Festgeldkonten, Aktien und risikoarme Staatsanleihen
Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Zeitschrift "Finanztest", rät Privatanlegern, beim Kauf von staatlichen Geldanlagen auf Länder mit einem geringen Risiko zurückzugreifen. So gebe es Rentenfonds, in denen nur Schuldtitel aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden enthalten seien, "sodass man praktisch überhaupt kein Risiko hat".
Nana Brink: Bislang erschien uns die Eurokrise in Deutschland zwar aufzuregen, aber wirklich betroffen hat sie uns Verbraucher in begrenztem Maße. Sicher, wer Aktienpakete hat, hat verloren, aber die Wirtschaft ist in Deutschland bekanntermaßen glimpflich davongekommen. So etwas wie Staatsverschuldung spürt man ja nicht jeden Tag. Nun allerdings sickert eine alarmierende Nachricht durch: Die Banken haben wegen der Eurokrise und neuer Kapitalregeln weniger Geld am Markt geliehen – das heißt, sie könnten auch weniger Kredite ausgeben. Und auf der anderen Seite: Die Banken wollen unser Geld und locken mit besseren Konditionen als zum Beispiel Staatspapiere. Ich habe mit dem Finanzexperten Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur der Zeitung "Finanztest" der Stiftung Warentest gesprochen, und ihn gefragt: Haben die Banken denn wirklich weniger Geld für Kredite?
Hermann-Josef Tenhagen: Na ja, wenn die Banken mehr Geld fürs Eigenkapital zurücklegen sollen, bedeutet das, ... und wenn sie mit ihrem Geld weniger Kredite verleihen dürfen, bedeutet das zunächst mal: Sie haben auch ein bisschen weniger Geld für Kredite. Wie viel weniger, das ist aber eine andere Frage, weil es natürlich so ist: Die haben ja alle möglichen anderen Geschäfte, die nichts mit der Kreditvergabe zu tun gehabt haben, auch mit ihrem Geld gemacht.
Brink: Woran liegt das im Einzelnen, kann man das ein bisschen näher erklären?
Tenhagen: Also die eigentliche Idee von diesen erhöhten Eigenkapitalanforderungen ist: Wenn Banken mehr Eigenkapital haben müssen, können sie nicht so viele riskante Geschäfte machen. Und wir wollen ja nicht, dass Banken so viele riskante Geschäfte machen, weil wir mit den riskanten Geschäften der Banken in den letzten zwei, drei, vier Jahren nicht so tolle Erfahrungen gemacht haben. Das ist sozusagen die Hauptbremsspur, die man da legen kann und sagen kann: Passt auf, ihr dürft nicht mehr so viele riskante Sachen machen, damit wir am Ende nicht so viele Probleme haben – ist erst mal vernünftig. Die nächste Frage ist, wo die Banken denn dann aufhören, ihre Geschäfte zu machen, ob sie tatsächlich aufhören, die ganz riskanten Sachen zu machen, oder ob sie einfach an anderer Stelle sagen: Dieser oder jener Kredit lohnt sich nicht mehr für uns, deswegen machen wir den nicht, aber manche riskanten Geschäfte machen wir immer noch weiter. Das müsste man dann auf der zweiten Ebene klären.
Brink: Und was bedeutet das zum Teil für Unternehmen und was für den Privatkunden?
Tenhagen: Na ja, für Unternehmen kann das bedeuten: Wenn man jetzt als Unternehmen zum Beispiel eine Kreditlinie hat bei der Bank, das heißt, die Bank sagt, ich stelle dir als Unternehmen immer so und so viel Geld zur Verfügung, wenn du das brauchst, dass die Bank dann plötzlich sagt, hm, das ist uns ein bisschen zu riskant, da müssen wir Eigenkapital für vorhalten, also wir kürzen deine Kreditlinie. Und dann bekommt das Unternehmen plötzlich gesagt: Du hast nicht mehr so selbstverständlich so eine Kreditlinie. Das kann man sich so ein bisschen vorstellen, als wenn unsere Bank zu uns kommen würde als Privatkunde und sagen würde: Wir kürzen jetzt deinen Dispo mal von 6000 auf 3000 Euro. Das ist nicht so schlimm, wenn man sowieso nicht im Dispo ist. Wenn man aber sowieso immer so zwischen 3000 und 6000 hin- und hergekrepelt ist, ist das nicht toll und bedeutet für die Unternehmen, dass sie gucken müssen, wie sie dann an dieses Geld kommen und wie sie ihre Handlungsfähigkeit erhalten.
