Das neue Buch von Norbert und Melanie Martins heißt "Street Art Galerie - Berliner Wandbilder". Weitere Informationen auf der Webseite.
Viele Motive sind bereits aus dem Stadtbild verschwunden
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Seit 45 Jahren fotografiert Norbert Martins ein Stück Kunstgeschichte: 900 verschiedene Wandgemälde hat er bisher archiviert. 400 davon gibt es bereits nicht mehr. Nun ist ein neuer Bildband erschienen.
Als Norbert Martins Mitte der 1970er-Jahre seine Leidenschaft für die Fassadenmalerei entdeckte, war das noch eine vom Staat geförderte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Künstler, wie er berichtet. So ist 1975 auch Berlins erstes Wandbild entstanden: Ben Wagins "Weltbaum" war das Resultat eines vom Senat ausgelobten Wettbewerbs.
Als Martins gemeinsam mit seiner Frau dieses Mural zum ersten Mal sah, sei er davon so fasziniert gewesen, dass er dieser Kunstform sofort verfallen war. Er wollte wissen, ob es noch weitere Wandbilder in Berlin gibt: "Daraufhin haben wir dem Bausenator geschrieben, ob er irgendwie Adressen für mich hat. Ich habe dann auch eine Liste bekommen, so zwölf, 13 Adressen."
Das Ehepaar hat dann alle abfotografiert, wie Martins erklärt. Über die vergangenen 45 Jahre ist aus dieser Leidenschaft ein umfangreiches Archiv von Berliner Wandbildern entstanden: 900 sind darin dokumentiert.
400 Wandbilder bereits aus dem Stadtbild verschwunden
"Ich schätze, dass ungefähr noch 500 Bilder zu sehen sind", sagt der Experte für Berliner Fassadenmalerei. Viele seien verschwunden, weil man Baulücken geschlossen oder Hausfassaden wärmegedämmt habe. Dem ist zum Beispiel Gert Neuhaus' Wandbild "Reißverschluss" zum Opfer gefallen, das er 1979 an eine Fassade in der Zillestraße 1 gemalt hatte.
Nach der Wende erweiterte Martins sein Archiv um die Wandbilder im Ostteil der Stadt. Dabei habe ihn überrascht, dass diese nicht politisch gewesen seien. Die Wandbilder im Westteil hingegen beinhalteten von Anfang an politische Botschaften, oft Umweltschutzthemen, sagt Martins.
Ein Mural in zehn Tagen
Im Laufe der Jahrzehnte hat sich allerdings einiges getan: Heute müsse man bei der Stadtverwaltung keinen Entwurf mehr einreichen, um eine Hausfassade bemalen zu dürfen. Heute bekomme man direkt eine Wand gestellt, sagt Martins, auf die die Künstler dann malen, was sie wollen.
Auch die Zeit, die sie dafür brauchen, hat sich extrem verkürzt, wie er berichtet: Die heute verwendete Farbe aus den Spraydosen trocknet wesentlich schneller, weswegen man zügiger weiterarbeiten kann. Brauchte man früher bis zu zwei Monate für ein Mural, ist es heute oft schon nach sieben bis zehn Tagen fertig.
(ckr)