Befristete Verträge können junge Leute in Not stürzen
Der Soziologe Gerhard Bosch empfiehlt eine stärkere Entfristung von Arbeitsverträgen, um junge Familien zu unterstützen. Außerdem sei es wichtig, die Lohnstruktur wieder in Ordnung zu bringen.
"Vor allem junge Familien leiden darunter, dass die jungen Mütter und Väter oft nur befristete Verträge haben, was die Familiengründung erschwert", sagte Gerhard Bosch, Professor für Arbeits- und Wirtschaftssoziologie an der Universität Duisburg-Essen im Deutschlandradio Kultur. Junge Familien könnten dadurch leicht in ökonomische Not geraten, wenn diese Verträge endeten. Hier müsse man mehr für die jungen Leute tun und diese Befristungspraxis deutlich einschränken, sagte Bosch.
Da ist aber noch viel zu tun
Die Politik habe in den letzten Jahren erstaunlich viel für Familien getan, sagte Bosch. Es gebe jetzt nach langen Jahren des Stillstandes einen Anspruch auf einen Kinderkrippenplatz und auch die Ganztagesschulen würden ausgebaut. "Da ist aber noch viel zu tun", sagte er. Der Bedarf sei noch nicht abgedeckt, und viele Schulen endeten noch zu früh. "Die Politik hat noch große Hausaufgaben vor sich", sagte Bosch. Deshalb sollte sie das vom Bundesverfassungsgericht gestoppte Betreuungsgeld dafür nutzen, um die Kinderbetreuung besser auszubauen.
Gleitende Rückkehr in den Job
Aber auch auf der betrieblichen Seite hätten die Sozialpartner eine große Aufgabe. Es gebe schon eine Reihe guter Betriebs- und Tarifvereinbarungen, wo man versuche, familiengerechte Arbeitszeiten anzubieten. Viele Mütter wollten heute nach einer Pause an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, sagte Bosch. Es gebe oft den Wunsch nach einer gleitenden Rückkehr in den alten Job, beispielsweise in Teilzeitarbeit. "Und man arbeitet sich dann langsam wieder auf Vollzeitarbeit vor", sagte der Soziologe. "Da gibt es auch Wahlmöglichkeiten, da muss aber noch viel passieren in Betrieben, dass man diesen gleitenden Einstieg auch ermöglicht."
Entökonomisierung als richtiger Weg
Bosch sprach bei staatlichen Hilfen für Familien wie dem Elterngeld von einer "Entökonomisierung". "Mit öffentlichen Mitteln bezahlen wir den Eltern freie Zeit für ihre Kinder", sagte der Arbeitssoziologe. "Das ist meines Erachtens ein richtiger Weg, aber wir müssen natürlich aufpassen, dass unsere Lohnstruktur wieder in Ordnung kommt." Dafür sei der Mindestlohn ein wichtiger Anfang, denn er verringere auch den Druck, möglichst viele Stunden zu arbeiten. "Qualifizierte Verkäuferinnen bekommen auch nur den Mindestlohn, davon kann man keine großen Sprünge machen", kritisierte Bosch. "Insofern ist die Lohnstruktur für mich entscheidend."