Katalanische Separatisten verunglimpfen Kritiker
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Der katalanische Autor Javier Cercas ist ein scharfer Kritiker der Unabhängigkeitsbewegung. Katalanische Separatisten werfen ihm nun vor, er befürworte einen Militäreinmarsch in Katalonien. Als "Beweis" dient ein zweifelhaftes Video.
In Katalonien wird der Welttag des Buches am 23. April traditionell gefeiert. Zu "Sant Jordi", dem Tag des Heiligen Georgs, beschenkt man sich mit Rosen und Büchern. Die Verlage trommeln für Neuerscheinungen und lassen ihre Starautoren im Akkord Bücher signieren.
Ein katalanischer Schriftsteller wird dieses Jahr vermutlich besonders im Scheinwerferlicht stehen: Javier Cercas. Der auch in Deutschland sehr bekannte Autor befindet sich seit Kurzem im Mittelpunkt einer Hetzkampagne. Auf Twitter warfen ihm katalanische Separatisten vor, zu einer Militärintervention gegen Katalonien aufgerufen zu haben.
Ein 23 Sekunden langes Video reichte aus, um aus dem Schriftsteller Javier Cercas den Befürworter eines Militäreinmarsches in Katalonien zu machen. Wenn wie bei den Separatisten Gefühle die Politik bestimmten, helfe nur noch der Ruf nach dem General, sagt Cercas in dem kurzen Ausschnitt von 2019. Dann zeigt die Kamera einen lächelnden General.
Cercas wird als "Kriegsverbrecher" beschimpft
Dass der keine Kampftruppe befehligt, sondern den spanischen Katastrophenschutz – der Kommentar also keine Aufforderung zum Einmarsch, sondern allenfalls ironisch gemeint war –, spielte keine Rolle: Innerhalb weniger Stunden erhielt der Clip mehrere Tausend Likes und wurde ein paar Hundert Mal retweetet. Journalisten und Mitglieder des katalanischen Parlaments beschimpften Cercas als Kriegsverbrecher und Faschisten.
Nachdem der Schriftsteller rechtliche Schritte ankündigte, wurde das Video gelöscht. Doch die Empörung bleibt.
"Fake-News-Kampagne im Stil von Donald Trump"
Javier Cercas, der in Extremadura geboren und im katalanischen Girona aufgewachsen ist und lebt, gehört zu den dezidiertesten Kritikern der Unabhängigkeitsbewegung. In Büchern, Essays und öffentlichen Auftritten hat er die katalanische Politik immer wieder als hochgradig manipulativ gebrandmarkt.
Von einer "Fake-News-Kampagne im Stil von Donald Trump" spricht Jordi Amat, Schriftsteller und Verlagskollege von Javier Cercas. Das macht ihn zur Ausnahme. Denn während Spaniens Kulturminister Respekt für den preisgekrönten Schriftsteller anmahnt und im Netz Solidaritätshashtags wie #TotsAmbCercas und #estamosconCercas kursieren, blieben die meisten katalanischen Intellektuellen stumm.
(abr)