Zoë Claire Miller: "The Society of Matriarchal World Domination"
Grafikdesign von Tea Palmelund
Broken Dimanche Press, Berlin 2020, 35 Seiten
Wildplakatieren für das Ende des Patriarchats
08:07 Minuten
Nach Vollmondnächten hängen sie in Berlin: feministische Plakate der "Society of Matriarchal World Domination". Die Plakate haben Künstlerinnen wie Peaches gestaltet. Das Ziel: Die "matriarchale Weltherrschaft", sagt Initiatorin Zoë Claire Miller.
Das Plakat zeigt zwei Frauen, die sich umarmen. Zu sehen sind sie bis Brusthöhe und vermutlich nackt. Über ihren Köpfen steht "Tschüss, White Feminism", darunter auf Englisch: "Diese öffentliche Mitteilung wird dir überbracht von deiner freundlichen, örtlichen, hysterischen, militanten, männerhassenden, schimpfenden, extremistischen, karrieristischen, öffentlichkeitssüchtigen, schwierigen Bitch. Die Frauen auf den Plakaten sind die Künstlerinnen und Plakatgestalterinnen selbst, verfremdet mit einer Alterungssoftware: Peaches und Candice Breitz.
Seit Sommer 2019 haben jeweils zwei Künstlerinnen und Schriftstellerinnen Plakate wie dieses gestaltet und in Berlin aufgehängt, immer bei Vollmond. Das feministische Projekt "The Society of Matriarchal World Domination" (TSFMWD) wurde von Zoë Claire Miller und Mira Starke ins Leben gerufen, Künstlerinnen und Schriftstellerinnen wie Peaches, Gabriele Stötzer, Julieta Aranda oder Aisha Franz haben dabei mitgemacht.
Die matriarchale Welteroberung
Das Ziel sei nichts weniger als die "matriarchale Welteroberung und Weltherrschaft", sagt die Initiatorin Zoë Claire Miller. "Als Gegenpol zum geläufigen patriarchalen – die Weltherrschaft, in der wir leben, von der man ja doch sagen muss, dass sie gescheitert ist."
Das Projekt solle "zwischen Kunst und Politik auch einen gewissen Aufklärungsauftrag vornehmen", so Miller. Dies zeige beispielsweise das erste Plakat der Serie sehr gut, entworfen von Bini Adamczak und Zuzanna Czebatul. Dieses erkläre die Bezeichnung "Circlusion" (Umschließen, Überstülpen) als Gegenbegriff zur Penetration.
Die Reaktionen auf die auch "humoristisch" angedachte Plakataktion seien sehr unterschiedlich gewesen, sagt Miller: Bei den "Circlusion"-Plakaten seien viele schnell heruntergerissen worden. "Viele haben anscheinend Anstoß daran genommen."
"Wir spucken auf Hegel"
Das Projekt bezieht sich auf die italienische Kunstkritikerin und Aktivistin Carla Lonzi, die 1970 das feministische Kollektiv "Rivolta Femminile" gründete und "Manifeste auf Poster auf den Straßen von Rom plakatiert [hat], zum Beispiel: Wir spucken auf Hegel. Und sie hat darin sehr vernünftige Forderungen geäußert, zum Beispiel legale, kostenlose Abtreibung oder die Bezahlung von Hausarbeit." Keine dieser Ziele seien aber bis heute erreicht.
(lkn)