Fall Edathy

    Agrarminister Friedrich tritt zurück

    Hans-Peter Friedrich
    Hans-Peter Friedrich © dpa / picture-alliance / Stephanie Pilick
    Der Fall Edathy hat jetzt offensichtlich Agrarminister Friedrich zu Fall gebracht. Nach Medienberichten wird Friedrich in einer Stellungnahme am späten Nachmittag seinen Rücktritt bekannt geben. Er reagiert damit auf die Vorwürfe, Ermittlungsgeheimnisse verraten zu haben.
    Im Fall Sebastian Edathy hat sich der frühere Innen- und jetzige Agrarminister Hans-Peter Friedrich nun offenbar der Kritik gebeugt. Für Freitagnachmittag hat Friedrich eine Pressekonferenz anberaumt, auf der er Medienberichten zufolge seinen Rücktritt bekannt geben wird.
    Wie am Donnerstag bekannt wurde, gab er im Oktober 2013 Informationen über bevorstehende Ermittlungen gegen Edathy an SPD-Chef Sigmar Gabriel weiter. Die Staatsanwaltschaften Hannover und Berlin prüfen daher Ermittlungen gegen Friedrich wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses und Strafvereitelung. Linke, Die Grünen und FDP forderten vorab seinen Rücktritt.
    Friedrich selbst hatte am Freitag zunächst erklärt, er wolle vorerst im Amt bleiben und erst bei einem Ermittlungsverfahren zurücktreten. Er habe mit der Information an den SPD-Parteivorsitzenden Gabriel "nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt." Sollte die Staatsanwaltschaft zu anderen Ergebnissen kommen und ein Ermittlungsverfahren aufnehmen, werde ich mein Amt zur Verfügung stellen", hatte der Minister nach einem Telefonat mit Kanzlerin Merkel gesagt.
    Regierungssprecher Steffen Seibert machte am Freitag deutlich, dass Merkel das Vorgehen Friedrichs akzeptiert, vermied aber direkte Aussagen dazu, ob dieser weiter das Vertrauen der Kanzlerin habe.
    Staatsanwaltschaft bestätigte Vorwurf gegen Edathy
    Im Vorfeld hatte am Freitagvormittag die zuständige Staatsanwaltschaft Hannover erstmals seit Bekanntwerden der Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy den Verdacht auf Besitz von Material im Grenzbereich zur Kinderpornografie bestätigt. Durch die aktuellen Entwicklungen sei man gezwungen, die bisherige Zurückhaltung aufzugeben und an die Öffentlichkeit zu treten, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover, Jörg Fröhlich, auf einer Pressekonferenz. Dass trotz dieser großen Zurückhaltung seiner Behörde viele Informationen über den Fall an die Öffentlichkeit gelangt seien, erschüttere ihn und mache ihn "fassungslos", sagte Fröhlich.
    Der Hannoveraner Oberstaatsanwalt Jörg Fröhlich bei einer Stellungnahme zu den Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy.
    Der Hannoveraner Oberstaatsanwalt Jörg Fröhlich bei einer Stellungnahme zu den Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy.© picture alliance / dpa
    Hintergrund der Ermittlungen gegen Edathy sei ein Verfahren in Kanada gegen eine Firma, die über ihre Webseite kinderpornografisches Material vertreibe. Das Bundeskriminalamt sei in den Besitz von Kundendateien dieser Firma gelangt, in Deutschland gebe es 800 Verdachtsfälle. Die Information, dass auch Sebastian Edathy unter diesen Namen sei, sei seiner Behörde am 5. November 2013 in einem verschlossenen Umschlag zugestellt worden, sagte Fröhlich. "Die Akte war Verschlusssache."
    Rätselhafte Verspätung eines Schreibens
    Aufgrund der Kenntnis anderer Fälle sei die Staatsanwaltschaft Hannover zu dem Ergebnis gelangt, dass im Sinne der Gleichbehandlung aller potenziellen Beschuldigten auch gegen Edathy ermittelt werden müsse. Dies habe man auch Bundestagspräsident Norbert Lammert in einem Schreiben vom 6. Februar 2014 mitgeteilt. Dieser Hinweis sei dort jedoch erst am 12. Februar, also am vergangenen Mittwoch, angekommen. Der Grund für diese Verzögerung sei unklar.
    In der Zwischenzeit hatte Edathy seinen Mandatsverzicht erklärt. Das habe die Staatsanwaltschaft völlig überraschend getroffen, sagt Fröhlich. "Wir können uns nicht erklären, ob hier ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht."
    Bei den Durchsuchungen in den Privat- und Büroäumen Edathys seien zwei Computer sichergestellt worden, die Untersuchung dauere noch an. Edathy habe nach Erkenntnissen seiner Behörde zwischen Oktober 2005 und Juni 2010 neun Mal im Onlineshop des kanadischen Unternehmens Bestellungen getätigt. Insgesamt habe er über eigens eingerichtete Bankkonten und verschiedene Emailadressen mehr als 30 Videos und Fotosets von unbekleideten Jungen zwischen neun und 14 Jahren bestellt, sagte Fröhlich. Als Beweismittel dienten der Staatsanwaltschaft Email-Bestellungen und Zahlungsbelege von Kreditkarten, die Edathy zuzuordnen seinen, so Fröhlich. Bei den Produkten habe es sich um Material an der Grenze zur Strafbarkeit gehandelt.
    twa, bre mit Informationen von Alexander Budde und dpa


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