Der Tod fliegt mit
Lauterbrunnental in der Schweiz ist das Mekka der Basejumper. Aus 700 Metern Höhe stürzen sich die Sportler in die Tiefe. Jedes Jahr gibt es Todesfälle - und Diskussionen darüber, die Sprünge verbieten.
Simon: "Das Basejumpen ist einfach das Ultimative. Für mich ist das das Gefühl vom Fliegen, weil man fliegt mit dem Körper und das ist niemals mit was anderem vergleichbar für mich."
Simon, 23 Jahre, schlank, in Jeans und weißem T-Shirt, holt seinen hellgrünen Fluganzug und seinen ordentlich zusammengefalteten Fallschirm aus dem Rucksack.
Der Blick ins Tal lässt einen schwindlig werden, 700 Meter geht es senkrecht in die Tiefe. Die Häuser haben von hier aus gesehen nicht einmal mehr Spielzeuggröße. Damit die Basejumper besser vom Fels wegkommen, gibt es hier an dieser Stelle eine schmale Absprungrampe. Vielleicht drei Meter lang, keinen halben Meter breit, an den Seiten kein Geländer, am Ende zwei Pfosten zum Festhalten.
Simon: "Hier auf der Rampe hier bin ich immer noch ein bisschen nervös, andere Sprünge, die vom Boden weggehen, habe ich weniger Probleme, aber ich hab nicht so gerne, hier das ausgesetzt sein. Das erste Mal ist hart. Das erste Mal, da bist schon nervös, aber nachher merkst es ja, es geht. Und dann ist immer besser und besser. Dann ist's irgendwann ok, dann ist nicht mehr ein Problem."
72 Wasserfälle gibt es im Lauterbrunnental, in der Mitte fließt die Lütschine, Wasserrauschen ist allgegenwärtig. Das Wahrzeichen des Tales ist der Staubbachfall, am Ortsrand von Lauterbrunnen. Rund 300 Meter stürzt das Wasser hier in die Tiefe, weiße Gischt wird vom Wind in Wirbeln immer wieder nach oben getragen. Von diesem Anblick ließ sich 1779 Goethe auf seiner zweiten Schweizreise inspirieren, zum "Gesang der Geister über den Wassern":
Des Menschen Seele
Gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es,
Zum Himmel steigt es,
Und wieder nieder
Zur Erde muß es,
Ewig wechselnd.
Gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es,
Zum Himmel steigt es,
Und wieder nieder
Zur Erde muß es,
Ewig wechselnd.
Mekka der Basejumpszene
Dass gerade das Lauterbrunnental zum weltweit bekannten Mekka der Basejumpszene wurde hat verschiedene Gründe: In dem U-förmigen Tal ragen die Felswände senkrecht in die Höhe, ideal für den freien Flug, bei dem erst kurz vor der Landung der Fallschirm gezogen wird. Die Absprungstellen sind leicht zu erreichen, mit Bergbahnen und kurzen Wanderungen. Und: Das Springen ist hier nicht verboten, auch wenn nach Unfällen immer wieder darüber diskutiert wird. Basejumpen ist gefährlich: Jedes Jahr verunglücken hier im Tal drei, vier oder fünf Menschen tödlich.
Peter Wälchli: "Ich finde es immer wieder schade, wenn man ohne eigentlich zu wissen, um was es geht, und man gar nicht weiß, was das für Menschen sind, wenn die vorverurteilt werden oder als Verrückte abgetan werden."
Sagt Peter Wälchli, 55. In seinen sieben Jahren als Gemeindepräsident erlebte er, wie immer mehr Basejumper in das Tal kamen. Er nimmt sie in Schutz:
"Die Basejumper sind Gäste, wie alle anderen auch, das sind Sportler, die fallen nicht negativ auf mit Drogen, das sind nicht junge Wilde mit Rastalocken, sondern das sind Leute wie Sie und ich, das sind Leute, die das sehr professionell betreiben und sich der Risiken ganz klar bewusst sind."
