Wie können wir unsere Daten besser schützen?
Der aktuelle Facebook-Skandal hat viele Nutzer sozialer Medien verunsichert und für politische Diskussionen gesorgt: Wie sicher sind unsere Daten? Wer hat Zugriff darauf – und wofür können sie verwendet werden? Ist effektiver Datenschutz im Netz überhaupt möglich?
"Das Geschäftsmodell von Facebook & Co basiert ganz wesentlich darauf, Unternehmen, Wahlkämpfern und Regierungen gegen Entgelt an ihrem Wissen partizipieren zu lassen", sagt Peter Schaar. Er war von 2003 bis 2013 Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit; seit 2013 leitet er die Europäische Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz in Berlin.
"Die Betreiber der Dienste erfahren sehr viel mehr über die Nutzer, als diese bewusst preisgeben. Sie kennen nicht nur deren Identität, sondern auch deren Gewohnheiten und Aufenthaltsorte. Sie wissen nicht nur um die vom Nutzer eingegebenen Vorlieben, sondern können auch aus dem Verhalten der ´Freunde` Schlüsse auf ihn ziehen."
Peter Schaar fordert eine Diskussion darüber, wie viel Datenmacht akzeptabel ist und wie dem Missbrauch vorgebeugt werden kann. "Der zunehmenden Transparenz des Einzelnen steht eine wachsende Intransparenz der Algorithmen und der im Hintergrund agierenden Interessen gegenüber. Datenschutz ist ein wichtiges Element der notwendigen Gegenstrategie. Hier ist zu erwarten, dass die am 25. Mai 2018 voll wirksam werdende Datenschutz-Grundverordnung Fortschritte bringt."
"Ich kann keine Kontrolle über Dinge verlieren, über die ich keine Kontrolle habe", sagt Michael Seemann. Der Kulturwissenschaftler ist mit verschiedenen Projekten im Internet aktiv: Er betreibt u.a. den Podcast Wir.Müssen.Reden, den Blog CTRL-Verlust – und ist Autor des Buchs "Das Neue Spiel. Strategien für die Welt nach dem digitalen Kontrollverlust".
Mehr Datenschutz im Netz ist das falsche Mittel
"Solche Daten fließen schon die ganze Zeit ab, seitdem die Programmierschnittstelle (API) namens ´Open Graph Protocol`2010 eingeführt wurde. Auf dieser Schnittstelle bauen unabhängige Entwickler ihre Apps auf. Tausende Facebook-Apps wurden dafür programmiert und eingesetzt. Ex-Präsident Barack Obama hat mit denselben API-Zugriffen seine Kampagne befeuert. Die Leute haben ihm dafür zugejubelt." Dass es nun zum ersten Mal zu einer solchen Verletzung der Nutzungsbedingungen gekommen sein solle, sei ja wohl kaum zu glauben.
Man dürfe auch nicht der Illusion erliegen, dass man auf Facebook alles nur mit "Freunden" teilt. "Meine Konsequenz ist: Ich erachte das, was ich im Internet mache, grundsätzlich als öffentlich. Ich stelle die Sachen proaktiv auf `public´." Nur, was absolut privat sei, sichere er ab. Der Blogger hält den Ruf nach mehr Datenschutz im Netz für das falsche Mittel: "Als ob man die Leute überhaupt informieren könnte, was mit ihren Daten passiert. Wir lügen uns in die Tasche!"
Durch mehr Kontrolle würden letztlich die großen Plattformen wie Facebook gestärkt.
"Die Umsetzung der vielen Rechte und Pflichten erfordert extrem kompliziertes Knowhow, viele Anwälte. Große Plattformen können das umsetzen, die werden das datenschutzkonform hinkriegen." Auf der Strecke bleibe das Open Web: "Die Millionen von Blogs, von Services im Netz; die müssen viel Zeit und Geld reinstecken oder machen dicht. Oder sie schlüpfen unter den Schirm der Großen."
Informationen im Internet:
Über die Europäische Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz
Über Michael Seemann