Wer löscht die Hassreden?
In einem Video auf Facebook zitiert die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt an sie gerichtete Hassparolen. Im Deutschlandradio Kultur forderte sie ein deutsches Löschgremium für den Social-Media-Dienst. Auch Kanzlerin Merkel und Justizminister Maas erhöhen den Druck. Facebook selbst verteidigt sich.
Katrin Göring-Eckardt, Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, geht in die Offensive. In einem Internet-Video auf ihrer Facebook-Seite liest sie selbst Auszüge von dem vor, was an Hassparolen und Drohungen bei ihr so ankommt.
Göring-Eckardt: "Frau Göring-Eckardt, oder wie Sie heißen wollen. Keiner hat Sie gewählt oder mit Aufgaben, die nicht dem Wohle zum Volk sind, beauftragt. Ich kann nur raten, das Land zu verlassen. Denn schon bald stehen wir vor Ihnen! Es geht auch persönlicher: Grünes Dreckspack und Ami-Schlampe! Ihr gehört alle am nächsten Baum aufgehangen!"
Das sei Dreck und gehöre in die Mülltonne, sagte Göring-Eckardt dazu. Ähnliche menschenverachtende Posts würden derzeit viele Menschen bekommen, die sich für Flüchtlinge engagieren. In Richtung Facebook fordert sie in dem Video, das im Netz heute schnell die Runde machte:
"Sorgt endlich dafür, dass solche Posts gelöscht werden! Das ist eure Aufgabe! Wir leben hier in Freiheit und Demokratie, und was hier passiert, hat damit nichts zu tun."
Das will auch Bundesjustizminister Heiko Maas am kommenden Montag einfordern. Dann trifft er sich mit Vertretern des US-Konzerns. Er werde Facebook auffordern, eine eigene Kontrollstelle in Deutschland für den Umgang mit fremdenfeindlichen Hassbotschaften einzurichten, sagte Maas im neuen Spiegel. Ähnliches hatte auch Göring-Eckardt heute früh im ARD-Morgenmagazin gefordert:
"Ich glaube, dass es vor allem daran liegt, dass Facebook gar niemanden in Deutschland sitzen hat. Deswegen, wir müssen hier ein Gremium haben, ein Löschgremium, was dann hier entscheiden kann: Ja. Das ist Volksverhetzung, ja, das ist persönliche Beleidigung. Und dann können die auch und müssen die auch sofort agieren. Und das kann man nicht aus den Vereinigten Staaten heraus machen."
Merkel: "Facebook sollte gegen diese Parolen vorgehen"
Druck kam auch von der Kanzlerin: "Wenn Menschen unter ihrem Namen in den sozialen Netzwerken Volksverhetzung betreiben, muss nicht nur der Staat agieren, sondern auch das Unternehmen Facebook sollte gegen diese Parolen vorgehen", sagte Angela Merkel der Rheinischen Post. Justizminister Maas hatte die Debatte vor einigen Wochen losgetreten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass auf Facebook zwar Fotos von barbusigen Damen gelöscht würden, nicht aber rassistische Äußerungen, so der Minister.
Facebook selbst verteidigte die Löschpraxis des Konzerns: International würden 100 Mitarbeiter, darunter auch viele deutsche Muttersprachler, Beschwerden von Nutzern über gepostete Kommentare prüfen, sagte Facebook-Sprecherin Tina Kulow vor zwei Tagen der Berliner Zeitung. Allerdings seien die Standards darüber, was die Grenzen der Meinungsfreiheit sprenge und was nicht, in vielen Ländern unterschiedlich.
In Europa reagiere man empfindlich auf Hetze, in vielen anderen Regionen auf Nacktheit und religiöse Tabuverletzungen. Konkrete Drohungen gegen einzelne Personen würden sofort gelöscht, Drohungen gegen Flüchtlinge dagegen selten, da es sich hier um eine anonyme Gruppe handele. Zudem setze der Konzern auf die Kraft der Argumente: Würden andere Nutzer wiedersprechen, sei das effektiver als eine Zensur.
Dem widersprach heute die netzpolitische Sprecherin der Linkspartei im Bundestag, Halina Wawzyniak: Natürlich könne sich jede oder jeder Betroffene selbst dagegen wehren, aber das ändere nichts an der Verantwortung von Facebook und anderen sozialen Netzwerken. "Facebook muss sich fragen, wie lange es noch die Plattform für Menschenverachtung und Volksverhetzung abgeben will", so Wawzyniak. Hasstiraden seien zudem in den meisten Fällen Straftaten, die mit allen Mitteln des Rechtsstaats verfolgt gehörten.
Für die Grüne Göring-Eckardt jedenfalls ist klar, dass sie sich nicht einschüchtern lassen will: "Euer Dreck spornt mich an", sagt sie im Video an die Adresse der Verfasser der Hassparolen.