Der ungarische Sonnenkönig
Er baute sich ein Opernhaus, als selbst Wien noch keines hatte. Joseph Haydn komponierte für ihn Opern, Goethe schwärmte von seinen Festen: Der ungarisch-österreichische Feldmarschall Nikolaus I. Joseph Fürst Esterházy war märchenhaft reich - und wurde vor 300 Jahren geboren.
Er war der mächtigste Mann Ungarns, sagenumwoben reich und ein großer Liebhaber von Kunst und Musik – Joseph Haydn stand fast drei Jahrzehnte lang als erster Kapellmeister und Operndirektor in seinem Dienst. Mit seinem prunkvollen Auftritt 1764 bei der Krönung Joseph II. zum römisch-deutschen König ging er in die Geschichte ein.
"Herr Fürst Nicolaus Esterházy in reichem goldstückenen Mantelkleid mit goldenen Spitzen, und mit einem Hut mit Putzfedern versehen, in Dero sechsspännigen kostbaren Prachtwagen, neben welchem sechs Heiducken, vor selben zwei Dero Stallmeister ritten."
"Herr Fürst Nicolaus Esterházy in reichem goldstückenen Mantelkleid mit goldenen Spitzen, und mit einem Hut mit Putzfedern versehen, in Dero sechsspännigen kostbaren Prachtwagen, neben welchem sechs Heiducken, vor selben zwei Dero Stallmeister ritten."
Nikolaus I. Esterházy de Galantha, geboren am 18. Dezember 1714, steht im 50. Lebensjahr, als Kaiserin Maria Theresia ihn in der Rolle eines Wahlbotschafters zur Krönung ihres Sohnes nach Frankfurt schickt. Sie schätzt ihn. Im Siebenjährigen Krieg hat er gegen die Truppen ihres Intimfeindes Friedrich des Großen gekämpft. Und sie kann sicher sein, dass Esterházy sie nicht blamieren wird. Denn die Esterházy stehen zwar an der Spitze Ungarns – der Fürst ist immer auch Palatin, also Vizekönig – das aber erst seit wenigen Generationen. Gegenüber dem uralten erbländischen Adel muss sich die Familie erst noch behaupten. Eine ehrenvolle diplomatische Mission wie die eines kaiserlichen Abgesandten kommt da gerade recht.
Frankfurt wird im Frühjahr 1764 zur Festkulisse, vor der sich Europas Fürsten einen spektakulären Statuswettbewerb liefern. Glanzvolle Bälle, reiche Tafeln, prächtige Paraden, Feuerwerke und andere Lustbarkeiten – auf der Bühne der barocken Selbstdarstellung übertrumpft Nikolaus Esterházy alle anderen. Noch ein halbes Jahrhundert später erinnert sich Johann Wolfgang von Goethe an das "Esterházysche Feenreich," eine märchenhafte Lichtinstallation, die ihn als 14-jährigen während der Krönungsfeierlichkeiten in seiner Heimatstadt bezaubert hat:
Johann Wolfgang von Goethe: "Dieser hohe Botschafter hatte die große Linden-Esplanade am Rossmarkt vorn mit einem farbig erleuchteten Portal, im Hintergrund aber mit einem wohl noch prächtigern Prospekte verzieren lassen. Zwischen den Bäumen standen Lichtpyramiden und Kugeln auf durchscheinenden Piedestalen; von einem Baum zum anderen zogen sich leuchtende Girlanden."
Märchenschloss im Sumpfgebiet
Nikolaus Esterházy lebte auch nach Frankfurt 1764 und bis zu seinem Tod 1790 nicht schlecht. Er ließ das vom Vater geerbte, in einem fieberträchtigen Sumpfgebiet gelegene kleine Jagdhaus Suttor zum prunkvollen Schloss Esterháza ausbauen, mit einem eigenen Opernhaus, zu einem Zeitpunkt, als es in Wien noch gar keines gab. Viele von Joseph Haydns barocken Opern wurden hier uraufgeführt, fast täglich fanden Konzerte statt.
1772 komponierte der Hofmusiker auf Esterhaza seine legendäre Abschiedssymphonie, bei der die Musiker einer nach dem anderen das Podium verlassen – angeblich, um Esterházy zu zeigen, dass er sie zu lange arbeiten ließ. 1773 empfing der Fürst auf Esterháza Maria Theresia zum Besuch. Weil Sommer war, die Kaiserin aber den Schnee so liebte, ließ er die Wege über und über mit Salz bestreuen. Für eine Schlittenpartie.
Sowohl Schloss Esterháza, genannt das ungarische Versailles, als auch Schloss Esterházy im österreichischen Burgenland stehen heute, neben weiteren prächtigen Besitztümern der Familie, dem Publikum offen. Besuchern könnte es ergehen wie dem staunenden Wanderer aus dem Roman Harmonia Caelestis. So heißt das Buch, das der 1950 geborene Schriftsteller Peter Esterházy über seine berühmte Familie schrieb:
Peter Esterházy:"Wie oft sah sich der der Phantasterei zugeneigte transdanubische Reisende mit aufgerissenen Augen um, wenn der Fuhrmann mit einem Schwung seines Peitschenstiels auf glanzerfüllte Märchenschlösser zeigte; auf von der Sonne gestreichelte, wegschlummernde riesige Parks; auf bis zum Himmelskreis silbrig dahinwogende Seen. Und der Fuhrmann murmelte unter seinem rötlichen Bart:"
Auch das gehört dem Esterházy.