Feministische Popkultur

Serien, Alben und Ereignisse, die die Genderdebatte geprägt haben

17:03 Minuten
Beyoncé auf der Bühne, das Wort "FEMINIST" leuchtet in weissen Versalien auf der Bühnenwand.
Beyoncé ließ Feminismus Teil der Mainstream-Popkultur werden. © imago images / UPI Photo
Hengameh Yaghoobifarah im Gespräch mit Christine Watty |
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In den vergangenen Jahren sei feministische Popkultur "in den Mainstream gerückt", sagt die Autorin Hengameh Yaghoobifarah. Mit ihr blicken wir auf das vergangene Jahrzehnt zurück: auf Serien, Kampagnen und Musik, die unser Frauenbild verändert haben.
Feminismus ist im vergangenen Jahrzehnt zum popkulturellen Phänomen avanciert und Popkultur hat Genderdebatten angestoßen. Gemeinsam mit Hengameh Yaghoobifarah, Kolumnistin und Autorin beim "Missy Magazine", blicken wir zurück – und erinnern uns an Serien, Musik und Ereignisse, die unsere Sichtweise auf Gendergerechtigkeit und Feminismus nachhaltig verändert haben.

Die Serie "Girls" (2012)

Ein neues popkulturelles Frauenbild prägte die Serie "Girls" aus dem Jahr 2012 mit und von Lena Dunham. Eine angenehm kaputte Gegendarstellung zu "Sex and The City", in der ein Frauenbild jenseits makelloser Schönheit gezeichnet wird. "Man hat nicht nur kitschige Bilder von Sex gehabt oder auch mal die Protagonistin beim Pinkeln begleitet", erinnert sich Hengameh Yaghoobifarah. Endlich Protagonisten jenseits von Glanz und Glamour. "Aber es gab auch eine Schwäche in der Serie", meint Yaghoobifarah. Zwar spiele die Serie in Brooklyn, trotzdem kommen fast nur weiße Protagonisten vor. Die Serienmacher reagierten auf die Kritik – und versuchten, in der zweiten Staffel People of Color einzubeziehen. Trotzdem stehe die Serie für den "Hype um weißen Feminismus" und mache die Abgründe zwischen weißem und intersektionalem Feminismus "ziemlich deutlich", sagt Yaghoobifarah.

Das Album "Beyoncé" von Beyoncé (2013)

Als "Game Changer" bezeichnet Hengameh Yaghoobifarah das Album "Beyoncé". Kaum war es erschienen, stieg es auf Platz eins der Charts. In ihm bezeichnet sich Beyoncé explizit als Feministin. Das Album habe einen Startschuss gesetzt und letztendlich zum einem regelrechten Feminismus-Hype geführt, erzählt Yaghoobifarah. Am Ende wurden Tassen und H&M-T-Shirts mit entsprechendem Aufdruck vermarktet. Es entbrannte eine Debatte, inwiefern Feminismus "marktförmig" sein dürfe.

Das Album "A Seat At The Table" von Solange (2016)

In Songs wie "Don't Touch My Hair" thematisiere Solange sehr explizit nicht nur das Frau-Sein, sondern das Schwarze-Frau-Sein. "Das lässt sich nicht mehr so gut von allen möglichen Leuten vereinnahmen", sagt Yaghoobifarah – und habe sehr viel mit "Raum einnehmen" zu tun. Diese Raumeinnahme habe ihrem Höhepunkt in diesem Jahr gehabt, als Solange mit ihrem "komplett schwarzen" Orchester in der Elbphilharmonie auftrat. "Einer eigentlich extremen weißen Institution", so Yaghoobifarah.

Die Doku-Serie "Surviving R. Kelly" (2019)

2017 rückte die MeToo-Debatte sexuelle Gewalt gegen Frauen in den Fokus der Öffentlichkeit. "Der Hashtag ist aber eigentlich gar nicht aus diesem Jahrzehnt", sagt Yaghoobifarah. Sondern sei von der Aktivistin Tarana Burke bereits im Jahr 2006 ins Leben gerufen, doch lange "einfach medial ignoriert" worden. Die Erfahrungen von schwarzen Frauen seien für einen solchen internationalen Skandal wohl nicht ausreichend gewesen, mutmaßt Yaghoobifarah. Ähnliches sei im Fall R. Kelly zu beobachten. Auch hier hätten Frauen dem Sänger sexuellen Missbrauch vorgeworfen, seien lange aber nicht gehört worden. Das änderte sich erst mit der Doku-Serie "Surviving R. Kelly", die 2019 veröffentlicht wurde.

Das Album "Cuz I Love You" von Lizzo (2019)

Body Positivity – die Akzeptanz des eigenen Körpers – ist ein Schlagwort, das im feministischen Rückblick auf das vergangene Jahrzehnt nicht fehlen darf. Und genau dies verkörpere die Sängerin Lizzo, die in diesem Jahr so richtig viral gegangen sei, meint Yaghoobifarah. Zwar habe es das Schlagwort Body Positivity in feministischen Kreisen schon viele Jahrzehnte zuvor gegeben, doch mittlerweile habe es das Schlagwort auch in Frauenzeitschriften geschafft, die sonst eigentlich vor allem mit Diät-Tipps aufwarten.
(lkn)
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