Expertin: Zwei Drittel der Kindergärten sind schlecht

Die Leiterin des Münchener Staatsinstituts für Frühpädagogik, Fabienne Becker-Stoll, sieht einen deutlichen Verbesserungsbedarf bei der Qualität von deutschen Kinderbetreuungseinrichtungen. Rund zwei Drittel der Kindergartenplätze besäßen eine schlechte pädagogische Qualität, sagte Becker-Stoll im Deutschlandradio Kultur.
Zwar sei in den vergangenen ein bis zwei Jahren ein "Ruck durch die frühpädagogische Landschaft gegangen", unter anderem durch die Bildungspläne der Bundesländer. "Aber ich denke, dass wir bei weitem noch nicht da sind wo wir sein möchten, nämlich für alle Kinder gute, sehr gute Angebote zu haben." Hinsichtlich der Qualität der Betreuungseinrichtungen gebe es weiterhin starke Schwankungen. Dabei ließen sich nicht nur große Unterschiede zwischen einzelnen Bundesländern, sondern auch zwischen verschiedenen Trägern feststellen. "Das reicht von hervorragenden, bestausgestatteten Kinderkrippen bis zu welchen, wo das Hauptproblem schlecht ausgebildetes und vielleicht nicht motiviertes Personal für zu viele Kinder ist."

Becker-Stoll appellierte, in der deutschen Kinderbetreuung "nicht nur quantitativ" etwas zu verändern. Derzeit werde zwar bundesweit eine hohe Zahl an Erzieherinnen ausgebildet. Das Ziel, die Zahl der Krippenplätze bis 2013 zu verdreifachen, könne man insofern "gut schaffen". Wenn ein solcher Nachhol-Versuch in Deutschland unternommen werde, müsse man sich jedoch auch fragen: "Wollen wir nicht eine noch bessere Ausbildung auf Fachhochschul- oder Bachelor-Niveau für diese Erzieherinnen und Erzieher haben?" Zwar sorgten einige Träger inzwischen durch Selbstevaluationen für Qualitätsverbesserungen. Derartige Anstrengungen seien aber noch nicht genug.

Mit einer Qualitätsverbesserung der Kinderbetreuung erübrigt sich für Becker-Stoll auch die Frage nach einer Kindergartenpflicht. In Frankreich etwa gebe es ein sehr gutes und flächendeckendes Angebot, das von knapp 100 Prozent der Bevölkerung angenommen werde. "Wenn das Angebot da ist und die Plätze da sind und die Qualität stimmt, dann muss man da keine Pflicht einführen. Dann sind die Eltern froh und schicken ihre Kinder gerne dahin." Deutschen Eltern empfahl die Expertin für Frühpädagogik bei der Auswahl der Einrichtung auf die Größe der betreuten Gruppen zu achten. Im Falle einer Krippe etwa seien zwei pädagogische Fachkräfte für zehn Kinder "ideal". Zudem müssten die Rahmenbedingungen stimmen. "Das heißt: noch weitere Zusatzkräfte, die auch diesen pädagogischen Fachkräften den Rücken frei halten, damit die mit den Kindern wirklich pädagogisch sinnvolle Arbeit machen können."