Schräg gegenüber von der Gemeindeverwaltung liegt das Tourismusbüro, der Leiter, Tom Durrer sagt, dass 90 Prozent der Menschen im Tal hinter den Basejumpern stünden:
"Wir sind froh, dass die Basejumper hier sind, aber Tourismus würde auch ohne Basejumper überleben. Was die Leute uns vorwerfen: Ihr seid nur für das Basejumpen , weil ihr sonst nicht überleben könnt. Es macht etwa die Logisnächte, das macht zwei bis drei Prozent aus von unseren Totallogisnächten, das ist natürlich ein kleiner Teil. Was ist, wir hatten jetzt schon Musikvideos, die mit Basejump kombiniert gefilmt worden waren, es sind diverse Dokus, die hier gedreht worden sind, Szenen von einem Kinofilm, das gibt natürlich schon Werbung für das Tal, das ist natürlich schon so."
Das Tourismusbüro ist eine wichtige Anlaufstelle für die Basejumper. Hier können sie eine spezielle Haftpflichtversicherung lösen und eine "Landekarte" kaufen, für 25 Franken, initiiert von der Swiss Base Association, der Schweizer Vereinigung der Basejumper. Mit dem Erlös, jährlich etwa 10.000 Franken, werden die Bauern dafür entschädigt, dass die Springer ihre Wiesen zertrampeln. Die Bauern im Tal sind mit dieser Lösung einverstanden. Alle, bis auf einen. Er möchte keine Unfälle mehr auf seinen Feldern erleben.
Neben dem Tourismusbüro ist ein kleiner Molkerei-Laden. Davor verkauft Elsa Heiniger immer freitags Blumen. Sie kann sich noch gut erinnern, wie in den 90er-Jahren die ersten Springer ins Tal kamen, zum Staubbachfall.
Elsa Heiniger: "Das war der beliebteste Ort, wo sie abgesprungen sind, dort hatte es eigentlich die ersten Todesfälle gegeben, die uns im Dorf und persönlich sehr unter die Haut gingen, und dann wurde glücklicherweise diese Absprungstelle gesperrt, was eine sehr große emotionale moralische Erleichterung für die ganze Dorfgemeinschaft brachte. Mit ein bisschen Abstand zu den Absprungstellen ist es eigentlich schon zu akzeptieren."
Schreie - vom Absprung bis zum Aufprall
Im Laufe der Jahre hat sie schon viele Basejumper abstürzen sehen.
Elsa Heiniger: "Wir hatten auch einen sehr guten Kollegen verloren aus dem Bekanntenkreis von meinem Bruder, der ist am Staubbach tödlich verunglückt, und der hat es sofort realisiert, dass der Sprung einfach ins Nichts enden wird, und wenn du den hörst schreien von oben, bis unten zum Aufprall, das willst du einfach einmal erleben und nie mehr. Das war sehr schlimm, einschneidend für mein Leben. Aber das ist vorbei, wie alles vorbei geht. Wer das Leben liebt, muss auf Wechsel gefasst sein, man muss nicht alles goutieren, gutheißen, man kann auch Geschichten in Frage stellen, aber den Einzelnen muss man mit seiner Leidenschaft und seiner Passion schon leben lassen."
So wie sie sprechen viele im Tal. Jeder ist für sich selbst verantwortlich, für sein Leben und das Risiko, das er eingeht, solange nicht andere zu Schaden kommen. Eine junge Österreicherin war Basejump-Pionierin im Tal. Sie setzte sich dafür ein, dass vom Staubbachfall nicht mehr gesprungen wird. Sie war auch eine der ersten, die die neu aufkommenden Wingsuit-Anzüge ausprobierte, bei denen die Flieger, wenn sie die Arme ausbreiten, an Fledermäuse oder Flughörnchen erinnern.
Elsa Heiniger: "Und die war dann eine von den ersten jungen Frauen, die mit den ersten Wingsuts tragischerweise im Kandertal verunglückt ist, tödlich, also die, die haben wir vermisst. Das war dann eigentlich auch der Ausschlag, dass wir uns niemals mehr befreundet haben mit jemanden, sind so herzensgute Leute, wissen Sie, und dann stellt man sich natürlich schon Fragen, warum das ausgerechnet so ein Extremsport ist, und auf der anderen Seite wissen wir auch alle, dass Krebs die Todesursache Nummer eins und im Verhältnis zu den wahnsinnig vielen Sprüngen, die gemacht werden, haben wir doch wenig Todesfälle."
