Feminismus 2.0
Das "Missy Magazine" hat eine bescheidene Auflage, aber einen frechen Anspruch: Popkultur-Zeitschrift für Feministinnen von heute. In der Berliner Redaktion sind die neuen Alphamädchen am Werk - mittendrin "Missy"-Gründerin Stefanie Lohaus.
"Sooo, herzlich willkommen hier zur Missy-Magazine-Radioshow. Ich bin Stefanie Lohaus und heute werde ich mal wieder eine sehr musiklastige Sendung spielen."
Für die Sendung "Missy-Mob" auf dem freien Kulturkanal "reboot.fm" in Berlin hat Stefanie Lohaus einen wilden Mix aus ihrer Plattenkiste mitgebracht. Die ist gut bestückt, denn Musik hat im Leben der 32-Jährigen schon immer eine große Rolle gespielt: Als Teenager im grauen Dinslaken im nördlichen Ruhrgebiet ist sie das einzige Mädchen, das für Bands nicht nur schwärmt, sondern sich auch Expertenwissen aneignet. Ihre ersten festen Freunde spielen in Bands - als Schlagzeuger und als Gitarrist.
Aber selber Musik zu machen – auf die Idee kommt Stefanie Lohaus nicht:
"Erst viel später, als ich dann in Hamburg gewohnt hab und in kleine Clubs gegangen bin und andere Bands gesehen hab, in denen Frauchen auch tatsächlich an den Instrumenten gespielt haben, hab ich gesehen: Ah, das ist ja was, das du auch machen kannst! Und hab dann tatsächlich angefangen, E-Gitarre zu lernen. Da wurde mir eben bewusst, wie unglaublich wichtig das ist, solche Vorbilder zu haben und genau diese Klischees aufzubrechen. Dass es eben nichts damit zu tun hat, dass Frauen so sind und Männer so, sondern dass es einfach ne erlebte Realität ist, die uns prägt."
Das kleine "Missy Magazine" residiert nobel: Oranienburger Straße an den Hackeschen Höfen in Berlin Mitte. Eine angesagte und teure Adresse. Die sich das feministische Pop-Magazin nur leisten kann, weil die Grafikerin des Blattes die drei bescheidene Büroräume in einem Altbau schon seit Jahren gemietet hatte.
Herausgeberin Stefanie Lohaus bespricht mit einer Redaktionspraktikantin eine Modestrecke fürs nächste Magazin, beantwortet am Laptop Dutzende E-Mails, telefoniert zwischendurch mit dem iPhone. Im vollgestopften Regal liegt der Jahreskalender der feministischen Zeitschrift "Emma" aus Stefanies Geburtsjahr 1978. Den hat sie bei ihrer Mutter im Keller gefunden:
"Es war schon so, dass meine Mutter im Geiste der 80er mir auch Autos als Spielzeug - und ich hatte auch immer ganz viele Jungs-Freunde, auch schon im Kindergarten. Ich war dann auch immer Prinzessin an Karneval, aber ich hab dann auch den Jungs die Pistole weggenommen und hab nicht eingesehen, dass Prinzessinnen keine Pistolen tragen dürfen."
Die Eltern ließen sich scheiden, als Stefanie ein Jahr alt war. Ihre Mutter arbeitete als Lehrerin an einer Hauptschule, darum nahm die Oma die Kleine oft mit zu ihrer Arbeit als Putzfrau. Lange wollte das Kind denn auch Putzfrau werden, doch ihre Mutter impfte ihr schon früh ein, zu studieren. Das tat sie: Angewandte Kulturwissenschaften in Lüneburg. Als Magisterarbeit eine Untersuchung von Schallplattencovern als Ausdruck popkultureller Distinktion.
Auf der Uni schloss Stefanie Lohaus Freundschaft mit Chris Köver und Sonja Eismann. Eine schicksalshafte Begegnung, denn die Drei gründen 2008 zusammen das "Missy Magazine": Chris war in den USA gewesen und hatte Stefanie das Frauen-Magazin "BUST" mitgebracht. Mit Artikeln über Frauen, die Musik machen, Filme drehen, die Welt retten oder auf andere Arten fantastisch sind.
