Fanforscherin über Proteste

Der DFB windet sich um Probleme herum

06:02 Minuten
Beim Fußballspiel am 01.03. 2020 zwischen dem 1. FC Union Berlin und dem VfL Wolfsburg zeigen Fans ein Banner mit der Aufschrift "Fick dich DFB".
Heftige Proteste gegen den DFB beim Fußballspiel zwischen Union Berlin und dem VfL Wolfsburg. © imago images / Matthias Koch
Judith von der Heyde im Gespräch mit Sigrid Brinkmann |
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Die aggressive Kritik der Fans am Fußballmäzen Dietmar Hopp sei nicht alleine den Ultras anzulasten, meint die Fanforscherin Judith van der Heyde. Es sei auch Sache des DFB, sich solcher Probleme anzunehmen.
Wegen kalkulierter Schmähung von Fußballfans gegen Fußballmäzen Dietmar Hopp standen mehrere Bundesliga-Partien am Wochenende kurz vor dem Abbruch. Der SAP-Gründer steht durch seine finanzielle Förderung der TSG Hoffenheim für viele offenbar stellvertretend für die Kommerzialisierung des Fußballs. Wegen der Schmähungen gegen Hopp sollen alle Fans von Borussia Dortmund bis 2022 nicht mehr zu Spielen ins Hoffenheimer Stadion gelassen werden.
Bei den "Hurensohn"- und anderen Banneraufschriften gegen Hopp gehe es nicht um diskriminierende oder vernichtende Beleidigung der Person, sondern um Schmähungen, sagt Judith von der Heyde. Sie arbeitet als Erziehungswissenschaftlerin an der Universität Osnabrück und hat in den Fankurven bei den Ultras geforscht.
Der Mäzen des Fußballvereins TSG Hoffenheim Dietmar Hopp steht auf einer Tribüne
Der Mäzen des Fußballvereins TSG Hoffenheim Dietmar Hopp steht auf einer Tribüne© imago images / ActionPictures
Solche Schmähungen müsse man nicht gutheißen, seien im Stadion aber gang und gäbe. Und im Konflikt mit dem Deutschen Fußball-Bund DFB nutzten die Fans diese als Provokation, um ihre Unzufriedenheit mit der Kommerzialisierung des Fußballs auszudrücken.
"Dietmar Hopp ist eben ein Symbol des modernen Fußballs, in dem es nicht mehr darum geht, Spaß am Fußball zu haben, Tradition zu haben, Vergemeinschaftung zu haben, sondern möglichst viel Geld irgendwohin zu bringen - Stichwort Kommerzialisierung", erläutert von der Heyde.

Kritik am Fußballsystem des DFB

Mit den Attacken drückten die Ultras ihre Kritik an Kollektivstrafen gegen Fans aus. Sie seien auch ein Ausdruck von Angst und Kritik daran, was der moderne Fußball verkörpere:
"Ich würde das Problem jetzt erst mal nicht bei den Ultras sehen. Problematisch finde ich, zu sagen‚ das sind Ultras, die sind ein Problem oder ein Symptom von irgendeinem Problem. Ich glaube, die Grenzen sind da durchaus fließender. Und dann macht es überhaupt keinen Sinn, nach so einem Wochenende starke Grenzen ziehen zu wollen."
Das Wochenende habe auf anderen Ebenen klargemacht, dass bisher weder im Fußball noch gesamtgesellschaftlich gesehen aufgezeigt werde, wo es wirklich strukturelle Diskriminierung, Rassismus, Sexismus, Homophobie und Antisemitismus gebe.

Fehlende Clearingstelle

Außer der Parole "Rassismus die rote Karte zeigen" habe der DFB bisher dazu keine wirklichen Schritte eingeleitet, so von der Heyde. Angebote von Fanprojekten, gemeinsam mit dem DFB eine Clearingstelle für rassistische Diskriminierungen oder Sexismus-Vorkommnisse einzurichten, gebe es seit Jahren.
"Eigentlich kommen sie nicht drum herum, weil die Diskussion jetzt aufgemacht wird an vielen verschiedenen Ecken: Dass sich auch eben genau dazu verhalten werden muss, zu Rassismus, Sexismus und so weiter", sagt die Fanforscherin. "Aber der DFB hat in der Vergangenheit auch gezeigt, dass er sich eigentlich ganz gut darum herumwinden kann."
(mle)
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