Instrumente scharf stellen und Abschied vom Splitting
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Was soll getan werden, um Familien gezielt zu fördern? Wie kommt Geld da an, wo es gebraucht wird? Der Familienbericht einer unabhängigen Expertenkommission empfiehlt unter anderem die Abschaffung eines Relikts, sagt deren Vorsitzende Sabine Walper.
Der 9. Familienbericht mit dem Titel "Eltern sein in Deutschland" wurde über zwei Jahre erstellt. Er fragt, was Elternschaft in Deutschland bedeutet, aber auch, welche Maßnahmen die Politik ergreifen kann, um Familien zu unterstützen. Dafür wurden Eltern direkt befragt. Eine Sachverständigenkommission gibt konkrete Handlungsempfehlungen an die Politik. Der Bericht beschäftigt sich auch mit den verschiedenen Formen von Familien, die es in Deutschland gibt.
Immer mehr Kinder in Patchwork-Familien
So haben etwa 70 Prozent der Minderjährigen verheiratete Eltern, mit denen sie zusammenleben. Zwölf Prozent der Eltern sind nicht verheiratet und 19 Prozent der Kinder leben mit einem alleinerziehenden Elternteil. Immer mehr Kinder wachsen in Patchwork- oder Regenbogenfamilien auf. In jeder dritten Familie gibt es mindestens einen Elternteil mit Einwanderungsgeschichte. Auf all diese Familienkonstellationen, so heißt es im Familienbericht, müsse man eingehen.
"Unser Anliegen war, die Bedarfslagen von Familien zu beleuchten", sagt Sabine Walper vom Deutschen Jugendinstitut, die Vorsitzende der 9. Familienberichtskommission. "Die einzelnen Maßnahmen sind wirklich sehr wirkungsvoll."
Das Elterngeld etwa sei ein Instrument, das sehr gut funktioniere und sehr gut angenommen werde, das aber noch verbessert und "scharf gestellt" werden könne in Bezug auf bestimmte Ziele. Noch sei die Wahrnehmung sehr stark, dass die Mutter beim Bezug des Elterngelds zwölf Monate im Beruf aussetze und der Vater nur zwei. "Wir haben einen Vorschlag entwickelt, wie das Elterngeld auch für Väter stärkere Anreize bietet, in die Elternzeit zu gehen."
Ein Relikt aus einer anderen Zeit
Auch das Ehegattensplitting steht im 9. Famillienbericht – wie schon seit Jahrzehnten – zur Diskussion. Es sei ein "Relikt aus einer anderen Zeit, das heute nicht mehr passt", sagt Sabine Walper.
Einem Großteil der Familienrealitäten in Deutschland sei es nicht mehr angemessen: "Wir müssen einen allmählichen Ausstieg aus dem Ehegattensplitting nehmen. Das ist ein dickes Brett, das gebohrt werden muss."
Walper empfiehlt als einen Anfang "zumindest" die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5, "die so sehr unterschiedliche Nettoeinkünfte von Hauptverdiener und Nebenverdienerin suggerieren".