Explosives Trinkwasser
Unlängst warnte "Der Spiegel": "Gasbohrungen machen Trinkwasser explosiv". Müssen wir etwa damit rechnen, dass uns demnächst nicht die Gasleitung, sondern der Duschkopf um die Ohren fliegt?
Ernüchternd" seien die Ergebnisse, meldete kürzlich der Spiegel. Neue Bohrtechniken, um Erdgas zu fördern, würden unser Trinkwasser verseuchen. Diese Bohrtechniken, Fracking genannt, erlauben es, Methan aus dem bisher kaum genutzten Tonschiefer zu fördern. Überall auf der Welt lagern darin gigantische Mengen, die allerdings in kleinen Gasblasen verteilt sind und deshalb bisher nicht wirtschaftlich gefördert werden konnten. Methan gilt als umweltfreundliche Energiequelle.
Um dieses Erdgas zu gewinnen, wird das Gestein angebohrt und dann in der Tiefe unter hohem Druck mit Wasser aufgebrochen. Durch die Risse im Fels diffundiert das Gas in die Bohrung. Um den Prozess zu optimieren, werden dem Wasser spezielle Chemiecocktails zugesetzt – wie Rostschutzmittel für die Pumpen oder auch feiner Sand, damit sich die Risse im Fels nicht mehr schließen können, wenn der Druck wieder nachlässt. Hier wird gerne Sand verwendet, der von Natur aus radioaktiv ist, so kann man seine Verteilung im Fels leichter messen. Da ist es nur verständlich, dass viele Menschen verstört reagieren. Verschiedentlich wurden in Deutschland bereits Bürgerinitiativen gegründet.
Wenn wir diesen Prozess einmal unabhängig von Fragen der Energieversorgung betrachten, ist ein wichtiges Grundnahrungsmittel des Menschen betroffen: Unser Trinkwasser. Beim Fracking werden die Chemikalien direkt in den Untergrund verpresst, wo ein erheblicher Teil verbleiben wird. Der Öffentlichkeit gegenüber nennen die Energiekonzerne möglichst nur Substanzen, die wir aus der Küche kennen, wie Zitronensäure oder Kochsalz. Oder Zusätze aus Kosmetika und Putzmitteln, wie Isopropanol zum Fensterreinigen oder Petroleumdestillate in Make-up-Entfernern und Grillanzündern.
Nun ist der Untergrund kein schadstofffreier Ort, der nun verunreinigt wird – viele Gifte wie Schwer-metalle, Radionuklide, giftige Salze werden aus der Tiefe gefördert. Die Welt zu unseren Füßen ist vielschichtig und voller Überraschungen. Da gibt es Schichten mit Wasser, das sich für den Menschen als Trinkwasser eignet, andere, die Öl oder Kohle enthalten. Wieder andere liefern uns seltene Erden, mit denen wir Windkraftturbinen bauen. Bei deren Förderung wird die Umwelt massiv verschmutzt. Was jeweils die bessere Lösung ist, erfordert von Fall zu Fall eine sorgfältige Güterabwägung.
In einem dicht besiedelten Land wie Deutschland ist es zwingend erforderlich, dass man weiß, welche Substanzen beim Fracking verwendet werden. Bei Pestiziden prüft man ja auch, ob sie vom Acker bis ins Grundwasser gelangen können. Doch bei der Förderung von Erdgas sind die fraglichen Stoffe in vielen Fällen nicht einmal den Behörden bekannt. Das schürt zwangsläufig das Misstrauen – auch dann, wenn die Stoffe weit unterhalb der Trinkwasser führenden Schichten eingesetzt werden.
Das eigentliche Problem ist ja weniger eine Verunreinigung der Tiefe sondern die Verschmutzungen an der Oberfläche: zum Beispiel durch gebrauchte Bohrflüssigkeit. Die Datenlage ist erschreckend dürftig. Der einzige Hinweis kommt von der amerikanischen Umweltbehörde EPA. Die fand prompt im Wasser erhöhte Gehalte von Stoffen, die vom Fracking stammen könnten. Doch wo die wirklich herkommen, vermag auch die Behörde nicht zu sagen. Wir dürfen auf Überraschungen gefasst sein.
Eine solche bewegt gerade die Fachwelt: Eine aktuelle Studie ergab, dass beim Fracking deutlich mehr Methan ins Trinkwasser gelangt als sonst. Methan ist ungiftig, man kann das Wasser trinken. Leider ist es in höherer Konzentration explosiv. Wenn es in die Wasserversorgung eindringt, dann könnte das ganze Haus in die Luft fliegen. Dies ist in den USA tatsächlich schon passiert. Mahlzeit!