Landung auf dem Hochsilo
Wenn man die Basejumper sehen will, wie sie springen und fliegen, muss man ein bisschen raus aus dem Ort, weiter rein ins Tal. Auf der rechten Seite liegt das Bauernhaus der Familie von Allmen. Direkt hinter dem Haus gehen die Felswände hunderte Meter hoch. Bei gutem Wetter landen die Basejumper zu dutzenden auf den Wiesen rund um den Hof. Einer landete auch schon auf dem Hochsilo. Die Bauersfamilie stört das nicht:
Andreas von Allmen: "Ich bin hier großgeworden und für mich ist das nichts spezielles, wenn da einer über den Fels rausspringt."
Denise von Allmen: "Ich finde es gut, absolut gut, für den Tourismus, die Region, ich finde es toll, die Leute sind ganz locker, sind andere Menschen. Ich habe immer das Gefühl, die Menschen sind mit ihrem Leben in Einklang, was vielen fehlt, ja."
Adolf von Allmen: "Ich muss jetzt sagen, ich hab schon x zu Tode stürzen sehen, aber das berührt mich nicht. Wenn ich sehe, wie die mit dieser Gefahr umgehen, wie die mit dem Tod umgehen. Zum Beispiel: Da kommen drei Kollegen, am Morgen springen sie, der eine stirbt, die anderen zwei, die springen nachmittags wieder, muss ich denn da für diesen Toten viele Gefühle investieren, wenn die anderen nicht mehr investieren? Die leben ganz anders, das ist vielleicht nicht begreiflich, aber die haben eine andere Lebensphilosophie!"
Noch weiter hinten im Tal ist eine der Bergbahnen, mit der man zu den Absprungstellen gelangt.
Walter, Mitte 50, ein Jurist aus München, ist mit seiner Tochter Katja auf dem Weg nach oben, er will mit der 24-Jährigen einen Klettersteig gehen bis zu einer Absprungstelle.
Walter: "Der wesentliche Anreiz für mich ist, dass man sich hier außerhalb der Versicherungs- und Schuldzuweisungsgesellschaft befindet. Wenn hier Leute springen, dann übernehmen sie Verantwortung für ihr eigenes Handeln und Leben, und sie können diese Verantwortung nicht abschieben auf irgendeine Institution oder einen dritten, und was ich momentan bei uns sehe, dass es immer jemand gibt, der Risiken übernehmen muss, der diese Risiken für andere trägt, niemand trägt mehr eigene Risiken."
Keine Hasardeure, sondern Sportler mit Erfahrung
Basejumper, weltweit gibt es vielleicht 3000 bis 4000, sind in der Regel keine Hasardeure, sondern Sportler mit Erfahrung, die ihren Risikobereich schrittweise erweitern, die Grenzen immer weiter verschieben. Walter war 20 Jahre Fallschirmspringer, bevor er vor zehn Jahren mit dem Basejumpen begann. Auch sein Sohn und seine Tochter springen, sie aber nur aus dem Flugzeug.
Tochter: "Ich habe lieber größere Höhen zwischen mir und dem Boden, das ist meine Sicherheitszone, in der ich mich wohl fühle. Deswegen bleibe ich beim Flugzeug und kletter hier nur mit und seh mir das Ganze aus sicherer Entfernung an und geh dann wieder runter."
Vater: "Die große Gefahr ist, dass man gegen eine der Felswände stößt, und wenn ich aus dem Flieger springe, dann hab ich nichts um mich herum, außer den Boden, der 4000 Meter tief ist. Und ich öffne meine Fallschirm beim Sprung aus dem Flugzeug in etwa 1000 Meter Höhe, ich habe einen Reservefallschirm dabei, ich kann also Störungen beseitigen, ich habe eine zweite Chance. Diese zweite Chance fehlt hier, ich muss die Störungen selbst beseitigen, in kürzester Zeit."
"High ultimate" - Absprung in 700 Meter Tiefe
Die meisten Basejumper gehen nicht wie Walter und seine Tochter den Klettersteig, sondern springen links davon, näher am Ort, am exit "high ultimate". Ein einfacher Bretterzaun soll Schaulustigen signalisieren: Achtung, wer hier ausrutscht, hat verloren. Vor dem Zaun ist Platz, um sich umzuziehen. Viele haben Kameras auf den Helmen, um ihre Sprünge zu filmen.
