Festival in Augsburg

Brecht singen und tanzen

Bertolt Brecht-Büste in Augsburg
Bertolt-Brecht-Büste in dem zu einem Museum umfunktionierten Geburtshaus von Brecht in Augsburg © picture alliance / dpa / Foto: Karl-Josef Hildenbrand
Von Andi Hörmann |
Mit dem Brecht Festival in Augsburg soll der Dramatiker in die Gegenwart gerettet werden. Dafür haben sich Künstler und Theaterschaffende allerlei Musikalisches und Multimediales ausgedacht. Das diesjährige Thema "Exil" wäre dabei wohl ganz in seinem Sinn gewesen.
Besucher: "Brecht kann man auf jeden Fall tanzen - muss man eigentlich tanzen."
Klar, warum auch nicht? Für die Besucher der langen Brechtnacht gar keine Frage. Brecht ist Theater, Brecht ist Literatur, Brecht ist Pop.
Girisha Fernando: "Man wundert sich manchmal, wer schon alles Brecht-Texte vertont hat: ob jetzt Nick Cave oder Elvis Costello oder The Doors. Es gibt einfach einen popkulturelle Zusammenhang zwischen Brecht und Rock- und Popmusik."
Der Augsburger Musiker und Produzent Girisha Fernando kuratiert die Musikveranstaltungen der langen Brechtnacht: Hip-Hop-Crews in Kellerclubs, Jazz-Combos in Cocktail-Bars, Popbands im Stadttheater. Ein rauschhaftes Brecht-Spektakel.
Am Rathausturm klingeln die Glöckchen. Kopfsteinpflaster und Kälte. Die lange Brechtnacht bringt Leben in die Gassen der Augsburger Altstadt. Mitten drin: Das Geburtshaus von Bert Brecht. Und auch dort ist die Popkultur schon längst eingezogen. Heute ist es irgendwas zwischen Museum und Merchandise-Shop. Es gibt Comics, Zigarren und Spieluhren zu kaufen.
Girisha Fernando: "Die Musiker, die wir einladen, auch wenn sie jetzt vorher mit Brecht nicht so viel zu tun hatten, die verstehen immer, warum wir sie einladen. Die können dann schon einen Zusammenhang erkennen – zwischen ihrem Werk und Brecht."
Peter Licht: "Ich bin Peter Licht. Songschreiber, Theaterautor und sonstiger Autor – und bin auch Musiker. Klar, Brecht. Ähm... Das ist mir sehr nah, also der Ansatz."
Kein Diskurs-Geschwafel, sondern Gesellschaftskritik im Popformat – zugänglich und zweifelnd, punktgenau und pointiert.
Licht: "Deshalb finde ich das total naheliegend, dass Leute, die mit Worten unterwegs sind und sich irgendwie mit Gesellschaft auseinandersetzten, dass die beim Brechtfestival auf der Bühne stehen. Ehrlich gesagt ist das für mich noch naheliegender als käme einer: wir machen jetzt ganz werkgetreu irgendeinen Brecht aus den 20er-Jahren, wir machen es ganz genau so. Ich glaube, das ist nichts, was im Brechtschen Sinne ist."
Das Geburtshaus von Bertolt Brecht in Augsburg
Das Geburtshaus von Bertolt Brecht in Augsburg © Foto: Andi Hörmann
Besucher: "Ich bin nicht aus Augsburg, nicht gebürtig. Ich wohne hier. Ich bin hier nur im Exil."
Exil, das große Thema auf dem diesjährigen Brechtfestival – hoch brisant und überaus aktuell vor dem Hintergrund der Flüchtlingsproblematik. Doch in den Liedern von Peter Licht wird das Thema zu einer Melancholie der inneren Emigration – die Fans fühlen sich dem verbunden.
Besucher: "Ich bin im Exil. Mich versteht niemand. So wie Peter Licht heute auch niemand verstanden hat außer uns. Alle, mit denen wir gesprochen haben, haben gesagt: das wäre schrecklich. Das ist mir unbegreiflich, wie man das schrecklich finden kann. Das war ganz schön."
Sofa Queen: "Ja, hallo, ich bin Sarah, auch bekannt als Sofa-Queen, und ich lege hier auf im Theater-Foyer in der langen Brechtnacht."
Autor: "Was legst du denn auf?"
Sofa Queen: "Funk, Soul, Hip Hop, manchmal ein bisschen Disco."
Autor: "Und zwischenrein dann Kurt Weill?"
Sofa Queen: "Nein!"
Brecht tanzen, das funktioniert! Ausgelassen ziehen hunderte von Besucher durch die lange Brechtnacht in Augsburg und entdecken dabei den großen Schriftsteller der Stadt auch im Rhythmus der Musik, in der Poesie der Party, im Spektakel der Popkultur.
Fernando: "Ein Festival ist kein Museum. Es soll ja einen Bezug zum Jetzt haben, und soll auch das Jetzt feiern, und Kultur und Kunst von heute zeigen. Wir brauchen diese Brücke."
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