"Familiengeschäfte" von Alan Ayckbourn

Bittere Wahrheiten – unterhaltsam verpackt

Das Schauspielhaus in Bochum
Am Schauspielhaus in Bochum gibt es Komödienstoff. © picture-alliance / dpa
Von Ulrike Gondorf |
Überall Filz, Gefälligkeiten, Korruption, kriminelle Energie: Ein Möbelhändler, der eigentlich alles besser machen will, gerät auf die schiefe Bahn. In Bochum inszeniert Marius von Mayenburg die Komödie "Familiengeschäfte" von Alan Ayckbourn.
79 Theaterstücke verzeichnet die Homepage des Schriftstellers Alan Ayckbourn. Er ist Großbritanniens populärster Dramatiker, inzwischen längst Sir Alan, und seit den 80er-Jahren ist der englische Autor und Theatermann auch in Deutschland erfolgreich. "Normans Eroberungen", "Schöne Bescherungen", "Doppeltüren", "Ab jetzt" – das sind Stücke, nach denen Theater greifen, wenn sie etwas Unterhaltsames mit gewissem Tiefgang suchen. Das Schauspielhaus Bochum hat jetzt "Familiengeschäfte" auf den Spielplan gesetzt.
Schlamperei, mal fünfe gerade sein lassen, eine Hand wäscht die andere? Nicht mit Jack! Seit der Saubermann die familieneigene Möbelfirma übernommen hat, soll nur noch fair gewirtschaftet und hochanständig Geld verdient werden.
Aber Jack steht ein böses Erwachen bevor. Seine Miteigentümer aus der lieben Familie haben sich nämlich angewöhnt, kräftig und illegal in die eigene Tasche zu wirtschaften. Überall Filz, Gefälligkeiten, Korruption, kriminelle Energie. Mit jedem Schritt, den er tut, gerät Jack tiefer in einen Sumpf aus Egoismus, Gier und Gewissenlosigkeit. Und kommt selbst auf die schiefe Bahn, trotz bester Absichten.
Alan Ayckbourns Erfolgsrezept besteht darin, bittere Wahrheiten in einer unterhaltsamen Schale zu verpacken. Seine Stücke sind alle aus der praktischen Theaterarbeit mit seinem eigenen Ensemble entwickelt. Sie laufen mit der Uhrwerkspräzison einer guten Boulevardkomödie ab. Aber am Ende liegt die scheinbar heile Welt in Scherben.
Wahnwitzig überdrehte Farce
In Bochum hat Marius von Mayenburg inszeniert. Er ist nicht nur Regisseur, sondern auch Autor und Übersetzer. Im Programmheft bekennt er sich zu seiner Bewunderung für die Komödie im allgemeinen und Ayckbourn im Besonderen, gerade weil die fein austarierte Mechanik dieser Stücke wenig Raum für Regieerfindungen lässt. Mayenburgs Inszenierung trifft denn auch das Timing und die komödiantische Seite des Stücks sehr gut. Auf der Drehbühne sind vier Zimmer auf zwei Stockwerken angedeutet; darin überraschen oder verpassen sich die Figuren und die Familiengeschäfte werden geschmeidig abgewickelt. Es gibt Action und Wortwitz, das Publikum hat seinen Spaß.
Über Untertöne und Brüche aber geht der Abend flott hinweg. Marius von Mayenburg beginnt schon schrill komödiantisch, wo alle noch eine ganz normale Familie sein könnten, und hat dann nicht mehr viele Steigerungsmöglichkeiten, wenn die Geschichte in einer wahnwitzig überdrehten Farce endet. Und die Momente, in denen Ayckbourns Figuren als widersprüchliche, einsame, schwierige Menschen erkennbar werden, sind zu selten. Am besten nutzen sie Michael Schütz als gebeutelter Biedermann Jack und Florian Lange als tragikomischer Träumer Desmond. Um sie herum mehr Klamauk als Tiefgang.
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