Facebook für Forscher
Ein Großteil der wissenschaftlichen Arbeit besteht aus Experiment und Fehlversuch. Das Netz Research Gate will den Austausch für die Wissenschaft erleichtern, Forscher untereinander vernetzen und den Aufwand experimenteller Arbeit verringern.
80 Prozent der Forschung besteht aus Fehlversuchen und Irrtümern. Bekannt werden diese in der Regel nicht, was für die Wissenschaft sehr negativ ist. Denn wichtige Infos über das, was eben nicht funktioniert, gehen verloren. So werden Fehler oft doppelt und dreifach gemacht. Wissenschaftler, die Mitglied bei Research Gate sind, können sich das möglicherweise bald ersparen. Das Netzwerk für Forscher, bietet Wissenschaftlern im Internet die Möglichkeit, ihre Arbeiten zu präsentieren und über die beste Umsetzung zu diskutieren. Das Projekt - eine Art Facebook für Forscher - bringt Wissenschaftler rund um den Globus in Kontakt miteinander.
Unterhaltung auf Research Gate:
"Hallo, ich bin Medizinerin und habe ein Frage zum Thema: wie Menschen Farben unterschieden können und ob das bei Tieren nach dem gleichen Prinzip funktioniert. Hat jemand einen Tipp?"
"Einen guten Überblick findest du im Artikel 'Farbvisionen' von Peter Gouras, hier der Link dazu. Und wie Tiere Farben unterscheiden, erklärt folgender Text: Ursachen und Farben."
Kurze Frage – schnelle Antwort Innerhalb weniger Minuten bekommt die Medizinerin aus Indien eine Antwort von der Biologin aus Algier. Die beiden Wissenschaftlerinnen kennen sich nicht, sind aber Mitglied bei Research Gate.
Schon mehr als eine Million Forscher weltweit sind bereits bei dem Online Portal registriert. Sie diskutieren über ihre Arbeiten, haben Fragen zu Experimenten und veröffentliche ihre wissenschaftlichen Artikel, damit alle sie lesen können. Auf der Plattform geht es ausschließlich um Wissenschaft. Locker und ohne Hierarchien. Hier tauschen sich auch mal Professoren mit Studenten aus, wenn sie mit ihren Experimenten nicht weiterkommen, sagt Ijad Madisch. Er hat die Research Gate vor vier Jahren gemeinsam mit zwei Kollegen gegründet.
"Das ist das spannende an Research Gate: Wir haben viele Hochkarätige dabei. Wir arbeiten z.B. mit der Lindauer Nobelpreisträgertagung zusammen. Das heißt, wir haben auch Nobelpreisträger auf der Plattform. Und natürlich auch sehr viele Spezialisten in unterschiedlichen Gebieten und das auch noch auf einer internationalen Ebene ohne irgendwelche Grenzen, seien es örtliche oder zeitliche Grenzen."
Ijad Madisch hat Medizin und Informatik in Deutschland und den USA studiert. Seine Spezialgebiete sind die Radiologie und Viren. Er diskutiert auch gelegentlich in einer der Online-Gruppen seines Fachbereichs mit und versucht Kollegen zu helfen. Zeit bleibt dafür aber selten. Als Gründer der Plattform hat er eine Menge zu tun.
Ende 2010 bekam Research Gate eine Risikokapitalfinanzierung aus dem Silicon Valley. Madisch zog von Boston nach Berlin und eröffnete dort das zentrale Büro. Ein 35-köpfiges Team von Informatikern programmiert hier die verschiedenen Anwendungen und sorgt dafür, dass die Server weltweit reibungslos laufen:
Steffen: "Ja, wir haben immer wieder neue Funktion oder müssen irgendwelche Fehler finden und die schnell und zeitnah reparieren, die repariert werden müssen."
Und weil Steffen die Server in Palo Alto, Indien und Asien ständig auf dem Bildschirm hat, kann zum Beispiel Sabine Schmidt aus Maastricht weltweit kundtun, dass er gerade an einem Experiment zum Verlauf von Herzinfarkten an Mäusen arbeitet und Erfahrungen zum Heilungsverlauf sucht.
Forumsfrage auf Research Gate:
"Hallo, wer kennt sich gut mit den Folgen bei Herzinfarkt aus? Ist eine 100prozentige Heilung möglich? Welche Rolle spielt der Zeitfaktor? Ich brauche eure Unterstützung für die Planung einer Studie mit Mäusen."
Ob Herzinfarktstudien mit Mäusen, Adenoviren, Herzklappen oder Halbleitertechnik - fast zu jedem Thema gibt es eine Expertengruppe, und wenn nicht, dann lässt sich schnell eine gründen. Das funktioniert ähnlich wie beim Social Network Facebook, nur dass bei Research Gate die Naturwissenschaften besonders stark vertreten sind. Biologie, Medizin, Informatik. Physik, Chemie dann erst kommen Sozialwissenschaften und Psychologie.