James, ein Computerfachmann aus San Diego, kommt schon das dritte Jahr. In den USA ist das Springen, wie er sagt, gerade an den interessanten Stellen verboten, etwa in den Nationalparks.
Am Eingang zur Absprungstelle ist ein kleiner wasserdichter Kasten mit einem Funktelefon, jeder Sprung sollte bei der Hubschrauberbasis im Tal angemeldet werden, damit es nicht zu Kollisionen kommt, etwa bei Rettungseinsätzen oder Rundflügen.
Manche springen kurz hintereinander, drehen sich in der Luft, bevor sie aus dem Blickfeld verschwinden. Andere gehen langsam nach vorne, stehen an der Kante, warten, springen. Wenn ein Sprung schiefgeht, ist Bruno Durrer als Notarzt meist als erster vor Ort. Seine Wohnung hat er in Lauterbrunnen über der Praxis, er ist 24 Stunden einsatzbereit, als Bergretter, oft auch mit dem Hubschrauber unterwegs.
Leben mit dem Tod
Bruno Durrer: "Wir haben Bergunfälle, wenn man die Chroniken anschaut, seit der Erstbegehung der Jungfrau, 1811, haben wir Bergunfälle mit Toten gehabt hier in unserer Region, also unsere Bevölkerung, die lebt damit, dass man halt Unfälle haben kann, es gibt Lawinenunfälle im Winter, es gibt tödliche Skiunfälle auch, es gibt tödliche Gleitschirmunfälle, Riverraftingunfälle, unsere Bevölkerung ist an und für sich gewohnt, mit einem weltweiten Tourismus und mit Abenteuersportarten umzugehen."
Wenn nach Basejump-Unfällen in Medien darüber diskutiert wird, diesen Sport im Tal zu verbieten, ist Bruno Durrer dagegen.
Bruno Durrer: "Wir verfolgen hier die Szene seit 1994, da haben wir den ersten tödlichen Unfall gehabt, und wenn man sich die Sprungzahlen anschaut, die wir heute haben, es gibt da keine genauen Zahlen, aber man spricht da von sicher 15.000 bis nicht über 20.000 Sprüngen pro Jahr, dann haben wir die gute Message, die gute Nachricht ist, dass trotz zunehmender Sprungzahlen, die Unfallzahl nicht proportional zugenommen hat. Und wenn wir das vergleichen mit den Bergtoten, die wir auch haben, wir haben mehr Bergtote in unserer Region, als Basejumptote."
Fliegende Michelinmännchen
Simon ist inzwischen in seinen Trackinganzug geschlüpft, bei dieser Art von Anzug haben Hose und Oberteil Kammern, die sich im freien Fall mit Luft füllen.
Simon: "Der tracksuit, der bläst sich dann so auf, und dann sieht er so ein bisschen aus wie so ein Michelinmännchen und das erlaubt einem mehr Vorwärtsfahrt zu kriegen, das nennt man Tracken, und gute Tracker tracken von hier bis zur Hauptstraße vor, also machen recht gut Strecke."
Simon packt sich den Fallschirm auf den Rücken, prüft die Gurte, macht sich fertig für den Sprung:
Langsam geht er auf die Rampe, beschleunigt kurz seine Schritte, springt nach vorne, breitet die Arme aus, fällt ins Nichts.
Der Sprung ins Nichts
Simon: "Der Moment vom freien Fall, der Moment, wo quasi die Erde weg ist, die ersten drei bis fünf Sekunden sind sehr speziell, weil wir nennen das die tote Luft, du bist zwar im Frei, du hast nix, aber du kannst miteinander reden, wenn du willst, also wenn du zu zweit springst, die paar Sekunden kannst du jetzt wie hier ganz normal mit einander reden, und du verstehst es auch. Und das Visuelle ist so, wenn man dem Boden näher kommt, und der groundflash ist da, es ist ein Gefühl, das kann man schlecht beschreiben, aber es ist schon ziemlich cool."
Christian von Almen: "Man muss sich grundsätzlich überlegen, mit was für Schlagzeilen will man als Feriendestination in die Presse kommen, will man das machen aufgrund der einmaligen Natur, die wir haben, oder will man das mit Schlagzeilen, die titeln Todestal und so weiter."