Literatur:
- Spiegel-online: Gasbohrungen machen Trinkwasser explosiv. 10. 5. 2011
- Osborne SG et al: Methane contamination of drinking water assompanying gas-well drilling and hy-draulic fracturing. PNAS 2011; 108: 8172-8176
- EPA: Hydraulic fracturing research study. EPA/600/F-10/002, Juni 2010
- Ohio Department of Natural Resources: Report on the investigation of natural gas invasion of aquifers in Bainbridge Township of Geauga County, Ohio. Sept. 2008
- Fischetti M: The drillers are coming. Scientific American 2010; July: 82-85
- Rahm D: Regulating hydraulic fracturing in shale gas plays: The case of Texas. Energy Policy 2011; 39: 2974-2981
Um dieses Erdgas zu gewinnen, wird das Gestein angebohrt und dann in der Tiefe unter hohem Druck mit Wasser aufgebrochen. Durch die Risse im Fels diffundiert das Gas in die Bohrung. Um den Prozess zu optimieren, werden dem Wasser spezielle Chemiecocktails zugesetzt – wie Rostschutzmittel für die Pumpen oder auch feiner Sand, damit sich die Risse im Fels nicht mehr schließen können, wenn der Druck wieder nachlässt. Hier wird gerne Sand verwendet, der von Natur aus radioaktiv ist, so kann man seine Verteilung im Fels leichter messen. Da ist es nur verständlich, dass viele Menschen verstört reagieren. Verschiedentlich wurden in Deutschland bereits Bürgerinitiativen gegründet.
Wenn wir diesen Prozess einmal unabhängig von Fragen der Energieversorgung betrachten, ist ein wichtiges Grundnahrungsmittel des Menschen betroffen: Unser Trinkwasser. Beim Fracking werden die Chemikalien direkt in den Untergrund verpresst, wo ein erheblicher Teil verbleiben wird. Der Öffentlichkeit gegenüber nennen die Energiekonzerne möglichst nur Substanzen, die wir aus der Küche kennen, wie Zitronensäure oder Kochsalz. Oder Zusätze aus Kosmetika und Putzmitteln, wie Isopropanol zum Fensterreinigen oder Petroleumdestillate in Make-up-Entfernern und Grillanzündern.
Nun ist der Untergrund kein schadstofffreier Ort, der nun verunreinigt wird – viele Gifte wie Schwer-metalle, Radionuklide, giftige Salze werden aus der Tiefe gefördert. Die Welt zu unseren Füßen ist vielschichtig und voller Überraschungen. Da gibt es Schichten mit Wasser, das sich für den Menschen als Trinkwasser eignet, andere, die Öl oder Kohle enthalten. Wieder andere liefern uns seltene Erden, mit denen wir Windkraftturbinen bauen. Bei deren Förderung wird die Umwelt massiv verschmutzt. Was jeweils die bessere Lösung ist, erfordert von Fall zu Fall eine sorgfältige Güterabwägung.
In einem dicht besiedelten Land wie Deutschland ist es zwingend erforderlich, dass man weiß, welche Substanzen beim Fracking verwendet werden. Bei Pestiziden prüft man ja auch, ob sie vom Acker bis ins Grundwasser gelangen können. Doch bei der Förderung von Erdgas sind die fraglichen Stoffe in vielen Fällen nicht einmal den Behörden bekannt. Das schürt zwangsläufig das Misstrauen – auch dann, wenn die Stoffe weit unterhalb der Trinkwasser führenden Schichten eingesetzt werden.
Das eigentliche Problem ist ja weniger eine Verunreinigung der Tiefe sondern die Verschmutzungen an der Oberfläche: zum Beispiel durch gebrauchte Bohrflüssigkeit. Die Datenlage ist erschreckend dürftig. Der einzige Hinweis kommt von der amerikanischen Umweltbehörde EPA. Die fand prompt im Wasser erhöhte Gehalte von Stoffen, die vom Fracking stammen könnten. Doch wo die wirklich herkommen, vermag auch die Behörde nicht zu sagen. Wir dürfen auf Überraschungen gefasst sein.
Eine solche bewegt gerade die Fachwelt: Eine aktuelle Studie ergab, dass beim Fracking deutlich mehr Methan ins Trinkwasser gelangt als sonst. Methan ist ungiftig, man kann das Wasser trinken. Leider ist es in höherer Konzentration explosiv. Wenn es in die Wasserversorgung eindringt, dann könnte das ganze Haus in die Luft fliegen. Dies ist in den USA tatsächlich schon passiert. Mahlzeit!
Literatur:
- Spiegel-online: Gasbohrungen machen Trinkwasser explosiv. 10. 5. 2011
- Osborne SG et al: Methane contamination of drinking water assompanying gas-well drilling and hy-draulic fracturing. PNAS 2011; 108: 8172-8176
- EPA: Hydraulic fracturing research study. EPA/600/F-10/002, Juni 2010
- Ohio Department of Natural Resources: Report on the investigation of natural gas invasion of aquifers in Bainbridge Township of Geauga County, Ohio. Sept. 2008
- Fischetti M: The drillers are coming. Scientific American 2010; July: 82-85
- Rahm D: Regulating hydraulic fracturing in shale gas plays: The case of Texas. Energy Policy 2011; 39: 2974-2981