"3 Tage in Quiberon", Deutschland/Frankreich 2018, 116 Minuten
Regie: Emily Atef. Mit Marie Bäumer, Birgit Minichmayr, Charly Hübner, Robert Gwisdek
Hommage an Romy Schneider
Marie Bäumer brilliert in ihrer Darstellung der Widersprüchlichkeit und Zerbrechlichkeit von Romy Schneider. "3 Tage in Quiberon" zeichnet das letzte Interview nach, das der Weltstar vor seinem Tod gab. Eine gelungene Zeitreise, die dokumentarisch daherkommt und tief berührt.
Worum es geht:
Im März 1981 begibt sich Romy Schneider in den kleinen französischen Ort Quiberon an der Atlantikküste, um sich auszuruhen und auszunüchtern. Sie ist stark depressiv und leidet unter der Trennung von ihren Kindern, vor allem ihr 14-jähriger Sohn David hat sich von ihr entfremdet. Sie müsste strenge Diät halten, dürfte keinen Alkohol trinken oder Medikamente nehmen, aber Romy Schneider hält sich nicht an die Spielregeln ihrer kurzen Kur. Außerdem hat sie sich Gäste eingeladen: Hilde, eine österreichische Freundin aus der Kindheit, und zwei deutsche Journalisten vom "Stern". Michael Jürgs wird sie interviewen, Robert Lebeck sie fotografieren. Es soll ihr letztes großes Interview vor ihrem Tod Ende Mai 1982 sein.
Das Besondere:
Regisseurin Emily Atef hat kein Biopic gedreht, sondern konzentriert sich in ihrem Film auf diese drei Tage im Hotel. Marie Bäumer spielt in diesem Schwarzweißfilm eine innerlich kaputte Frau voller Ängste und Größe, Stärken und Schwächen. Ihre Darstellung geht unter die Haut, sie vermag die ganze Tragik im letzten Lebensabschnitt von Romy Schneider zu verkörpern. Tieftraurig ist eine Szene, in der sie von ihrem Sohn angerufen wird, sich aber verleugnen lässt. Wagemutig lässt sie sich auf die teilweise unverschämten Fragen des "Stern"-Reporters ein. Dieser wird glänzend von Robert Gwisdek verkörpert: Er ist Zyniker, Scharfrichter und wohlwollender Ratgeber in einem. Bewundernswert bleibt, wie mutig und offen sie die Fragen beantwortet und wie viel sie von sich selbst preisgibt.
Die Bewertung:
Ein überaus gelungener Film über die Schauspielerin Romy Schneider, die in Deutschland immer nur als Sissi vereinnahmt, aber nie verstanden wurde. Emily Atef gelingt es, die ganze Widersprüchlichkeit und Zerbrechlichkeit von Romy Schneider einzufangen, ohne etwas zu dramatisieren oder zu beschönigen. Die Wahl von Schwarzweiß verstärkt den dokumentarischen Ansatz und die heute schon historisch anmutende Zeit(reise). Die starken Darstellerinnen (hervorragend auch Birgit Minichmayr als ihre Freundin Hilde) und Darsteller (berührend: Charly Hübner als ihr Vertrauter und Fotograf) sorgen ebenfalls dafür, dass "3 Tage in Quibéron" eine geglückte Hommage an Romy Schneider geworden ist. Völlig zu Unrecht wurde der Film auf der Berlinale von der indisponierten Jury ignoriert. Völlig zu Recht ist er aber für zehn deutsche Filmpreise nominiert.