"Und ich hab das gelesen und ich dachte: Oh mein Gott! Hätte ich das gehabt, wenn ich 16 gewesen wär – ich wär wahrscheinlich Rockstar geworden. Ich hab das zugeklappt und dachte: Wo, du kannst alles machen! Du kannst das Leben von so vielen Frauen verändern, wenn es so ein Magazin geben würde! Und du kannst das machen."
Noch in derselben Nacht schreibt sie Chris Köver eine E-Mail, am nächsten Tag treffen sich die beiden mit Sonja Eismann und entwerfen wie im Fieber das Konzept von "Missy":
Ein Magazin über Pop, Sex, Politik und Style – und mit einer feministischen Perspektive. Dabei war Stefanie Lohaus lange davor zurückgeschreckt, sich ausdrücklich Feministin zu nennen. Sie ärgerte sich zwar über mangelnde Gleichberechtigung, hatte aber gleichzeitig das Zerrbild der Männer hassenden Kampfemanze in lila Latzhose im Kopf. Heute ist sie weiter, auch dank einem Austauschjahr in den USA und der Gender Studies an der Universität:
"Ich würde sogar sagen, es ist meine Aufgabe, zu sagen, ich bin Feministin, weil ich ja dem Klischee auch nicht entspreche, natürlich. Aber für mich ist es eben wichtig, sich in diese Geschichte zu stellen und das auch wieder ein bisschen zu rehabilitieren. Weil, in meinen Gesprächen mit älteren Feministinnen hab ich eher den Eindruck, wow, die hatten echt wahnsinnig viel Spaß und ne gute Zeit damals. Und es ist eher etwas, worauf wir neidisch sein können und dass es das nicht mehr gibt, ist total schade."
Keine Latzhose: Stefanie trägt beim Redaktionsbesuch ein elegantes Kleid zu modischen Leggins, filigrane silberne Ohrringe, klare, das lange blonde Haar hat sie mit Pferdeschwanz und zusätzlichen Haarklammern geordnet. Sie wirkt nicht radikal, ist es aber. Den Feminismus lebt sie konsequent auch im Privaten:
"Mittlerweile bin ich da ein bisschen lockerer und ich bringe meinem Freund auch ein Bier an die Couch. Aber es ist natürlich ganz klar: Ich hab noch keine Kinder, aber ich stell's mir vor, auch in nicht allzu ferner Zukunft. Und es ist schon klar, dass wir so was wie Elternzeit teilen werden. Und er weiß das auch."
Für die Sendung "Missy-Mob" auf dem freien Kulturkanal "reboot.fm" in Berlin hat Stefanie Lohaus einen wilden Mix aus ihrer Plattenkiste mitgebracht. Die ist gut bestückt, denn Musik hat im Leben der 32-Jährigen schon immer eine große Rolle gespielt: Als Teenager im grauen Dinslaken im nördlichen Ruhrgebiet ist sie das einzige Mädchen, das für Bands nicht nur schwärmt, sondern sich auch Expertenwissen aneignet. Ihre ersten festen Freunde spielen in Bands - als Schlagzeuger und als Gitarrist.
Aber selber Musik zu machen – auf die Idee kommt Stefanie Lohaus nicht:
"Erst viel später, als ich dann in Hamburg gewohnt hab und in kleine Clubs gegangen bin und andere Bands gesehen hab, in denen Frauchen auch tatsächlich an den Instrumenten gespielt haben, hab ich gesehen: Ah, das ist ja was, das du auch machen kannst! Und hab dann tatsächlich angefangen, E-Gitarre zu lernen. Da wurde mir eben bewusst, wie unglaublich wichtig das ist, solche Vorbilder zu haben und genau diese Klischees aufzubrechen. Dass es eben nichts damit zu tun hat, dass Frauen so sind und Männer so, sondern dass es einfach ne erlebte Realität ist, die uns prägt."
Das kleine "Missy Magazine" residiert nobel: Oranienburger Straße an den Hackeschen Höfen in Berlin Mitte. Eine angesagte und teure Adresse. Die sich das feministische Pop-Magazin nur leisten kann, weil die Grafikerin des Blattes die drei bescheidene Büroräume in einem Altbau schon seit Jahren gemietet hatte.