Wo stürzen sich die wilden Kerle zu Tode?
Es gibt nur wenige im Tal, die sich öffentlich kritisch über die Basejumper äußern. Einer von ihnen ist Christian von Almen, seine Familie lebt seit Generationen vom Tourismus. Er sitzt im Biergarten seines Ausflugslokales unter alten Kastanien und fürchtet um den Ruf des Tales:
Christian von Almen: "Es muss schon zu denken geben, wenn man nicht mehr gefragt wird, ja wo ist jetzt der Wasserfall, wo Goethe das Gedicht 'Der Gesang der Geister über den Wassern' gedichtet hat, wenn man nicht gefragt wird, hören Sie, wie heißt der Berg dort hinten, oder wo geht der Wanderweg dorthin, wo finde ich den schönsten Ort. Das tut ein bisschen weh. Wo stürzen sich die wilden Kerle zu Tode? Das ist so quasi der Grundtenor."
Auf dem Platz hoch über dem Tal macht sich auch der 46-jährige Dominik bereit, vor sieben Jahren zog er nach Lauterbrunnen, wegen des Basejumpens. Und er ist im Vorstand der Swiss Base Association verantwortlich für die Instandhaltung der Wege zu den Absprungstellen und für die Markierung der Landezonen im Tal mit Windsäcken. Die Base Association hat auch eine Liste aller Exits im Tal erstellt, mit Informationen über die Höhe und den Schwierigkeitsgrad - das soll den Sport, den viele für zu gefährlich halten, sicherer machen. Seit 2009 sind weltweit mehr als 100 Menschen beim Basejumpen tödlich verunglückt.
"Das Risiko ist minimierbar"
Dominik: "Ich mach das seit 17 Jahren, habe mir noch nie einen Knochen gebrochen. Wenn man mit Vernunft an die Sache rangeht und sich ausreichend vorbereitet, dann ist das Risiko minimierbar zu einem Level, das akzeptabel ist."
Allerdings sieht er die aktuelle Entwicklung auch kritisch: Die verbesserten Anzüge führten dazu, dass manche Springer größere Risiken eingingen, etwa beim Proximity-Fliegen mit Wingsuits, wo es darum geht, möglichst nah über Wiesen, Bäume, Felsen zu fliegen. Und immer wieder verunglücken auch Basejumper, die als hochprofessionell gelten. So wie Ueli Gegenschatz, eine der Leitfiguren des Szene. Er starb 2009, bei einem Sprung von einem Hochhaus, für eine Werbeaktion von Red Bull.
Dominik: "Ausnahmslos bei allen Fällen von diesen Akteuren, die gesponsert waren und tödlich verunglückt sind, war es im Prinzip immer zurückzuführen darauf, dass Fehlentscheidungen gemacht worden sind. Zum Beispiel in Bezug auf Ueli Gegenschatz, wenn dieser Marketingevent nicht der Anlass gewesen wäre für ihn zu springen und er hätte auf diesem Gebäude gestanden, wäre er wahrscheinlich nicht gesprungen. Das heißt, dahinter steht dann der psychische Druck, dass man zu einem gewissen Zeitpunkt einen gewissen Sprung absolvieren muss, und dann fallen manchmal die vernünftigen Entscheidungen in den Hintergrund und man übertritt seine eigenen Limite oder seine normale Entscheidungsfähigkeit und macht es nur aus diesem Grund und dann passieren diese Unfälle."
Unten an der Bergstation der Gondel stehen Touristen und Schaulustige und blicken nach oben.
"I think it's too dangerous."
"Schon ganz schön irr."
"Ich finde das faszinierend, es ist schon mutig, aber auch sehr gefährlich, das Risiko ist sehr hoch."
"Mais c'est joli à regarder."
"Die Kohle für die Beerdigung sollte man wenigstens in der Tasche haben, ja, nicht dass noch andere dafür aufkommen müssen."
"Crazy, very crazy"
"Ich glaube, wenn man so was macht, muss man ein bisschen verrückt sein, sonst geht es nicht."
"You just have one life."
"Die brauchen den Adrenalinkick."
"Schon ganz schön irr."
