sich die Expertengruppe zur letzten und entscheidenden Sitzung im Verkehrsministerium treffen. Und die könne tumultig werden, sagte DUH-Chef Jürgen Resch heute.