Brink: Bremst ja dann aber eigentlich auch wieder die Wirtschaft, die wir fördern wollen, was immer beklagt wird.
Tenhagen: Bremst natürlich auch die Wirtschaft, die wir fördern wollen, und es ist eben genau die Frage, ob die Geschäfte mit diesem Unternehmen tatsächlich so riskant waren, dass das notwendig war, oder ob die Bank nicht lieber an anderer Stelle sich ein bisschen härter am Riemen gerissen hätte. Das ist natürlich auch eine Frage der Bankpolitik und vielleicht sogar der jeweiligen Vorschriften. Also wenn es eine Sparkasse ist, die hat ja eigentlich die Aufgabe, die lokale Wirtschaft zu fördern, dann muss sie vielleicht mal ein bisschen weniger bei internationalen Geschäften ihrer Landesbank dabei sein und sich mehr um ihr regionales Geschäft kümmern. Manchmal schadet das ja nicht.
Brink: Wird es denn auch für Privatkunden schwieriger, sich Geld zu leihen?
Tenhagen: Im Augenblick ist es so, dass Privatkunden ich will jetzt nicht sagen das Geld fast nachgeschmissen bekommen, aber dass die Banken gerne an Privatkunden Geld verleihen, weil Privatkunden eigentlich gute Kunden sind. Die zahlen nämlich regelmäßig ihr Geld zurück. Also wenn Sie schauen, wie preiswert Sie heute einen Baukredit bekommen können, wenn Sie ein bisschen Eigenkapital haben – das ist so preiswert wie nie, und das liegt daran, dass der gemeine Deutsche, wenn er denn ein Häuschen baut und einen Kredit dafür aufnimmt, alles Mögliche unternimmt, um diesen Kredit auch pünktlich zurückzuzahlen, und dass es für Banken eigentlich gar nichts Besseres gibt als solche Kunden. Und von daher haben wir da bisher jedenfalls keine Auswirkungen gesehen.
Brink: Die andere Schlagzeile dieser Tage lautet: Die Staaten wollen wieder an das Geld der Sparer, weil sie die Diktatur der Finanzmärkte beklagen. Italien und Belgien zum Beispiel rufen ihre Bürger auf, heimische Schuldtitel zu kaufen. Was ist denn davon zu halten?
Tenhagen: Na ja, erst mal ist das nachvollziehbar, dass die Italiener sagen: Nun gibt uns doch unser eigenes Geld, weil dann sind wir nicht mehr von den internationalen Finanzmärkten abhängig. Und das Zweite ist: Wenn die Italiener an den Finanzmärkten 7,5 Prozent bezahlen müssen, dann können sie besser die 7,5 Prozent ihren eigenen Bürgern geben, dann können die die im eigenen Land auch noch ausgeben, diese Zinsen, die sie verdient haben. Das ist nachvollziehbar, und es ist im Übrigen auch das Programm des erfolgreichsten Megaschuldners, den wir haben: Die Japaner haben ja 200 Prozent Schulden bezogen auf ihr Bruttosozialprodukt, aber es sind alles heimische Gläubiger, also die eigenen Leute, die eigene Bevölkerung, die der japanischen Regierung da Geld leiht.
Brink: Wie funktioniert das? Gibt es da schon erste Erfahrungswerte?
Tenhagen: Also ich habe jetzt heute die Sachen nicht ganz genau gelesen, aber dann hieß es, die Italiener hätten große Schwierigkeiten gehabt. Die haben zwar sozusagen extra so einen Tag ausgerufen und haben gesagt, die Banken haben dann gesagt, wir wickeln das alles hier kostenlos ab, also dieses Anlegen und so – es soll aber nicht so der Hit gewesen sein. Ist natürlich auch die Frage: Wenn man gleichzeitig darüber diskutiert, ob es vielleicht irgendwie so einen Schuldenschnitt gibt, dann hat man als Kleinanleger auch keine Lust, dieses Risiko unbedingt einzugehen, trotz der 7,5 Prozent Zinsen, das ist ja eine ordentliche Nummer.
Brink: Das ist eigentlich ein Traum. Also wenn wir jetzt mal das auf Deutschland, also auf Bundesanleihen zum Beispiel übertragen, funktioniert das ja überhaupt nicht.