"Ich finde das faszinierend, es ist schon mutig, aber auch sehr gefährlich, das Risiko ist sehr hoch."
"Mais c'est joli à regarder."
"Die Kohle für die Beerdigung sollte man wenigstens in der Tasche haben, ja, nicht dass noch andere dafür aufkommen müssen."
"Crazy, very crazy"
"Ich glaube, wenn man so was macht, muss man ein bisschen verrückt sein, sonst geht es nicht."
"You just have one life."
"Die brauchen den Adrenalinkick."
Die Basejumper sind von hier aus so groß wie Streichhölzer, die durch die Luft segeln. Wenn sie nah an der Felswand entlangfliegen, kann man sie oft kaum erkennen, erst wenn sie weiter raus gleiten, sind sie gegen den Himmel leichter zu sehen. Und dann, wenn sie den Fallschirm ziehen, über der Wiese.
"Ich finde das spannend, weil sie Sport und die Schönheit der Natur alles in einem haben, und diese Auslotung von Grenzen, das ist einfach spannend und interessant zu sehen, wie das alle meistern, erfolgreich meistern."
Auch Simon ist sicher gelandet und zufrieden mit dem Flug.
Simon: "Super, war ein guter Sprung, bin weit gekommen und trotzdem noch hoch und sicher gezogen, also alles ist gut."
Er faltet nun sorgfältig seinen Fallschirm auf einem kleinen Stück Wiese neben dem Parkplatz der Seilbahn. Und macht sich wieder auf den Weg nach oben - manche springen hier bis zu 15 Mal am Tag.
Das Gefühl zu fliegen
Abends treffen sich die Basejumper im Pub des Hotel Horner, hier übernachtet die Szene, die Zimmer sind billig, Umgangssprache ist englisch.
Man kennt sich, zeigt sich neue Videos auf dem Laptop, diskutiert die Sprünge des Tages. Manche kommen nur ein paar Tage, andere für Wochen. So wie Mick aus Australien, der einen Monat bleiben will:
"I hope to do a hundred jumps, hopefully."
... und sich hundert Sprünge vorgenommen hat. Das Gefühl zu fliegen, das ist es, was er immer wieder erleben möchte. Fliegen und der Schwerkraft folgen:
"It's as close to flying, you can possibly get. And allows yourself to go with gravity, fly."
So wie alle, mit denen man spricht, glaubt er, das Risiko kontrollieren zu können. Auch wenn er schon viele Freunde verloren hat, denkt er nicht ans Aufhören. Die Erinnerungen an das Erlebte, die seien unbezahlbar und blieben bis zum Lebensende:
"Those moments are in my head as memories, they are invaluable, they last until the day i die. They are better than money on the bank. They can't be bought."
Gertsch: "Ich sag immer, wenn sie lebensmüde sind, dann nehmen sie gar keinen Schirm mit, sie öffnen den ja noch - oder?"
Galerie der Verünglückten
Am Stammtisch vor dem Hotel Horner sitzt am nächsten Morgen der Inhaber Ferdinand Gertsch, mit Blick auf den Staubbachfall. Er sagt, dort werde immer noch gesprungen, aber nur noch selten, manchmal nachts, um niemand zu stören im Dorf. Aber der Sprung gehöre nun mal dazu. Innen in der Kneipe gibt es eine Wand mit Fotos, mit Porträts von Basejumpern.
Ferdinand Gertsch: "Ich habe ein Bild aufgemacht von der ersten Frau, sie war eigentlich die Initiantin, um Geld zu sammeln für die Bauern, und da habe ich ein Bild aufgemacht von ihr, als sie noch gesprungen ist. Und sie ist dann auch gestorben und dann haben wir so symbolisch so einen Trauerrand gemacht. Und das hat irgendwie bei den Basejumpern Anklang gefunden. Ich gehe da nicht hin und sage, ich möchte ein Bild von dem, das ist alles von ihnen selber. Einige wollen das nicht. Ich kenn einen, der hat mir gesagt, ich will dann da nie hängen, auch wenn es mal passieren sollte, und andere, die kommen, die kenn ich gar nicht, ob sie da das Bild von ihrem Freund oder ihrer Freundin aufmachen dürfen. Das ist eigentlich ihr Platz, da dürfen sie entscheiden, was geht."