"Selbst der besten Reproduktion fehlt die atmosphärische Qualität"
Vor 46 Jahren wurde in einer Kirche in Palermo ein Gemälde von Caravaggio gestohlen. Jetzt hängt es wieder an seinem angestammten Platz – allerdings nicht das Original, sondern eine technisch perfekte Reproduktion. Was das für die Aura des Originals bedeutet, beantwortet der Kunsthistoriker Sebastian Schütze.
Das Gemälde über dem Altar hieß "Christi Geburt mit den Heiligen Laurentius und Franziskus". Der Maler: Caravaggio. Das Bild, gemalt 1609, war fast drei Meter hoch und zwei Meter breit und wurde vor nunmehr 46 Jahren gestohlen. Bis heute ist es nicht wieder aufgetaucht.
Jetzt hängt im "Oratorio di San Lorenzo", einem Gebetshaus der Franziskaner in der Altstadt von Palermo, eine technisch perfekte Reproduktion des Originals. Was bedeutet das für das eigentliche Bild? Was macht es mit der Aura des Originals?
Nach Ansicht von Sebastian Schütze, Kunsthistoriker an der Universität Wien und Caravaggio-Kenner, fehlt selbst der besten Reproduktion die "atmosphärische Qualität" und "Stimmigkeit des Gesamteindruckes".
Grundsätzlich kann eine Kopie nie das Original ersetzen
Dennoch ist Schütze nicht gegen eine Kopie an besagter Stelle: Er sei vor rund zehn Tagen dort gewesen und habe die Kirche noch ohne Gemälde besucht: "An dem Ort fehlt effektiv etwas", sagte er im Deutschlandradio Kultur.
Grundsätzlich werde die Kopie aber nie das Original ersetzen, betonte Schütze. Reproduktionen seien lediglich eine Möglichkeit, "Dinge zu tun, die man sonst nicht tun kann": Zum Bespiel das Gesamtwerk von Caravaggio auszustellen, wie es vor einigen Jahren in Italien gemacht wurde.
Die Reproduktionstechniken werden immer besser werden – und dennoch gefährdet das laut Schütze nicht das Ursprungs-Werk. Ganz im Gegenteil: Das beständige Kopieren, die mediale Verfügbarkeit von Kunst in den letzten Jahrzehnten, habe die Aura der Originale eigentlich noch gesteigert, sagte er.