Fetter Fisch

Rezensiert von Lutz Bunk |
Der amerikanische Publizist G. Bruce Knecht beschreibt in "Raubzug" detailliert die Ausrottung des schwarzen Seehechts durch illegalen Fang. Atemberaubend spannend schildert er, wie die Wilderer bis in die Antarktis verfolgt werden.
Piraten waren und bleiben ein dankbares Thema für Hollywood. Nur es gibt sie wirklich auf den Weltmeeren, bis in unsere Tage: 300 Schiffe werden jedes Jahr angegriffen und ausgeraubt, sogar Supertanker. Daneben existiert noch eine andere, eine unauffällige Form der Piraterie: Ganze Flotten von illegalen Fischerbooten kreuzen auf den Meeren und verstoßen täglich global gegen die gesetzlichen Naturschutz- und Fischfangbestimmungen.

Zwar haben die Vereinten Nationen sich im Jahr 1982 auch für die Weltmeere verantwortlich erklärt, aber de facto bleiben sie ein im Prinzip rechtsfreier Raum. "Raubzug. Der teuerste Fisch der Welt und die Jagd nach seinen Jägern" heißt denn auch das neue Sachbuch des amerikanischen Publizisten G. Bruce Knecht, der schon zweimal für den Pulitzer-Preis nominiert war.

"Raubzug" schildert detailliert die Ausrottung des schwarzen Seehechtes, dessen Fleisch eigentlich fettig und wenig schmackhaft ist, den geschickte Marketing-Strategen aber innerhalb weniger Jahre zu einem der begehrtesten und teuersten Speisefische auf den Menükarten der Nobelrestaurants weltweit machten.

Dass der schwarze Seehecht der teuerste Fisch der Welt sei, ist eine entschuldbare Übertreibung des Verlages; für spezielle geschützte Tunfischsorten zahlen japanische Feinschmecker-Restaurants bis zu 176.000 Dollar pro Exemplar. Aber auf jeden Fall ist der schwarze Seehecht einer der lukrativsten Fische für die Piratenfischer und deren Industrie.

"Raubzug" erzählt nun atemberaubend von der längsten Verfolgungsjagd, die je auf den Weltmeeren stattfand; im Jahr 2003 machte sich das australische Patrouillenboot "Southern Supporter" auf die Jagd nach dem illegalen Fischtrawler "Viarasa-1", der schwarzen Seehecht fischte, und verfolgte ihn bis ins Eis der Antarktis, packend wie in einem Thriller schildert Knecht die Fahrt durch das Labyrinth gewaltiger Eisberge und turmhoher Wellen.

G. Bruce Knecht ist ein wahrer Meister in der Beschreibung des Meeres und seiner Facetten, schon 2003 bewies er das in seinem Bericht der Segelregatta Sydney-Hobart "Der Orkan. Die Todesregatta von Sydney nach Hobart."

Aber Knecht wäre nicht Knecht, wenn er nicht auch noch eine zweite, nicht weniger spannende Dimension der Fischpiraterie beschreiben würde, und zwar eben die der Marketing-Strategen und der Fischindustrie hinter den Kulissen. Und eigentlich ist seine Geschichte noch nicht zu Ende: Am 30. Oktober 2006 beginnt in Miami der Prozess gegen den Eigner jenes Fischpiraten-Schiffes, dessen Verfolgung Knecht in seinem Buch beschreibt. Der Verlauf des Prozesses wird auf der Homepage des "marebuchverlag" zu verfolgen sein.

Richard Ellis, einer der besten und wichtigsten maritimen Autoren weltweit, schrieb über G. Bruce Knechts "Raubzug": "Bruce Knecht ist genauso aufregend wie Moby Dick. Der schwarze Seehecht hat seinen Melville gefunden." Und Ellis hat Recht: "Raubzug" kommt zunächst als Sachbuch daher, entpuppt sich aber als Thriller.

G. Bruce Knecht : Raubzug. Der teuerste Fisch der Welt und die Jagd nach seinen Jägern
Übersetzt von Harald Stadler
Marebuchverlag, Hamburg 2006
342 Seiten, 22.90 Euro.