Herausgeberin Stefanie Lohaus bespricht mit einer Redaktionspraktikantin eine Modestrecke fürs nächste Magazin, beantwortet am Laptop Dutzende E-Mails, telefoniert zwischendurch mit dem iPhone. Im vollgestopften Regal liegt der Jahreskalender der feministischen Zeitschrift "Emma" aus Stefanies Geburtsjahr 1978. Den hat sie bei ihrer Mutter im Keller gefunden:
"Es war schon so, dass meine Mutter im Geiste der 80er mir auch Autos als Spielzeug - und ich hatte auch immer ganz viele Jungs-Freunde, auch schon im Kindergarten. Ich war dann auch immer Prinzessin an Karneval, aber ich hab dann auch den Jungs die Pistole weggenommen und hab nicht eingesehen, dass Prinzessinnen keine Pistolen tragen dürfen."
Die Eltern ließen sich scheiden, als Stefanie ein Jahr alt war. Ihre Mutter arbeitete als Lehrerin an einer Hauptschule, darum nahm die Oma die Kleine oft mit zu ihrer Arbeit als Putzfrau. Lange wollte das Kind denn auch Putzfrau werden, doch ihre Mutter impfte ihr schon früh ein, zu studieren. Das tat sie: Angewandte Kulturwissenschaften in Lüneburg. Als Magisterarbeit eine Untersuchung von Schallplattencovern als Ausdruck popkultureller Distinktion.
Auf der Uni schloss Stefanie Lohaus Freundschaft mit Chris Köver und Sonja Eismann. Eine schicksalshafte Begegnung, denn die Drei gründen 2008 zusammen das "Missy Magazine": Chris war in den USA gewesen und hatte Stefanie das Frauen-Magazin "BUST" mitgebracht. Mit Artikeln über Frauen, die Musik machen, Filme drehen, die Welt retten oder auf andere Arten fantastisch sind.
"Und ich hab das gelesen und ich dachte: Oh mein Gott! Hätte ich das gehabt, wenn ich 16 gewesen wär – ich wär wahrscheinlich Rockstar geworden. Ich hab das zugeklappt und dachte: Wo, du kannst alles machen! Du kannst das Leben von so vielen Frauen verändern, wenn es so ein Magazin geben würde! Und du kannst das machen."
Noch in derselben Nacht schreibt sie Chris Köver eine E-Mail, am nächsten Tag treffen sich die beiden mit Sonja Eismann und entwerfen wie im Fieber das Konzept von "Missy":
Ein Magazin über Pop, Sex, Politik und Style – und mit einer feministischen Perspektive. Dabei war Stefanie Lohaus lange davor zurückgeschreckt, sich ausdrücklich Feministin zu nennen. Sie ärgerte sich zwar über mangelnde Gleichberechtigung, hatte aber gleichzeitig das Zerrbild der Männer hassenden Kampfemanze in lila Latzhose im Kopf. Heute ist sie weiter, auch dank einem Austauschjahr in den USA und der Gender Studies an der Universität:
"Ich würde sogar sagen, es ist meine Aufgabe, zu sagen, ich bin Feministin, weil ich ja dem Klischee auch nicht entspreche, natürlich. Aber für mich ist es eben wichtig, sich in diese Geschichte zu stellen und das auch wieder ein bisschen zu rehabilitieren. Weil, in meinen Gesprächen mit älteren Feministinnen hab ich eher den Eindruck, wow, die hatten echt wahnsinnig viel Spaß und ne gute Zeit damals. Und es ist eher etwas, worauf wir neidisch sein können und dass es das nicht mehr gibt, ist total schade."
Keine Latzhose: Stefanie trägt beim Redaktionsbesuch ein elegantes Kleid zu modischen Leggins, filigrane silberne Ohrringe, klare, das lange blonde Haar hat sie mit Pferdeschwanz und zusätzlichen Haarklammern geordnet. Sie wirkt nicht radikal, ist es aber. Den Feminismus lebt sie konsequent auch im Privaten:
"Mittlerweile bin ich da ein bisschen lockerer und ich bringe meinem Freund auch ein Bier an die Couch. Aber es ist natürlich ganz klar: Ich hab noch keine Kinder, aber ich stell's mir vor, auch in nicht allzu ferner Zukunft. Und es ist schon klar, dass wir so was wie Elternzeit teilen werden. Und er weiß das auch."