Tenhagen: Nein, in Deutschland ist das genau umgekehrt, also in Deutschland ist es so: Sie bekommen heute für eine zehnjährige Bundesanleihe weniger Geld als die Inflation ist und weniger, als sie auf einem Tagesgeldkonto bekommen. Also das ist nun ... Sie sollen Wolfgang Schäuble, also nicht Herrn Schäuble, sondern unserem Staat, für zehn Jahre das Geld leihen und bekommen 2 Prozent, und bei einem Tagesgeldkonto, bei einem guten, bekommen Sie 2,5. Das ist denkbar unattraktiv, und eigentlich empfehlen wir bei Finanztest im Augenblick den Leuten, also für kurzfristige oder ein, zwei, drei Jahre, jedenfalls nicht, Staatsanleihen zu kaufen, weil die Zinsen sind so unattraktiv, dass es eigentlich auch keinen Spaß macht. Und die ersten 100.000 Euro sind ja auch gesetzlich abgesichert, sodass man sich da jenseits der Anstrengungen, die die Banken selber machen, dass es nicht schlimm wird, auch keine Sorgen machen braucht.
Brink: Worauf müssen dann Privatanleger achten, wenn ... Oder: Welche staatlichen Geldanlagen sind dann für sie sinnvoll?
Tenhagen: Na ja, also das erste ist jetzt mal: Als Privatanleger kann man natürlich auch staatliche Schuldtitel kaufen. Das ist in Deutschland nur im Augenblick halt nicht so fürchterlich attraktiv, weil die so wenig Zinsen bezahlen. Wenn man einen Rentenfonds hat, dann werden da vermutlich auch staatliche Schuldtitel drin sein, das gibt es, und dann kann man auch welche kaufen, wo nur welche aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden zum Beispiel drin sind, sodass man praktisch überhaupt kein Risiko hat. Ansonsten würde ich immer sagen, also den sicheren Teil des Geldes eher im Augenblick auf einem Festgeldkonto bei der Bank für zwei Jahre, das ist dann völlig in Ordnung. Und ganz ernsthaft: Also wenn man jetzt länger das Geld nicht braucht und das vernünftig anlegen will, darf man durchaus auch über Aktien nachdenken. Die kosten heute 25 Prozent weniger als vor einem halben Jahr, und wenn die Firmen gut sind, wenn man von denen überzeugt ist, darf man das machen, und wer das nicht über Einzeltitel machen soll, was viel Arbeit macht, kann das auch über Aktienfonds machen.
Brink: Aber Staatsanleihen, Italien, Belgien sind ein No-go?
Tenhagen: Nein, aber die haben ein gewisses Risiko, das muss man sich klarmachen, wobei, ehrlich: Ich glaube nicht, dass die EU oder die Eurostaaten sozusagen Italien pleite gehen lassen können – kann man sich eigentlich nicht leisten, sollte man auch nicht tun. Hundertprozentig ausschließen kann man das aber nicht.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Hermann-Josef Tenhagen: Na ja, wenn die Banken mehr Geld fürs Eigenkapital zurücklegen sollen, bedeutet das, ... und wenn sie mit ihrem Geld weniger Kredite verleihen dürfen, bedeutet das zunächst mal: Sie haben auch ein bisschen weniger Geld für Kredite. Wie viel weniger, das ist aber eine andere Frage, weil es natürlich so ist: Die haben ja alle möglichen anderen Geschäfte, die nichts mit der Kreditvergabe zu tun gehabt haben, auch mit ihrem Geld gemacht.
Brink: Woran liegt das im Einzelnen, kann man das ein bisschen näher erklären?
Tenhagen: Also die eigentliche Idee von diesen erhöhten Eigenkapitalanforderungen ist: Wenn Banken mehr Eigenkapital haben müssen, können sie nicht so viele riskante Geschäfte machen. Und wir wollen ja nicht, dass Banken so viele riskante Geschäfte machen, weil wir mit den riskanten Geschäften der Banken in den letzten zwei, drei, vier Jahren nicht so tolle Erfahrungen gemacht haben. Das ist sozusagen die Hauptbremsspur, die man da legen kann und sagen kann: Passt auf, ihr dürft nicht mehr so viele riskante Sachen machen, damit wir am Ende nicht so viele Probleme haben – ist erst mal vernünftig. Die nächste Frage ist, wo die Banken denn dann aufhören, ihre Geschäfte zu machen, ob sie tatsächlich aufhören, die ganz riskanten Sachen zu machen, oder ob sie einfach an anderer Stelle sagen: Dieser oder jener Kredit lohnt sich nicht mehr für uns, deswegen machen wir den nicht, aber manche riskanten Geschäfte machen wir immer noch weiter. Das müsste man dann auf der zweiten Ebene klären.
