Fall Oury Jalloh
Gedenkdemonstration anlässlich des 13. Todestages von Oury Jalloh. Er verbrannte am 7. Januar 2005 unter bislang nicht geklärten Umständen in Polizeihaft in Dessau. © imago images / Christian Mang
Neues Gutachten, alte Zweifel
06:53 Minuten
Oury Jalloh verbrannte 2005 in einer Polizeizelle in Dessau. Die Zweifel an der offiziellen Version, was damals passierte, nährt nun ein neues Gutachten, das auch als Film vorliegt. Das bringe eine neue Transparenz, sagt Videokünstler Mario Pfeifer.
Es gibt eine neue Perspektive auf die Frage, wie Oury Jalloh gestorben ist. Der Sierra-Leoner verbrannte 2005 in einer Polizeizelle in Dessau. Angeblich soll er, betrunken und ans Bett gefesselt, sich selbst angezündet haben. Aber an dieser offiziellen Version der Polizei gibt es sehr starke Zweifel.
Ein neues Brandgutachten des britischen Brandexperten Iain Peck verstärkt diese Zweifel weiter. Das Besondere daran: Dieses Gutachten erscheint nicht nur als Text, sondern auch als Film. Gedreht hat es der Videokünstler Mario Pfeifer.
Es gebe ein schriftliches Gutachten, betont Pfeifer. Der Film unterstütze es. "Das heißt, wir haben den Brandversuch gefilmt, wie das auch in vorhergehenden Brandgutachten der Fall war. Allerdings haben wir das wirklich mit einer Filmcrew gemacht, die weiß, wie man Bilder herstellt."
Erstmals eins zu eins rekonstruiert
Sie hätten mit bis zu sieben Kameras gefilmt, auch in der Zelle. Es sei darum gegangen, nachzuvollziehen, wie das Feuer, das nach 30 Minuten gelöscht wurde, verlaufen ist. Auch darum, was das Ergebnis gewesen sei. "Es ist sozusagen eine visuelle Beweisaufnahme, eine visuelle Nachbetrachtung". Es sei auch ein Vergleich mit den Bildern des Nachbrandversuches.
Das Besondere an ihrem Nachbau der Zelle sei gewesen, dass sie eins zu eins rekonstruiert worden sei. Das sei zuvor nie geschehen, erklärt Pfeifer. So hätten sie diese Rekonstruktion sehr exakt durchführen können.
Der Film ermögliche Transparenz. "Wir haben 30 Minuten ununterbrochen gefilmt mit sieben Kameras. Diese sieben Kameras zeichnen nur das auf, was man sieht." Bei einem schriftlichen Gutachten müsse man dem Gutachter vertrauen, die Versuchsanordnung studieren, dem Ablauf vertrauen und das Ergebnis nachvollziehen.
Der Film ist noch nicht ganz fertig, aber erste Ausschnitte machen klar, dass es ziemlich erschütternd wirken kann, 30 Minuten zuzuschauen, wie eine Puppe verbrennt.
Kommt nun juristisch etwas in Gang?
Für ihn sei es eine gewisse Berufung als Künstler, genau hinzuschauen, wenn in der Gesellschaft Gewalt stattfinde, sagt Mario Pfeifer. "Es ist für ein Publikum natürlich sehr, sehr anstrengend, und es kann auch durchaus für den einen oder anderen zu weit gehen. Aber es ist ein Fakt, dass dieser Vorgang solange stattgefunden hat, mit dieser Dauer und mit diesem Ergebnis."
Nun sei es an der Gesellschaft, sich damit zu beschäftigen. Er glaube fest daran, dass der Film auch rechtlich noch mal etwas in Gang setzen könne. Der Fall war wegen mangelnder Beweislage eingestellt worden.
"Ich bin kein Rechtsexperte. Ich bin auch kein Forensiker. Was ich aber sagen kann – als Künstler, als Mensch, als Bürger dieses Landes –, ist, dass diese Bilder wahrscheinlich nicht lügen."