Ausstellung "Fake" im Hygiene-Museum Dresden

Mit der Lüge kommt Menschlichkeit ins Spiel

08:12 Minuten
Man sieht eine Frau mit aufgesetztem Kopfhörer vor gelbem Hintergrund an einer Station mit der Aufschrift "Labor für Lügenerkennung".
Die Besucher durchlaufen die Ausstellung auf einem Parcour, bei dem das Wechselspiel von Lüge und Wahrheit aus immer neuen Perspektiven betrachtet wird. © Isabel Noack
Daniel Tyradellis im Gespräch mit Ute Welty |
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Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden beleuchtet das Verhältnis von Lüge und Wahrheit. Das Publikum kann dabei lernen, wie es um die soziale Beschaffenheit der Wirklichkeit steht.
Ein Amt für die ganze Wahrheit, in dem es vor Lügen nur so wimmelt, steht neuerdings in schönstem postgelb in Dresden, genauer: im dortigen Hygiene-Museum. Es ist Teil der Ausstellung „Fake. Die ganze Wahrheit“. Architekt des Amtes und Kurator der Schau ist Daniel Tyradellis. Er erklärt, dass Lügen etwas Soziales seien und mit mit musealen Mitteln daher nur schwer darzustellen:
„Deshalb war der Gedanke: Wir bauen hier diesem Museum ein Amt ins Haus, weil ein Amt in jeder Gesellschaft so etwas wie die Infrastruktur ist, die es braucht, damit man sich auf verlässliche Dinge zurückziehen kann. Und innerhalb dieser Möglichkeiten ist dann alles erlaubt: Man kann lügen, man kann schwindeln und man kann schauen, wie weit man damit kommt – und wird dann je und je wieder von der Logik des Amtes eingeholt.“

Was ist wahr?

Doch das Erkennen der Wahrheit ist gar nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint: „Wenn man genau hinschaut, gibt es zwar schon Wahrheiten, aber wirklich nur sehr, sehr wenige unverrückbare Wahrheiten. Deshalb sagt man in der Philosophie auch: Die Wahrheit ist steril.“

Die Ausstellung „Fake. Die ganze Wahrheit“ ist bis zum 5. März 2023 im Dresdner Hygiene-Museum zu erleben.

Das bedeutet laut Tyradellis, dass diese wenigen absolut sicheren Dinge, die es zwar gibt, nur dann in dieser Welt sind, wenn sie in einem konkreten Zusammenhang erscheinen. Und dieser konkrete Zusammenhang ist immer auch sozial geprägt, ist immer unterschiedlich deutbar.

Die Wahrheit verpflichtet, die Lüge befreit

„Wenn man das aus dieser Perspektive betrachtet, versteht man auch besser, wenn Hannah Arendt etwa sagt: Die Lüge ist der einzige Beweis dafür, dass Menschen frei sein können, weil eine Wahrheit einen verpflichtet, einen bindet. Eigentlich kommt erst mit der Möglichkeit, dass man sich auch Alternativen denken und die Fantasie spielen lassen kann, die Menschlichkeit ins Spiel.“
Paradox sei allerdings, so Tyradellis, dass es ohne die Orientierung an der Wahrheit oder Dingen, die man für wahr erklärt, auch nicht funktioniert, weil nämlich sonst das Vertrauen verloren geht. Und damit gebe es dann überhaupt keinen Rückhalt mehr.

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