Paolo Bacigalupi: "Water - Der Kampf beginnt"
Blessing-Verlag, München 2016
464 Seiten, 19,99 Euro
Diese Science-Fiction-Romane sollten Sie lesen - gerade jetzt!
Oft totgesagt, erfreuen sich Science Fiction und fantastische Literatur inzwischen wieder größerer Beliebtheit. Der Autor und Lektor Sascha Mamczak berichtet über Trends in unsicheren Zeiten und empfiehlt Science-Fiction-Romane, die man unbedingt gelesen haben sollte.
Wenn die Zeiten unsicherer werden und die Menschen sorgenvoll in die Zukunft blicken, schlägt auch die Stunde der Science Fiction. Insbesondere Dystopien scheinen derzeit populär zu sein, zum Beispiel in Form von Klassikern wie Orwells 1984.
"Aber auch aktuelle Science-Fiction-Phänomene wie zum Beispiel die 'Tribute von Panem' gehen ja in die ähnliche Richtung", sagt Sascha Mamczak, seit vielen Jahren Verlagslektor und Herausgeber von Science-Fiction-Werken. "Zum einen nimmt sie Gegenwartsströmungen auf, zieht sie in eine fast schon groteske Überspitzung und will uns damit halt sagen: Passt auf, wenn es so weitergeht, dann könnten wir in diese Richtung gehen und das wäre dann ungut."
Dystopien im Trend
Im Gegensatz zu diesen Dystopien, steht eine andere Science-Fiction-Literatur, die die Zukunftsschilderung nicht im Spiegel der Gegenwart betreibt. Sondern die einfach eine mögliche Welt beschreibt, so Mamczak im Deutschlandradio Kultur:
"Und als Leser bin ich herausgefordert, selbst eine Perspektive zu dieser Welt einzunehmen und mir zu überlegen: Könnte das wirklich funktionieren und welche Haltung habe ich überhaupt dazu? Also, ich mache es mir quasi im Kopf ein bisschen geräumiger als vorher. Ich habe etwas, was über die Gegenwart hinausweist, was nicht nur ein Spiegel der Gegenwart oder eine Verlängerung der Gegenwart ist."
Lesetipp 1: Paolo Bacigalupi - "Water"
In die Kategorie der Zukunftswarnungen fällt zum Beispiel der 2016 erschienene "Water - Der Kampf beginnt": Mamczak zufolge "sehr, sehr spannend" und toll erzählt: "Paolo Bacigalupi beschreibt den Südwesten der USA in naher Zukunft, wie es da extremen Wassermangel gibt", sagt der Science-Fiction-Experte. "Und in Kombination der ökologischen Katastrophe mit sehr großen sozialen Gegensätzen, wie sie ja im Südwesten der USA jetzt auch schon herrschen, bildet sich so etwas wie ein 'perfekter Sturm', also wirklich ein albtraumhaftes Szenario, das wir unbedingt vermeiden sollten."
Lesetipp 2: Ray Bradbury - "Fahrenheit 451"
Ray Bradburys Klassiker "Fahrenheit 451" aus dem Jahr 1953 gehört, so Mamczak, in die Reihe der "großen dystopischen Klassiker". Die Geschichte über den Feuerwehrmann, der in einer totalitären Gesellschaft Bücher beschlagnahmen und verbrennen soll, sei ein Buch, das "wirklich jeder lesen sollte". Denn darin sei es nicht der Staat, der die Menschen dazu zwinge, Bücher zu verbrennen. "Der Trick daran ist, dass wir es selbst wollen, diese Welt. Es ist eine Gesellschaft, die er beschreibt, die sich quasi an ihrer eigenen Dummheit berauscht", sagt er. "Die Diktatur, die da entstanden ist in dem Roman, die kommt von unten und nicht von oben. Das ist ganz, ganz faszinierend beschrieben."
Ray Bradbury: "Fahrenheit 451"
Erstveröffentlichung 1953, in diversen Ausgaben erhältlich
Lesetipp 3: Ursula K. Le Guin - "Freie Geister"
Ursula K. Le Guins Science-Fiction-Klassiker "Planet der Habenichtse" aus den 1970er-Jahren ist gerade in einer Neuübersetzung mit dem Titel "Freie Geister" erschienen und gehört für Mamczak auch zu den "Must Reads" der Science Fiction. Le Guins Buch handele von der Reise eines Bewohners einer utopischen Zukunftswelt auf einen Planeten, in der eine Gesellschaftsform herrsche, die der unseren entspricht: "Hochgradig kapitalistisch orientiert und ausbeuterisch und kompetitiv", sagt Mamczak. "Das Tolle daran ist, dass im Gegensatz dieser beiden Weltentwürfe sich der Leser ständig fragt (...) wo sind eigentlich die Ansatzpunkte, was wir anders machen könnten, was wir sein könnten?"
Ursula K. Le Guin: "Freie Geister"
Verlag S.Fischer, Frankfurt/Main 2017
432 Seiten, 14,99 Euro