Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit

"Ich wünsche mir einen Tag der Deutschen Vielfalt"

Annett Gröschner blickt freundlich in die Kamera.
Nach 30 Jahren Wiedervereinigung lasse sich nicht mehr einfach von Ost- und Westdeutschen sprechen, sagt die Schriftstellerin Annett Gröschner. © Susanne Schleyer/autorenarchiv.de
Annett Gröschner im Gespräch mit Marianne Allweiss · 03.10.2018
Wie beurteilt eine in der DDR geborene und dort aufgewachsene Schriftstellerin die Reden der Politiker zum Tag der Deutschen Einheit? Das haben wir die Schriftstellerin Annett Gröschner gefragt.
Annett Gröschner hat zwar keine grundsätzlichen Einwände gegen Schäubles Rede, der am Tag der Deutschen Einheit in der Berliner Staatsoper vor der Gefahr des Rechtspopulismus warnte und für eine offene Gesellschaft plädierte. Auffällig sei aber, dass die politischen Reden vor allem von der westdeutschen Perspektive geprägt seien.

Westdeutsche Perspektive

Im Deutschlandfunk Kultur erinnerte die 1964 in Magdeburg geborene Schriftstellerin und Historikerin daran, dass Schäuble "einer von zwei Leuten war, die den Einigungsvertrag unterschrieben haben.
Und in diesem Einigungsvertrag waren eben sehr viele Punkte, die dazu geführt haben, dass die Ostdeutschen sich zunehmend als Bürger zweiter Klasse gefühlt haben und sich zum Teil auch heute noch fühlen."

Keine Wiedervereinigung unter Gleichen

Sie selbst hätte sich eine andere Wiedervereinigung gewünscht, sagte sie weiter: "Mit mehr Zeit und einem Zusammengehen auf Augenhöhe." Insbesondere Letzteres sei nicht der Fall gewesen: "Und das hat sich natürlich auf unser aller Leben ausgewirkt." Auch wenn sie, wie sie im weiteren einräumte, von der deutschen Einheit heute durchaus profitiere.
Jedoch wünsche sie sich "eigentlich keinen ‚Tag der Deutschen Einheit‘, sondern eher einen ‚Tag der Deutschen Vielfalt‘. Ich finde, das ist ja gerade das, was die Gegenwart ausmacht. Es sind 30 Jahre vergangen, man kann nicht mehr nur von Ostdeutschen und Westdeutschen sprechen."
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