Brink: Und was bedeutet das zum Teil für Unternehmen und was für den Privatkunden?
Tenhagen: Na ja, für Unternehmen kann das bedeuten: Wenn man jetzt als Unternehmen zum Beispiel eine Kreditlinie hat bei der Bank, das heißt, die Bank sagt, ich stelle dir als Unternehmen immer so und so viel Geld zur Verfügung, wenn du das brauchst, dass die Bank dann plötzlich sagt, hm, das ist uns ein bisschen zu riskant, da müssen wir Eigenkapital für vorhalten, also wir kürzen deine Kreditlinie. Und dann bekommt das Unternehmen plötzlich gesagt: Du hast nicht mehr so selbstverständlich so eine Kreditlinie. Das kann man sich so ein bisschen vorstellen, als wenn unsere Bank zu uns kommen würde als Privatkunde und sagen würde: Wir kürzen jetzt deinen Dispo mal von 6000 auf 3000 Euro. Das ist nicht so schlimm, wenn man sowieso nicht im Dispo ist. Wenn man aber sowieso immer so zwischen 3000 und 6000 hin- und hergekrepelt ist, ist das nicht toll und bedeutet für die Unternehmen, dass sie gucken müssen, wie sie dann an dieses Geld kommen und wie sie ihre Handlungsfähigkeit erhalten.
Brink: Bremst ja dann aber eigentlich auch wieder die Wirtschaft, die wir fördern wollen, was immer beklagt wird.
Tenhagen: Bremst natürlich auch die Wirtschaft, die wir fördern wollen, und es ist eben genau die Frage, ob die Geschäfte mit diesem Unternehmen tatsächlich so riskant waren, dass das notwendig war, oder ob die Bank nicht lieber an anderer Stelle sich ein bisschen härter am Riemen gerissen hätte. Das ist natürlich auch eine Frage der Bankpolitik und vielleicht sogar der jeweiligen Vorschriften. Also wenn es eine Sparkasse ist, die hat ja eigentlich die Aufgabe, die lokale Wirtschaft zu fördern, dann muss sie vielleicht mal ein bisschen weniger bei internationalen Geschäften ihrer Landesbank dabei sein und sich mehr um ihr regionales Geschäft kümmern. Manchmal schadet das ja nicht.
Brink: Wird es denn auch für Privatkunden schwieriger, sich Geld zu leihen?
Tenhagen: Im Augenblick ist es so, dass Privatkunden ich will jetzt nicht sagen das Geld fast nachgeschmissen bekommen, aber dass die Banken gerne an Privatkunden Geld verleihen, weil Privatkunden eigentlich gute Kunden sind. Die zahlen nämlich regelmäßig ihr Geld zurück. Also wenn Sie schauen, wie preiswert Sie heute einen Baukredit bekommen können, wenn Sie ein bisschen Eigenkapital haben – das ist so preiswert wie nie, und das liegt daran, dass der gemeine Deutsche, wenn er denn ein Häuschen baut und einen Kredit dafür aufnimmt, alles Mögliche unternimmt, um diesen Kredit auch pünktlich zurückzuzahlen, und dass es für Banken eigentlich gar nichts Besseres gibt als solche Kunden. Und von daher haben wir da bisher jedenfalls keine Auswirkungen gesehen.
Brink: Die andere Schlagzeile dieser Tage lautet: Die Staaten wollen wieder an das Geld der Sparer, weil sie die Diktatur der Finanzmärkte beklagen. Italien und Belgien zum Beispiel rufen ihre Bürger auf, heimische Schuldtitel zu kaufen. Was ist denn davon zu halten?
Tenhagen: Na ja, erst mal ist das nachvollziehbar, dass die Italiener sagen: Nun gibt uns doch unser eigenes Geld, weil dann sind wir nicht mehr von den internationalen Finanzmärkten abhängig. Und das Zweite ist: Wenn die Italiener an den Finanzmärkten 7,5 Prozent bezahlen müssen, dann können sie besser die 7,5 Prozent ihren eigenen Bürgern geben, dann können die die im eigenen Land auch noch ausgeben, diese Zinsen, die sie verdient haben. Das ist nachvollziehbar, und es ist im Übrigen auch das Programm des erfolgreichsten Megaschuldners, den wir haben: Die Japaner haben ja 200 Prozent Schulden bezogen auf ihr Bruttosozialprodukt, aber es sind alles heimische Gläubiger, also die eigenen Leute, die eigene Bevölkerung, die der japanischen Regierung da Geld leiht.