Madisch: "Das ist auch eine Herausforderung von Research Gate, dass wir versuchen eine Plattform zu bauen, die alle Wissenschaftsbereiche abdeckt. Was gar nicht so einfach ist und was ich - realistisch gesehen -, also ich würde sagen, dass ist auch nicht 100 Prozent möglich. Wir können für jeden versuchen, so gut wie möglich die Plattform anzupassen, aber klar, wir wollen eine Plattform bauen, die für alle Wissenschaftsbereiche passt."
Wissenschaftler aller Fachbereiche können ihre Publikationen auf der Plattform einfach hoch laden, ein Programm prüft automatisch, ob der Artikel veröffentlicht werden darf. Außerdem gibt es eine umfangreiche Stellenbörse und ein Konferenzboard, das zu jedem Forschungsgebiet alle wichtigen wissenschaftlichen Kongresse aufzeigt, sagt Sebastian Darr. Er kümmert sich um den Bereich Öffentlichkeit.
"Es geht darum für unsere Forscher möglichst einen Überblick zu geben, was ist interessant in seinem Feld. Dass, wenn ein Kardiologe, wenn er sich auf Research Gate bewegt, dass er die Möglichkeit hat, irgendwo eine Komplettübersicht zu haben, was für kardiologische Konferenzen gibt es speziell in meinem Forschungsgebiet, oder nach Lokalität geordnet hier in Deutschland. Wir versuchen prinzipiell, das gesamte Leben der Forscher auf der Plattform abzubilden."
Eine Besonderheit bei Research Gate ist, dass die Plattform Wissenschaftler mit zusätzlichen Veröffentlichungen und Forschungsdaten versorgt, die frei im Internet verfügbar sind. Ein Programm sucht nach diesen Forschungsdaten im Netz und leitet diese gezielt an die Mitglieder weiter. Man könnte sage, Research Gate googelt im Interesse der Forscher.
Madisch: "Wenn Sie der Plattform beitreten und sagen, ich interessiere mich für DNA und Viren, dann kriegen sie ganz spezifische Publikationen vorgeschlagen. Jeden Tag neue, wenn es neue gibt."
Unterhaltung auf Research Gate:
"Hey Pandya, hier ein Text über die Lebensgewohnheiten der afrikanischen Riesenlandschlange. In Indien sind sie schon seit 150 Jahren bekannt."
"Hallo Dan, hast du schon von der Krabbeninvasion in Tigris gehört? Hier ein Link zum Thema."
Lesen zudem mehrere Forscher denselben Artikel, dann werden sie miteinander verbunden und erhalten weitere Tipps oder Texte zu ihrem Thema. Ein enormer Wissensaustausch kommt so in Gang, der – und das ist wirklich spannend - all die Gebiete aufdeckt, die bislang noch unerforscht sind.
Unterhaltung auf Research Gate:
"Hallo, ich bin Medizinerin und habe ein Frage zum Thema: wie Menschen Farben unterschieden können und ob das bei Tieren nach dem gleichen Prinzip funktioniert. Hat jemand einen Tipp?"
"Einen guten Überblick findest du im Artikel 'Farbvisionen' von Peter Gouras, hier der Link dazu. Und wie Tiere Farben unterscheiden, erklärt folgender Text: Ursachen und Farben."
Kurze Frage – schnelle Antwort Innerhalb weniger Minuten bekommt die Medizinerin aus Indien eine Antwort von der Biologin aus Algier. Die beiden Wissenschaftlerinnen kennen sich nicht, sind aber Mitglied bei Research Gate.
Schon mehr als eine Million Forscher weltweit sind bereits bei dem Online Portal registriert. Sie diskutieren über ihre Arbeiten, haben Fragen zu Experimenten und veröffentliche ihre wissenschaftlichen Artikel, damit alle sie lesen können. Auf der Plattform geht es ausschließlich um Wissenschaft. Locker und ohne Hierarchien. Hier tauschen sich auch mal Professoren mit Studenten aus, wenn sie mit ihren Experimenten nicht weiterkommen, sagt Ijad Madisch. Er hat die Research Gate vor vier Jahren gemeinsam mit zwei Kollegen gegründet.
"Das ist das spannende an Research Gate: Wir haben viele Hochkarätige dabei. Wir arbeiten z.B. mit der Lindauer Nobelpreisträgertagung zusammen. Das heißt, wir haben auch Nobelpreisträger auf der Plattform. Und natürlich auch sehr viele Spezialisten in unterschiedlichen Gebieten und das auch noch auf einer internationalen Ebene ohne irgendwelche Grenzen, seien es örtliche oder zeitliche Grenzen."
