Exzellenz mag es nobel

Von Georg Magirius |
Eine dicke Limousine, ein prächtiges Haus und ein Flug in der ersten Klasse: In der Domstadt Limburg ärgern sich viele Menschen über Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst und seinen Lebenswandel. Wir haben uns mal umgehört, was die Kirchenbasis von dem umstrittenen Oberhirten hält.
Peter Bandur aus Beselich-Niedertiefenbach singt in Westerwälder Platt:

De Bischof voh Limbursch, waas woat sich gehhiert,
Deh wird met’em dicke Auto chauffiert.
Enn da werrn, wenn emmes maol kritisch fräht,
die dunkle Scheiwe aafach hochgedreht,
Antwurte hoht deh net wirklisch nehrisch,
die werrn voh de Kanzel eroh geprehrischt


Niedertiefenbach im Westerwald, unweit von Limburg: Peter Bandur singt sein Protestlied gegen den Bischof, das im Internet zu einem kleinen Hit geworden ist: Fast 50.000 Mal wurde es angeklickt.
Bandur hatte den Text letztes Jahr bei einem Mundartwettbewerb der "Nassauischen Neuen Presse" eingereicht. Er wurde vom Wettbewerb ausgeschlossen wegen seines, so hieß es, "sensiblen Inhalts". Es geht um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Ihm wurde vorgeworfen, First Class nach Indien geflogen zu sein – dies aber später abgeleugnet zu haben. Umstritten ist der Theologe auch wegen seines teuren neuen Bischofshauses und der dicken Limousine, in der er sich chauffieren lässt.

Jetzt singt Peter Bandur sein Lied über den Bischof auf Seniorennachmittagen oder Vereinsfesten. Im Internet finden sich viele positive Kommentare.

Peter Bandur: "Es war wohl wirklich das Thema. Es hat viele berührt, es haben sich viele damit beschäftigt. Im Moment köchelt es ja immer noch. Bei diesem Bischof Franz-Peter Tebartz van oder von Elst oder wie auch immer hat man immer das Gefühl, er schwebt so etwas über allem. Er strahlt auch ein bisschen Arroganz aus."

Peter Bandur singt:
De Bischof von Limbursch, det ess so sei Oart,
deh mäscht da "First Class" enn Himmelfoahrt,
hebt oh, flejht noh Indien, besucht kaane Kenn,
enn guckt sich da oh, wie oarm die do senn.
Enn manch aaner denkt: Deh hot‘s iwwertriewe.
Ei, wär deh doch groad mal loh ohwe gebliewe.


"Ja, aber wenn man ihn erleben würde, dann wäre er es nicht, dann wäre er natürlich, dann wäre er gar nicht eingebildet", sagt Monika Brendel aus Bad Camberg im Taunus, die im Gottesdienst Orgel spielt.

"Der große Unterschied ist halt gegen den Bischof Kamphaus, das sind ja Welten, der ist bescheiden, der ist gelaufen, der hat die Aktenmappe untern Arm genommen, der hat jeden gekannt in Limburg, jeden gegrüßt, das ist hier net, gell. Er hat im Priesterseminar gewohnt, statt – wenn er nachher dann in seinem Palais da wohnt. Das ist aber auch nicht für ihn, das ist für die nächsten Generationen."

Der Bau des Bischofshauses sei aber auch nicht, wie viele kritisieren, von ihm selbst, sondern vom Domkapitel beschlossen worden. Am besten sollte man sich ein eigenes Bild vom Bischof machen, sagt Monika Brendel.

"Man merkt, er wird immer schmaler, es ist schon so, dass es ihn ergreift. Die Nachbarn hier haben auch erzählt, die waren damals bei der Goldenen Hochzeit, da wurden alle Brautpaare eingeladen, da hat der Nachbar gesagt: Er stand so schmal da! Man hat also richtig gemerkt, es geht ihm auch nah, was sie ihm alles jetzt nachsagen. Ich habe schon auch Mitleid, also wenn man da nur Negatives hört, das ist doch schlimm! Der kann im Grund überhaupt nichts mehr machen. Was er macht, macht er falsch. Fährt er das Auto: Verkehrt! Fährt er das Auto, ist‘s verkehrt. Er hat‘s wirklich schwer."

"Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Es ist mir so vollkommen egal, welches Auto unser Bischof fährt", sagt Ingeborg Schillai aus Taunusstein-Wehen über den Dienstwagen des Bischofs, einen schwarzen BMW. Sie ist Präsidentin der Diözesanversammlung im Bistum und damit oberste gewählte Vertreterin der Laien.

"Gucken wir einfach mal in andere Bistümer, welche Autos da Bischöfe fahren: Kein Bischof fährt selbst Auto. Alle Bischöfe sitzen inzwischen auf dem Rücksitz, haben ihren Laptop und arbeiten. Kein Bischof fährt mehr auf der Autobahn wie vor 30 Jahren unser Altbischof, der noch selbst Auto gefahren ist. Lange Zeit, solange er konnte, aber auch nicht überall. Und wenn ein Bischof auf dem Rücksitz mit dem Laptop arbeitet, also ich denke, dagegen kann man nichts haben."

Wogegen die engagierte Laiin etwas hat: Dass die Kirche oft zu einseitig gesehen werde.

"Natürlich, der Bischof ist, wenn man so sagen will, das Gesicht des Bistums, er leitet das Bistum. Aber diese Pfarrei oder irgendeine andere Pfarrei würde auch bestehen, wenn der Bischof gerade nicht da ist, er ist ja auch gerade nicht da. Das Gebäude steht, die Menschen arbeiten hier weiter. Es hat jeder vor Ort seinen Auftrag."

