Zurück zu den römischen Zahlen!
Die Sorgen der Menschen ernst nehmen, ist das Motto dieser fiktiven Kulturpresseschau zum Jahreswechsel. Parlamentarische Monarchie, automatische Beförderung und die Abschaffung der arabischen Ziffern könnten helfen, dichtet Klaus Pokatzky.
"Nun geht Pegida also an die Wurzeln der Islamisierung des Abendlandes", heißt es in der Tageszeitung DIE WELT.
"Auf einer Demonstration in Dortmund-Aplerbeckhat Pegida endlich die Abschaffung der sogenannten arabischen Zahlen verlangt, die ja, ursprünglich in Indien entstanden, durch die Muslime im Mittelalter in Europa eingeführt wurden",
schreibt Claudia Bieler und zitiert den Organisator der Dortmunder Pegida-Demonstration, Erwin Marottke:
"Wir wollen endlich wieder die römischen Zahlen zurück, die das christliche Abendland und unsere Bibel geprägt haben, bevor uns der islamistische Ziffernwahn aufgezwungen wurde."
Erwin Marottke ist wegen mehrfacher Urkundenfälschung vorbestraft.
Die Sorgen der Menschen ernst nehmen
"Wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen." Das erklärt im Interview mit dem Hamburger Magazin DER SPIEGEL der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrichzu den Dortmunder Forderungen:
"Ich glaube, dass wir in der Vergangenheit mit der Frage nach der Identität unseres Volkes und unserer Nation und unserer Ziffern zu leichtfertig umgegangen sind."
Die AfD kann sich über solche Äußerungen nur freuen und sieht sich immer mehr in der Rolle eines künftigen Koalitionspartners der Union – und hat schon ein Regierungsprogramm vorgelegt. "Absurd ist der Forderungskatalog, den die sogenannte Alternative für Deutschland gegenüber der Union aufgestellt hat", steht in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
"Bundesbeamte und Soldaten sollen demnach automatisch befördert werden, wenn sie mehr als vier Kinder in einer heterosexuellen Ehe vorweisen können,"
fasst Susanne Hurk-Bart zusammen:
"Ein 25-jähriger Soldat mit sieben Kindern wäre demnach automatisch zum Oberst zu befördern."
Diese Forderungen hatte ja die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff als "weise" bezeichnet.
"Lewitscharoff tönt immer noch so, wie in ihrer berüchtigten Dresdner Rede im März 2014",
kommentiert der Berliner TAGESSPIEGEL.
"Damals hatte sie Kinder, die durch künstliche Befruchtung und Leihmütter auf die Erde kommen, als 'Halbwesen' bezeichnet und 'zweifelhafte Geschöpfe, halb Mensch, halb künstliches Weißnichtwas'",
ruft Karina Mabbert in Erinnerung.
"Das teutonische Beamten- und Soldaten-Gebärprogramm der AfD glorifiziert Lewitscharoff nun als 'unzweifelhaft klugen Ausweg vor dem Aussterben der Deutschen'."
Umstrittener Vorschlag zur Familienförderung
Wie teutonisch die AfD-Pläne am Ende wirklich sind, ist aber mehr als zweifelhaft. Gegen diesen Familienförderungsvorschlag hat mittlerweile ausgerechnet Pegida in Dortmund-Aplerbeck, Hamburg-Ochsenzoll und Bielefeld-Bethel demonstriert.
"Die Pegida-Leute wissen: Mehr als zehn Prozent aller Bundeswehr-Soldaten haben einen Migrationshintergrund",
erfahren wir aus der Tageszeitung TAZ.
"Da Pegida von dem Gedanken besessen ist, dass Muslime wie wild Kinder zeugen, haben sie natürlich Angst, dass das Offizierskorps der Bundeswehr bald von türkisch- und arabischstämmigen islamischen Gläubigen dominiert wird",
erläutert Heidrun Nehmann. Wegen des Verständnisses vor allem von Politikern der CSU für Pegida und AfD wird zunehmend Entsetzen in den Feuilletons laut.
"Vor allem dieses Gequatsche vom bürgerlichen Lager, das Angela Merkel angeblich schwächt, ist ja nicht mehr auszuhalten",
protestiert die Wochenzeitung DIE ZEIT.
"Dieses 'bürgerliche Lager', von dem etwa CSU-Friedrich schwadroniert, gibt es gar nicht mehr",
schreibt Marie Magenscheider.
"Es begann sich in den 70er Jahren aufzulösen, als die 'bürgerlichen' Wähler in Massen von der Union weg, erst zur SPD und später auch zu den Grünen gewandert sind. Sind die SPD und die Grünen denn keine bürgerlichen Parteien? Das 'bürgerliche Lager' von Friedrich und anderen, die die letzten 40 Jahre offenbar verschlafen haben, ist nichts weiter als ein bürgerliches Feldlager – das mehr mit Asterix und Obelix zu tun hat, als mit den deutschen Realitäten des Jahres 2015."
Kampf für die parlamentarische Monarchie
Von konservativer Seite – nur: Was ist heute überhaupt noch konservativ? – also von möglicherweise konservativer Seite wird ebenfalls heftigste Kritik an einer deutschen Abschottungspolitik geübt.
"Wir kämpfen seit Jahrzehnten für die Einführung einer parlamentarischen Monarchie in Deutschland",
lesen wir in den MONARCHISTISCHEN MONATSHEFTEN:
"Es stehen auch aus den klugen deutschen Dynastien in Großbritannien, dem Hause Windsor-Sachsen-Coburg-Gotha, den Niederlanden, dem Hause Oranien-Nassau, Dänemark und Norwegen, dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, ausreichend intelligente und kultivierte und vor allem moderne Kandidaten für einen deutschen Königsthron zur Verfügung",
schreibt Dagobert von Knackstedt:
"Wir warnen allerdings vor Tendenzen, dass Deutschland im globalisierten dritten Jahrtausend seine Grenzen vor Zuwanderern hermetisch verriegelt. Was haben wir nicht alles den jüdischen Zuwanderern zu verdanken – egal, ob sie von den allerkatholischsten spanischen Königen vertrieben wurden oder von despotischen russischen Zaren? Preußen wurde nur groß auch durch die Hugenotten. Von denen stammt übrigens auch Thilo Sarrazin ab. Von dem ist in diesen Tagen nichts zu hören. Gottseidank. Jahwe sei Dank. Allah sei Dank."