Brink: Wie funktioniert das? Gibt es da schon erste Erfahrungswerte?
Tenhagen: Also ich habe jetzt heute die Sachen nicht ganz genau gelesen, aber dann hieß es, die Italiener hätten große Schwierigkeiten gehabt. Die haben zwar sozusagen extra so einen Tag ausgerufen und haben gesagt, die Banken haben dann gesagt, wir wickeln das alles hier kostenlos ab, also dieses Anlegen und so – es soll aber nicht so der Hit gewesen sein. Ist natürlich auch die Frage: Wenn man gleichzeitig darüber diskutiert, ob es vielleicht irgendwie so einen Schuldenschnitt gibt, dann hat man als Kleinanleger auch keine Lust, dieses Risiko unbedingt einzugehen, trotz der 7,5 Prozent Zinsen, das ist ja eine ordentliche Nummer.
Brink: Das ist eigentlich ein Traum. Also wenn wir jetzt mal das auf Deutschland, also auf Bundesanleihen zum Beispiel übertragen, funktioniert das ja überhaupt nicht.
Tenhagen: Nein, in Deutschland ist das genau umgekehrt, also in Deutschland ist es so: Sie bekommen heute für eine zehnjährige Bundesanleihe weniger Geld als die Inflation ist und weniger, als sie auf einem Tagesgeldkonto bekommen. Also das ist nun ... Sie sollen Wolfgang Schäuble, also nicht Herrn Schäuble, sondern unserem Staat, für zehn Jahre das Geld leihen und bekommen 2 Prozent, und bei einem Tagesgeldkonto, bei einem guten, bekommen Sie 2,5. Das ist denkbar unattraktiv, und eigentlich empfehlen wir bei Finanztest im Augenblick den Leuten, also für kurzfristige oder ein, zwei, drei Jahre, jedenfalls nicht, Staatsanleihen zu kaufen, weil die Zinsen sind so unattraktiv, dass es eigentlich auch keinen Spaß macht. Und die ersten 100.000 Euro sind ja auch gesetzlich abgesichert, sodass man sich da jenseits der Anstrengungen, die die Banken selber machen, dass es nicht schlimm wird, auch keine Sorgen machen braucht.
Brink: Worauf müssen dann Privatanleger achten, wenn ... Oder: Welche staatlichen Geldanlagen sind dann für sie sinnvoll?
Tenhagen: Na ja, also das erste ist jetzt mal: Als Privatanleger kann man natürlich auch staatliche Schuldtitel kaufen. Das ist in Deutschland nur im Augenblick halt nicht so fürchterlich attraktiv, weil die so wenig Zinsen bezahlen. Wenn man einen Rentenfonds hat, dann werden da vermutlich auch staatliche Schuldtitel drin sein, das gibt es, und dann kann man auch welche kaufen, wo nur welche aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden zum Beispiel drin sind, sodass man praktisch überhaupt kein Risiko hat. Ansonsten würde ich immer sagen, also den sicheren Teil des Geldes eher im Augenblick auf einem Festgeldkonto bei der Bank für zwei Jahre, das ist dann völlig in Ordnung. Und ganz ernsthaft: Also wenn man jetzt länger das Geld nicht braucht und das vernünftig anlegen will, darf man durchaus auch über Aktien nachdenken. Die kosten heute 25 Prozent weniger als vor einem halben Jahr, und wenn die Firmen gut sind, wenn man von denen überzeugt ist, darf man das machen, und wer das nicht über Einzeltitel machen soll, was viel Arbeit macht, kann das auch über Aktienfonds machen.
Brink: Aber Staatsanleihen, Italien, Belgien sind ein No-go?
Tenhagen: Nein, aber die haben ein gewisses Risiko, das muss man sich klarmachen, wobei, ehrlich: Ich glaube nicht, dass die EU oder die Eurostaaten sozusagen Italien pleite gehen lassen können – kann man sich eigentlich nicht leisten, sollte man auch nicht tun. Hundertprozentig ausschließen kann man das aber nicht.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.