Gerade im Limburger Bistum sei der sogenannte synodale Weg, das Miteinander von Amt und Mandat stark ausgeprägt, sagt Ingeborg Schillai. Die Entscheidungsgewalt liege letztlich beim Priester oder Bischof, aber die gewählten Laien könnten beraten und mitbestimmen. Zum synodalen Weg gebe es keine Alternative, habe Bischof Tebartz-van Elst gleich am Anfang seiner Amtszeit deutlich gemacht, sagt Schillai.

"Ich erlebe, dass er sehr gut zuhören kann. Und dass er sich schon die Argumente alle anhört, egal welche. Und dann auch abwägt. Und dann irgendwann auch die Entscheidung trifft, und dass er auch, wenn er gute Argumente gegen etwas hört, was er vorher anders vorgeschlagen hat, dann ändert er auch seine Meinung. Also es ist nicht so, wie es auch schon gesagt wird, er habe eine Meinung. Und Punkt."

Aber noch Anderes beeindrucke sie am geistlichen Oberhaupt des Bistums:

"Er ist ein sensibler, frommer Mensch, und es ist keine aufgesetzte Frömmigkeit, sondern es ist eine tiefe, verwurzelte Frömmigkeit."

Und die Vorwürfe, der Bischof lege zu viel Wert auf Pracht, trage im Gottesdienst zum Beispiel gern golddurchwirkte Gewänder?

"Das Beste ist für Gott gut genug. Ob das die Gebete sind, ob das die Ausstattung einer Kirche ist, das war schon immer so. Das ist keine Erfindung von unserem Bischof. Das ist schon immer so in der katholischen oder der christlichen Kirche gewesen: Für Gott ist das Beste gut genug. Gott hat uns das gegeben. Warum sollen wir ihm dann etwas anderes geben, als er uns gegeben hat? Und da gehören dann auch die liturgischen Gewänder dazu."

Allerdings: Auch wenn sie die Kritik am Bischof zuweilen für unberechtigt hält, sei es nun gewiss nicht so, dass der Bischof im Diözesan-Synodalrat etwa nur angehimmelt werde.

Ingeborg Schillai: "Da kriegt der Bischof schon auch gesagt, nicht nur von mir, sondern eher von vielen, vielen anderen, weil dieser Rat sich ja aus Mitgliedern aus dem Bistum zusammensetzt: Herr Bischof, wir werden überall angefragt! Was haben Sie wieder gemacht? So ungefähr in dem Stil."

(…)

Die Kaffeemaschine im Welt-Laden in Frankfurt-Bornheim. Seine Wurzeln hat der an der Berger Straße gelegene Laden in der Arbeit der Eine-Welt-Gruppe der benachbarten Kirchengemeinde St. Josef. Unterdessen wird der Laden von einer selbständigen GmbH betrieben. Nach wie vor mit dabei: Ehrenamtliche aus der Gemeinde.

Rainer Bock: "Also die Hierarchien sind mir am Ende nicht so wichtig, muss ich sagen. Eher wenn Leute Beispiel geben für ein christliches Leben, das ist mir wichtiger, als wer jetzt oben ist, wer Oberpriester ist oder Diakon und so weiter."

Deswegen kümmere ihn der Bischof auch nicht allzu sehr, sagt Rainer Bock, der jeden Samstag Kartons vom Laden zum Fair Handelszentrum fährt. Der Sinn einer für den Bischof angemessenen Flugklasse zu den Slums nach Indien erschließe sich ihm jedenfalls nicht.

"Das war schon eine komische Sache mit diesem Upgrade. Ich frage mich auch, warum muss man hinfliegen? Ist es nötig, überhaupt dorthin zu fliegen? Hauptsache, das Geld kommt dort an. Und die Leute dort kümmern sich, dass da mit dem Geld etwas gemacht wird."

Auch Stefan Diefenbach, Geschäftsführer des Welt-Ladens, sieht die Flugreise des Bischofs und vor allem dessen Verhalten danach kritisch.

"Das erinnert doch auch sehr fatal an die Debatte um den Bundespräsidenten Wulff, es wird immer ein Stückchen, dann wieder ein Stückchen zugegeben – und hinterher kommt die Sache doch raus. Wenn jemand, der in dieser Position ist, auch mal sagt, ‚Es war falsch, ich bitte um Entschuldigung. Auch was ich so angerichtet habe‘, da würden die Leute eher sagen: Mensch, das ist klasse! Und das ist durchaus keine Schwäche, sondern eine Stärke."

Das Bischofsamt selbst halte er für sinnvoll, meint Stefan Diefenbach. Allerdings solle der Episkop nicht als Kontrolleur auftreten, sondern eher als Moderator und Förderer von Talenten. Und vielleicht auch als jemand, der vermeintliche Unabänderlichkeiten in Frage stellt – wie etwa das fleißige Arbeiten mit dem Laptop auf der Rückbank eines Automobils der Spitzenklasse.

"Warum kann ein Bischof nicht sagen: Ich nehme ein Jahr und wandere von Pfarrei zu Pfarrei? Ich glaube, dass es da noch einiges an kreativen Ideen geben könnte, um auch noch andere Akzente zu setzen, zu überraschen und eben nicht einfach weiterzumachen wie bisher und zu sagen: Na ja, es ist eben so. Und wir sind eben die Manager der Jesus-GmbH. Sondern: Ja, wir wollen doch einen anderen Stil, wollen schauen, wie können wir mehr aufbauen, wie können wir mehr ermuntern, wie können wir mehr in den Dialog mit den Leuten kommen."