Fußballclub Büsingen

Wie ein Verein aus einer deutschen Exklave in der Schweiz spielt

06:12 Minuten
Fußball (Symbolbild)
Der FC Büsingen feiert sein Jubiläum auch mit einem temporären Museum. (Symbolbild) © dpa / picture alliance / Michael Bihlmayer
Von Heinz Schindler · 14.07.2024
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Der deutsche Ort Büsingen ist von Schweizer Territorium umgeben. Das führt zu Kuriositäten - auch im Sport. Der dortige Fußballclub feiert nun sein 100-jähriges Bestehen.
Büsingen am Hochrhein mit seinen 1800 Einwohnern wäre ein Dorf wie Tausende andere auch und der FC Büsingen ein Verein wie jeder andere im Land. Aber in welchem? In Deutschland oder in der Schweiz?

Eine deutsche Exklave oder eine schweizerische Enklave

Denn der Ort ist - je nach Perspektive - eine deutsche Exklave in der Schweiz oder eine schweizerische Enklave.
Für Heinz Wipf, den Präsidenten des FC Büsingen, ist die Sache ungeachtet jeglicher Grenzverläufe klar.

„Wir schwätzen schwyzerdütsch, die meisten. Die meisten arbeiten auch in der Schweiz. Sie gehen ins Militär nach Deutschland, das ist etwas ganz Besonderes. Aber ich würde sagen, von den Prozenten her sind 70, 80 Prozent mehr Schweizer als Deutsche.“
Etwa 300 Mitglieder hat der Verein, circa 180 davon aktive. Circa acht von zehn Spielern sind Schweizer, früher war es mal anders.
Büsingen ist, obwohl deutsches Hoheitsgebiet, de facto schweizerischer Wirtschaftsraum. Im Westen grenzt das Gemeindegebiet an Schaffhausen - und auch sportlich hat sich der Verein 1949 in Richtung Schweiz orientiert.

Wir sagen, wir sind der deutsche Fußballverein in der Schweiz und der schweizerische Fußballklub in Deutschland. Das ist schon etwas Besonderes. Wir haben kürzlich das 75-jährige Bestehen  im schweizerischen Fußballverband gehabt, obwohl wir auf deutschem Boden spielen.

Heinz Wipf, Präsident des FC Büsingen

Welche Kuriosiäten es gibt

Für Auswärtige ist es mitunter noch ein Kuriosum, auf dem fast neuen Kunstrasenplatz am Rande des Dorfes zu stehen, berichtet Elias Meier. Er ist Präsident des Organisationskomitees zum 100-jährigen Bestehen des Vereins.
„Aber es kommen auch immer wieder Schiedsrichter, die meinen „hahaha, mein erstes internationales Fußballspiel“. Die genießen das. Oder teilweise kommen auch gegnerische Mannschaften, die wollen mit Euro bezahlen und sind dann überrascht, dass man hier eigentlich lieber Schweizer Franken als Euro annimmt.“

Schweizer Franken, das heißt auch Schweizer Preisniveau. Die Bratwurst kostet sechs Franken, also etwa sechs Euro umgerechnet.

In Büsingen gab es auch schon ein Frauenteam

Fast wie in der deutschen Bundesliga, allerdings serviert man dazu Fußball der Schweizer vierten Liga, das ist die achthöchste Spielklasse des Landes. Zum Jubiläum gönnt sich der Verein indes mal etwas Höherklassiges.

„Am 21. Juli, kommen dann die Frauen von Grashoppers Zürich sowie die Frauen vom SC Freiburg U20 zu uns für ein Vorbereitungsspiel. Da geht es wirklich darum, den Frauenfußball in den Fokus zu stellen, der in der Schweiz, vor allem auch in Schaffhausen, noch in den Kinderschuhen steckt.“

Eine eigene Frauenmannschaft gab es mal in Büsingen. Sie konnte man aber mangels Interessentinnen nicht aufrechterhalten.

Büsingen am Hochrhein
Büsingen am Hochrhein hat 1800 Einwohner.© dpa / picture alliance / Felix Kästle

Der FC Büsingen feiert sein Jubiläumsjahr

Das Hundertjährige feiern sie beim FC Büsingen das ganze Jahr über. Haben in ihrem Vereinsheim ein temporäres Museum aufgebaut, das erinnern soll an frühere erfolgreiche Jahre mit Spielern aus Büsingen und dem benachbarten schweizerischen Dörflingen.
Und es gibt nach 100 Jahren eine augenzwinkernde späte Wiedergutmachung gegenüber der Gemeinde.

„Kurz vor dem ersten Spiel stand noch ein Nussbaum auf dem Platz. Es wurde damals dem FC verboten, diesen zu fällen. In einer Nacht- und- Nebelaktion vor dem ersten Spiel wurde dieser dann eher unsanft vom Platz entfernt. Und jetzt, 100 Jahre danach, werden wir der Gemeinde einen neuen Nussbaum schenken. Er wird etwa 50 Meter neben dem Platz stehen.“

Wie sich der Status politisch bemerkbar macht

Wenn doch alles so einfach zu lösen wäre, sagt Präsident Heinz Wipf. Denn trotz seiner 75 Jahre als Mitglied im Schweizer Fußballverband macht sich für den Verein plötzlich der Status des Dorfes als Enklave oder Exklave bemerkbar.

„Vor zweieinhalb Jahren hat uns das Bundesamt für Sport das Geld für Jugend und Sport gestrichen, weil nach etlichen Jahren gemerkt haben, dass unser Fußballplatz auf deutscher Gemarkung liegt. Und nach der Verordnung haben wir für unsere Jugendlichen kein Fördergeld zugute.“

Da geht es um jährlich etwa 10.000 Schweizer Franken. Es ist ein schwebendes Verfahren, noch kann alles gut im Sinne des Vereins ausgehen.

An eine Mitgliedschaft im Badischen Fußballverband verschwendet man beim FC Büsingen jedoch keinen Gedanken. Eine Doppelmitgliedschaft beim Schweizer Verband und beim DFB hatte man einmal 2015 erwogen, um beim Erhalt von Fördermitteln auf der sicheren Seite zu sein.
Doch an dem Tag, als man dies bei der FIFA vortragen wollte, wurden deren Führungskräfte verhaftet. 

„Dann wurde das in den Hintergrund geschoben und ist versickert.“

Denn obwohl der kürzeste Weg nach Rest-Deutschland nur 700 Meter durch Äcker und Felder beträgt, pflegen lediglich die Alten Herren des Vereins Kontakte dorthin in die nähere Umgebung.

„Wir sind in Dettighofen, wir sind in Gailingen, das sind für den Zuhörer sicherlich unbekannte Ortschaften. Aber es passt und sie kommen zu uns und wir „alte Herren“ pflegen das und das passt.“

Und mehr, so hat man den Eindruck, muss es auch nicht sein. Schon seit 100 Jahren nicht, beim deutschen Fußballverein in der Schweiz.

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