Felix Weber: "Staub zu Staub"

Der lange Schatten der Gewalt

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Das Cover des Buches "Staub zu Staub" auf orangegefärbten Hintergrund.
Im dem neuen Buch von Felix Weber spielt der ehemalige Widerstandskämpfer Siem Coburg die Hauptrolle. © Deutschlandradio/ Penguin Verlag
Von Tobias Gohlis |
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Der niederländische Kriminalroman "Staub zu Staub" erzählt eine bedrückende Geschichte aus den 1940er-Jahren. Es geht um behinderte Kinder, die in einem Pflegeheim der katholischen Kirche auch nach Ende des Krieges um ihr Leben fürchten müssen. 
"Staub zu Staub" ist eines der schwärzesten und traurigsten, aber auch ergreifendsten Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe.

Der niederländische Krimiautor Gauke Andriesse hat sich für seinen Gang in die dunkle Vergangenheit extra das Pseudonym Felix Weber zugelegt. Als benötige er eine andere Identität, um erzählen zu können, was damals 1949 in den Niederlanden geschah in dem fiktiven Dorf Wercke, am Ufer der Maas und nahe zur Grenze nach Deutschland gelegen.

Dieser Ort ist beherrscht vom Schatten des Klosters Sint Norbertus und das ist in den Niederlanden in jener Zeit weithin bekannt, weil es ein Heim für die Kinder betreibt, die schwer behindert sind – "unwertes" Leben in der menschenfeindlichen Diktion der Nazis, deren Besatzungsterror erst wenige Jahre zuvor beendet wurde.

Behinderte Kinder, traumatisierte Mönche

Protagonist des Romans "Staub zu Staub" ist der ehemalige Widerstandskämpfer Siem Coburg. In seiner kommunistischen Widerstandsgruppe war er Außenseiter, er glaubte an nichts und wurde wegen seiner Kaltblütigkeit zur Hinrichtung von Verrätern eingesetzt. Ein behindertes Kind hat Coburg vor Jahren das Leben gerettet, jetzt soll er herausfinden, wer diesen Jungen getötet hat. Unter dem Vorwand, über die Betreuung der Behinderten berichten zu wollen, dringt Coburg in das Kloster vor und stößt auf Barmherzigkeit und Gewalt. Denn die behinderten Kinder werden von Mönchen betreut, die selbst schwer traumatisiert sind.

Die kriminalistische Suche Coburgs wird von Felix Weber flankiert durch weitere Erzählstränge, die bis in das Grauen in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs zurückführen, aber auch den aktuellen Kolonialkrieg der Niederlande gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen des späteren Indonesien nicht aussparen.

Der Roman ist eine große Klage

"Staub zu Staub" entfaltet in düsteren Winterbildern ein Panorama struktureller Gewalt und damit verbundener persönlicher Schuld. Der Roman ist eine große Klage, und vor allem eine erschütternde Mahnung: Die Zeiten, in denen ein Menschenleben sehr wenig wert war und die Würde vieler Menschen ein Nichts, sind kaum vergangen und schon gar nicht vorbei. Im Unterschied zur Masse der gängigen Krimis ist "Staub zu Staub" keine Erbauungsliteratur und steht deshalb völlig zu recht auf der Krimibestenliste.
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