Fasten - Abnehmen durch Verzicht?

Von Udo Pollmer |
Gerade in der Zeit vor Ostern hat das Fasten bei vielen Menschen Tradition. Sie geben an, sich nach dem Fasten leistungsfähiger und gesünder zu fühlen. Für manche ein gewünschter Nebeneffekt ist der Gewichtsverlust. Doch zum Abnehmen ist Fasten nicht das geeignet Mittel.
Natürlich ist Fasten nicht zum Abnehmen da, aber vielleicht hilft es ja dabei? Nahrungsentzug führt nicht zum Fettabbau – weil der Körper sein Fett als Isolator benötigt. Wer Energie sparen will, entfernt ja nicht die Wärmedämmung. Der Körper baut zuerst immer die Muskeln, die Organe und die Knochen ab. Lediglich bei Frauen gibt es Reservefette, um eine Schwangerschaft auszutragen und die nicht der Isolation dienen. Das das betrifft Brust und Po. Das Fett am Bauch als Isolator für die inneren Organe, die es immer schön warm brauchen, bleibt natürlich erhalten.

Das heißt, Ihrer Meinung nach schadet das Fasten den Knochen? Bisher gibt es offenbar keine Untersuchungen zu den Folgen des Fastens auf die Knochendichte. Für den Körper ist es egal, ob gefastet, gehungert oder Diät gehalten wird. Nahrungsmangel greift nun mal den Knochen an. Dagegen hilft auch kein Quark. Obwohl das Risiko allgemein bekannt ist, fehlen solide Daten. Das wirft kein gutes Licht auf eine Branche, die seit langem erhebliche Umsätze erwirtschaftet.

Die meisten Menschen, die am Fasten teilgenommen haben, machen es immer wieder. Sie sagen, sie fühlen sich danach freier und leistungsfähiger. Ja, der Effekt auf die Stimmung ist typisch. Wer ausreichend hungert, wird – vor allem wenn er schlank ist – vom Fasten high. Ein ähnlicher Effekt wie manchmal beim Joggen oder beim Drogenkonsum. Nur handelt es sich hier um körpereigene Drogen. Beispielsweise um Endorphine, die für eine Euphorie sorgen. Da ist der Kontakt zu den Geistern nicht mehr weit, was den Platz des Fastens als religiöse Praxis erklärt.

Andererseits: Eine Praxis, die in vielen Kulturen so tief verankert war, sollte ja durchaus auch gesundheitliche Vorteile haben? Unsere Anbieter von Fastenkuren hüllen sich in Schweigen, fragt man nach Belegen für die Wirksamkeit. Wenn es harte Daten gäbe, lägen sie längst auf dem Tisch. Es gibt genug Kliniken, Ärzte, Heilpraktiker die Fastenkurse anbieten, die ihre Kunden langfristig begleiten und die über hinreichend Datenmaterial verfügen. Doch statt belastbarer Statistiken kommen immer nur neue Werbeschriften heraus. Das heißt natürlich nicht, dass es keinen Effekt gibt. Der wichtigste ist zweifelsohne, dass Fasten die Belastung durch Darmparasiten vermindert. Das ist in unserer heutigen Zeit nicht so wichtig, früher war das vielfach lebensrettend. Die Parasiten sind seit eh und je die größte gesundheitliche Bedrohung für die Menschheit. Beim Fasten werden die Bandwürmer ausgehungert und durch das dabei häufig eingenommene Glaubersalz verlieren sie nicht nur den Glauben an das Gute im Menschen, sondern auch den Halt an der Darmwand.

Und warum soll das heute nicht mehr wirken? Das tut es natürlich. Denn auch heute gibt es, dank Ferntourismus und Zuwanderung, leider wieder mehr Parasiten – auch im Darm. Da diese Einsicht aber noch nicht bei der Masse der Ärzte angekommen ist, glaube ich schon, dass es da und dort durch Fassten deutliche gesundheitliche Fortschritte gibt. Allerdings wäre mir eine korrekte Diagnose lieber. Andererseits sollen hier die Risiken des Fastens nicht verschwiegen werden: Vor allem ältere Menschen sollten generell auf das Fasten verzichten, da es ihr Immunsystem irreversibel schädigt.

Hilf das fasten bei Allergien, wie manchmal zu lesen ist? Wenn jemand auf bestimmte Lebensmittel allergisch ist, und sie eine Woche nicht essen soll, hat er solange auch keine Beschwerden. Aber er ist dadurch doch nicht geheilt? Das sind Taschenspielertricks. Eines muss man jedoch dem Fasten lassen: Es mag dem einen oder anderen durch die Fasteneuphorie helfen, ein wenig Abstand zum Alltagstrott zu gewinnen. Andere brauchen dafür einen teuren Abenteuerurlaub am Polarkreis, wieder andere gehen im Wald spazieren, setzen sich auf einen Baumstumpf, verzehren ihr Schnitzelbrot und denken dabei nach. So kann jeder nach seiner Facon glücklich werden.

Literatur:
Petkevicius S et al: The effect of fasting on Asacris suum and Oesophagostomum spp. in growing pigs. International Journal of Parasitology 1997; 27: 431-437
Walrand S et al: Specific and nonspecific immune responses to fasting and refeeding differ in healthy young adult and elderly persons. American Journal of Clinical Nutrition 2001; 74: 670–678
Von Herz U, Müller KJ: Heilfasten. Aktuelle Ernährungsmedizin 1996; 21: 25-28
Huebner H: Endorphins, Eating Disorders and Other Addictive Behaviors. Norton & Co. New York 1993