Ijad Madisch hat Medizin und Informatik in Deutschland und den USA studiert. Seine Spezialgebiete sind die Radiologie und Viren. Er diskutiert auch gelegentlich in einer der Online-Gruppen seines Fachbereichs mit und versucht Kollegen zu helfen. Zeit bleibt dafür aber selten. Als Gründer der Plattform hat er eine Menge zu tun.
Ende 2010 bekam Research Gate eine Risikokapitalfinanzierung aus dem Silicon Valley. Madisch zog von Boston nach Berlin und eröffnete dort das zentrale Büro. Ein 35-köpfiges Team von Informatikern programmiert hier die verschiedenen Anwendungen und sorgt dafür, dass die Server weltweit reibungslos laufen:
Steffen: "Ja, wir haben immer wieder neue Funktion oder müssen irgendwelche Fehler finden und die schnell und zeitnah reparieren, die repariert werden müssen."
Und weil Steffen die Server in Palo Alto, Indien und Asien ständig auf dem Bildschirm hat, kann zum Beispiel Sabine Schmidt aus Maastricht weltweit kundtun, dass er gerade an einem Experiment zum Verlauf von Herzinfarkten an Mäusen arbeitet und Erfahrungen zum Heilungsverlauf sucht.
Forumsfrage auf Research Gate:
"Hallo, wer kennt sich gut mit den Folgen bei Herzinfarkt aus? Ist eine 100prozentige Heilung möglich? Welche Rolle spielt der Zeitfaktor? Ich brauche eure Unterstützung für die Planung einer Studie mit Mäusen."
Ob Herzinfarktstudien mit Mäusen, Adenoviren, Herzklappen oder Halbleitertechnik - fast zu jedem Thema gibt es eine Expertengruppe, und wenn nicht, dann lässt sich schnell eine gründen. Das funktioniert ähnlich wie beim Social Network Facebook, nur dass bei Research Gate die Naturwissenschaften besonders stark vertreten sind. Biologie, Medizin, Informatik. Physik, Chemie dann erst kommen Sozialwissenschaften und Psychologie.
Madisch: "Das ist auch eine Herausforderung von Research Gate, dass wir versuchen eine Plattform zu bauen, die alle Wissenschaftsbereiche abdeckt. Was gar nicht so einfach ist und was ich - realistisch gesehen -, also ich würde sagen, dass ist auch nicht 100 Prozent möglich. Wir können für jeden versuchen, so gut wie möglich die Plattform anzupassen, aber klar, wir wollen eine Plattform bauen, die für alle Wissenschaftsbereiche passt."
Wissenschaftler aller Fachbereiche können ihre Publikationen auf der Plattform einfach hoch laden, ein Programm prüft automatisch, ob der Artikel veröffentlicht werden darf. Außerdem gibt es eine umfangreiche Stellenbörse und ein Konferenzboard, das zu jedem Forschungsgebiet alle wichtigen wissenschaftlichen Kongresse aufzeigt, sagt Sebastian Darr. Er kümmert sich um den Bereich Öffentlichkeit.
"Es geht darum für unsere Forscher möglichst einen Überblick zu geben, was ist interessant in seinem Feld. Dass, wenn ein Kardiologe, wenn er sich auf Research Gate bewegt, dass er die Möglichkeit hat, irgendwo eine Komplettübersicht zu haben, was für kardiologische Konferenzen gibt es speziell in meinem Forschungsgebiet, oder nach Lokalität geordnet hier in Deutschland. Wir versuchen prinzipiell, das gesamte Leben der Forscher auf der Plattform abzubilden."
Eine Besonderheit bei Research Gate ist, dass die Plattform Wissenschaftler mit zusätzlichen Veröffentlichungen und Forschungsdaten versorgt, die frei im Internet verfügbar sind. Ein Programm sucht nach diesen Forschungsdaten im Netz und leitet diese gezielt an die Mitglieder weiter. Man könnte sage, Research Gate googelt im Interesse der Forscher.
Madisch: "Wenn Sie der Plattform beitreten und sagen, ich interessiere mich für DNA und Viren, dann kriegen sie ganz spezifische Publikationen vorgeschlagen. Jeden Tag neue, wenn es neue gibt."
Unterhaltung auf Research Gate:
"Hey Pandya, hier ein Text über die Lebensgewohnheiten der afrikanischen Riesenlandschlange. In Indien sind sie schon seit 150 Jahren bekannt."
"Hallo Dan, hast du schon von der Krabbeninvasion in Tigris gehört? Hier ein Link zum Thema."
Lesen zudem mehrere Forscher denselben Artikel, dann werden sie miteinander verbunden und erhalten weitere Tipps oder Texte zu ihrem Thema. Ein enormer Wissensaustausch kommt so in Gang, der – und das ist wirklich spannend - all die Gebiete aufdeckt, die bislang noch unerforscht sind.