Ermordet durch spanische Faschisten
Er gilt als einer der wichtigsten Erneuerer der spanischen Literatur. Im Bürgerkrieg wurde dem Dichter Federico García Lorca sein Engagement für die Republik aber zum Verhängnis. Vor 80 Jahren wurde er verhaftet und kurz darauf erschossen.
"Schweigt! Ich will kein Klagen! Dem Tod hat man ins Gesicht zu blicken. Die Tränen sind für die Einsamkeit. Schweigt!"
Die Worte, die Federico García Lorca seiner despotischen Bernarda in seinem Drama "Bernarda Albas Haus" in den Mund legt, sind ein Requiem wider Willen. Knapp zwei Monate, nachdem der andalusische Dichter seine "Tragödie von den Frauen in den Dörfern Spaniens" fertiggestellt hat, fällt er eben jener autoritären Gesinnung zum Opfer, die er anprangert: Am 16. August 1936 wird Federico García Lorca von den aufständischen Militärs verhaftet, wenige Tage später erschossen. Es ist das tragische Ende eines Dichters, der bereits zu Lebzeiten als großer Erneuerer der spanischen Literatur gefeiert wurde.
García Lorca, geboren am 5. Juni 1898, wächst als ältester von fünf Geschwistern auf dem andalusischen Land auf, der Vater Landwirt, die Mutter Lehrerin. Seine Herkunft zieht sich wie ein roter Faden durch Leben und Werk, sagt sein Biograf Ian Gibson im spanischen Rundfunk:
"Lorcas erster Text "Mein Dorf" stammt aus dem Jahr 1916. Fuente Vaqueros, sein Dorf in La Vega de Granada, prägt sein ganzes Werk, sein gesamtes künstlerisches Schaffen. Seine Familie, die Garcías aus Fuente Vaqueros, war im Landkreis als geniale Künstlerfamilie bekannt. Sein Onkel Luis spielte Klavier, ein anderer sang, ein anderer malte: Und diese Begabungen erbt er alle. Vor allem das musikalische Erbe zieht sich durch sein gesamtes Werk."
Der junge Federico träumt davon, Musik zu studieren, doch sein Vater drängt ihn zum Jurasudium. 1919 geht er nach Madrid, in Spaniens progressive Lehreinrichtung La Residencia. Lorcas Vorträge sind berühmt. Wenn er rezitiert, bildet sich eine Traube von Bewunderern um den jungen Dichter mit dem melancholischen Blick.
Lorca gilt als wichtigste Stimme seiner Generation
Als 1928 seine von vielen Komponisten vertonten Zigeunerromanzen erscheinen, gilt er der Kritik als wichtigste Stimme seiner Generation. In ihnen klingt eines seiner großen Themen durch: die nicht auslebbare Leidenschaft. Dass Lorca Männer liebt, ahnen seine Freunde, offen sprechen sie nicht darüber. Angeblich ist es die Trauer über eine gescheiterte Beziehung, die ihn 1929 nach New York und Kuba treibt.
Die Reise schärft Lorcas Blick für soziale Ungerechtigkeiten in der Heimat. Ein Drittel der Spanier kann weder lesen noch schreiben. Im April 1931, ein paar Monate nach seiner Rückkehr, wird die Zweite Republik ausgerufen. Wie viele Künstler, begeistert er sich für die junge Demokratie, tingelt mit dem Theater "La Barraca" über die Dörfer, führt im Overall Dramen von Cervantes und Lope de Vega auf. In seinen gefeierten Theaterstücken "Bluthochzeit" und "Yerma" prangert er die Unterdrückung im ländlichen Spanien an. Aus seiner politischen Haltung macht er keinen Hehl. Der Zeitung "La Voz" sagt er:
"Zwei Männer gehen am Fluss entlang, der eine reich, der andere arm. Der Reiche sagt: "Welch' ein hübsches Schiff da auf dem Wasser. Schauen Sie, die Lilie, die am Ufer blüht." Der Arme brummt: "Ich habe Hunger. Ich sehe nichts." An dem Tag, an dem der Hunger verschwindet, wird es in der Welt zur größten geistigen Explosion kommen, die die Menschheit je erlebt hat."
Fatale Flucht nach Granada
Das Klima in Spanien spitzt sich zu. Die Sozialreformen greifen nicht. Die faschistische Falange wird gegründet, linke Gewerkschaften und Parteien rufen zu Generalstreiks auf. Im Februar 1936 kommt die Volksfrontregierung an die Macht. Konservative und Militärs verschwören sich gegen die neue Regierung. Im Juli 1936, wenige Tage vor dem Putsch des Generals Francisco Franco, flieht Lorca aus der Hauptstadt auf das Sommeranwesen seiner Familie. Ein grober Fehler: In Granada siegen Francos Aufständische. Federico García Lorca steht auf der schwarzen Liste von Granadas neuen Machthabern.
"Federico García Lorca wird ermordet, weil er die Republik unterstützt. Er ist zwar kein Parteimitlied der Sozialisten, steht ihnen aber sehr nahe. Und er hat sich sehr kritisch gegenüber der Bourgeoisie Granadas geäußert. Dazu kommt sicherlich auch etwas Neid. Der Hauptgrund aber ist tatsächlich: Lorca ist ein "Roter". Und schlimmer: Er ist ein "schwuler Roter"."
Gemeinsam mit drei anderen wird der der größte spanische Dichter des 20. Jahrhunderts auf einem Feld verscharrt. Wo genau seine Reste ruhen, ist bis heute unbekannt.